Interview
Martin Suter
„Elefant“, der neue Roman des Schweizer Schriftstellers Martin Suter, liest sich wie das Produkt eines Fiebertraums, fand seinen Ursprung aber in Wahrheit bei einer Alzheimerkonferenz.
Interview: Sarah Wetzlmayer
Herr Suter, schauen wir uns zunächst einmal die zentrale Figur ihres neuen Romans an: ein rosaroter Elefant. Woher kam dieser thematische Impuls?
Am Rande einer Alzheimerkonferenz in Tübingen hat mir der Alzheimerforscher Mathias Jucker so nebenbei gesagt, es sei heute möglich, gentechnisch einen kleinen rosaroten Elefanten herzustellen. Das war vor über zehn Jahren, aber das Bild ließ mich nicht mehr los.
Die Miniaturform des rosaroten Elefanten ist eigentlich ein Defekt, der vermutlich unwiederholbar ist. Liegt das Besondere im Defekt?
Weil man in meiner Geschichte nicht weiß, woher die Kleinwüchsigkeit kommt, und man sie daher nicht wiederholen kann, braucht man Zellen des zu klein geratenen Elefanten, um ihn zu klonen. Sonst könnte man das Experiment einfach wiederholen und die Jagd nach dem Elefäntchen wäre etwas unmotiviert.
Gentechnik spielt in der Weltliteratur schon seit recht langer Zeit eine wichtige Rolle – gab es einen konkreten Anstoß, das Thema genau jetzt aufzugreifen?
Nein. Ich wollte die Geschichte schon lange erzählen, aber es ist mir immer wieder eine andere dazwischengekommen. Diesmal nicht.
Was bereitet Ihnen im Bereich der Gentechnik die größten Sorgen?
Dass man sie nicht nur zu unserem Wohl nutzt, sondern damit gefährlichen Schabernack betreibt.
Wieso taucht der Elefant ausgerechnet in der Höhle eines Obdachlosen auf?
Ich brauchte jemanden, der ihn an einem unwahrscheinlichen Ort findet und der ein Alkoholproblem hat.
Der Elefant nimmt eine spannende Zwischenposition ein. Einerseits verkörpert er die beängstigenden Entwicklungen einer Gesellschaft, in der alles möglich sein muss, andererseits verhilft er dem obdachlosen Schoch, sich in genau diese wieder einzugliedern. Steht diese Ambivalenz stellvertretend für das Thema Gentechnik als Ganzes?
In der Tat.Die für 5. Februar geplante Lesung im Wiener Stadtsaal musste leider abgesagt werden. Bereits bezahlte Tickets werden an jener Vorverkaufskassa zurückgenommen, wo sie erworben wurden.