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Zehn Mythen zum Vatersein

Wir räumen auf. Mit Mythen und Irrtümern rund ums Vatersein. Und keiner kann das besser als Herr Kurt.

STORY: KURT MOLZER / ART: Ronald Konkolits

1. Väter sind zuständig für den Spaß, Mütter für die Erziehung.

Richtig. Ich kenne keinen Vater, der seinem Kind im Sommer nicht gestattet, vor dem Mittagessen ein Eis zu schlecken. Ich kenne zig Mütter, die ihren Kindern das nie und nimmer erlauben. Ich kenne keinen Vater, der zu seinen Kindern nicht schon einmal gesagt hätte: „Mathe ist blöd.“ Ich kenne zig Mütter, die so was nie im Leben sagen würden. Ich kenne keinen Vater, der zur Belustigung seiner Kinder nicht schon einmal laut gerülpst hätte. Ich kenne zig Mütter, die sich dabei angewidert zur Seite drehen. Noch Fragen?


2. Väter beteiligen sich weniger an Haushaltspflichten.

Falsch. Staubsaugen, Müll hinuntertragen, Geschirrspüler managen oder Hasenstall ausmisten sind Tätigkeiten, die wie geschaffen dafür sind, den überanstrengten Geist eine Weile ruhen zu lassen und mühsamen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Außerdem: Welcher Vater will sich mehr als zweitausend Jahre nach Beginn unserer Zeitrechnung noch sagen lassen, er komme seinen Haushaltspflichten nicht nach? Schluss damit, aus, für immer. Eine Angriffsfläche weniger. Wären wir doch schön blöd („… was vorbei is, is vorbei, Baby Blue.“). So vorbei wie Feinripp-Unterhosen tragen.


3. Moderne Väter nehmen den Papamonat.

Stimmt. Es häufen sich E-Mails ungefähr folgenden Inhalts: „Dies ist eine automatische Antwort. Ich kann Ihre Nachricht nicht lesen. Sie wird auch nicht weitergeleitet oder bearbeitet. Wie dringend sie auch ist. Sie bleibt einfach nur stehen. Schon klar, oder? Ich befinde mich in Elternteilzeit und werde erst wieder in einem Monat oder in einem halben Jahr an meinen Arbeitsplatz zurückkehren. Oder auch nicht. Wenden Sie sich in der Zwischenzeit bitte an Ihren Hausmeister oder Ihren Psychiater und lecken Sie mich am Arsch und ficken Sie sich von mir aus gern in Ihr wertes Knie. Mit bestem Gruß, Hannes K.“

4. Väter fühlen sich unwohl mit besserverdienenden Ehefrauen.

Ach was, heutzutage nicht mehr. Frauen werden immer stärker. Sie leiten Konzerne und Notenbanken, regieren Länder und befehligen Armeen. Schnee von gestern, was einst Karl Radek verkündete, jener aus dem alten Österreich stammende kommunistische Politiker, der angeblich keine Sekretärin unbefleckt ließ: „Zuerst war das Matriarchat, dann das Patriarchat, und jetzt haben wir das Sekretariat.“ Die Frau ist emanzipiert und darf selbstverständlich mehr verdienen als der Vater der gemeinsamen Kinder. Ich hatte es selbst erlebt und damit nicht das geringste Problem. Im Gegenteil, dadurch verflüchtigten sich meine Existenzängste. Endlich bekam ich den Kopf frei und konnte mich mit Dingen beschäftigen, über die ich schon immer mehr wissen wollte, wie zum Beispiel die Brutplätze und den Geruchssinn der Tsetsefliege.


5. Väter wollen unbedingt einen Sohn.

Falsch. Ein Bub und ein Mäderl gehören ins Haus. Nur zusammen sind sie stark: Adam und Eva, Bonnie und Clyde, Al Bano und Romina Power. Müsste ich mich entscheiden: nur einen Sohn oder nur eine Tochter – es wäre mir völlig egal. Müsste ich mich hingegen entscheiden: mehrere Söhne oder mehrere Töchter – ich würde die Töchter wählen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr Buben ihren Müttern das Leben zur Hölle machen können. Ich habe zwei Brüder. Unser Lieblingsspiel hieß „Bud Spencer und Terence Hill“. Wir haben uns so fest wie möglich in die Goschn g’haut und dabei die Wohnung zertrümmert. Gewonnen hat, wer am Ende – blutig und keuchend – noch gerade stehen konnte. Härter als Thaiboxen, weil auch schwere Aschenbecher erlaubt waren. Mutter war immer hilflos und weinte nur. Schrecklich.


6. Väter vergessen auf Geburts-, Namens- und Jahrestage.

Falsch. Heute gar nicht mehr möglich. Man kann all das im Handy speichern und wird automatisch daran erinnert. Väter sollten aber nicht so blöd sein, auch die wichtigen Tage der Geliebten und von geheimen, außerehelichen Kindern darauf festzuhalten. So geschehen bei einem Bekannten von mir. Inzwischen geschieden und verarmt. Hatscht im Sommer mit zerfetzten Moonboots aus den 80ern über den Kohlmarkt.

7. Väter von Töchtern sind bedrohlich für die Freunde der Tochter.

Kommt darauf an – ich jedenfalls werde ganz bestimmt zum Problem für die Freunde meiner Gott sei Dank erst zehnjährigen Tochter. Ich werde ihnen tief in die Augen schauen, mein Blick wird sagen: „Ich kenne deine schmutzigen Gedanken, du Filou, aber an meinem Fleisch und Blut, meiner Tochter, wirst du sie nicht ausleben!“ Ich werde mich dabei an Zeiten erinnern, in denen ich als heranreifender Ladykiller selbst dem einen oder andern Vater gegenübergesessen und gedacht habe: „Wenn du wüsstest, Alter, was ich gleich mit deiner Tochter anstelle.“ Und am nächsten Morgen war sie nicht mehr nur seine Tochter, sondern auch das größte Luder im ganzen Bezirk. Hoffentlich krieg ich das nicht irgendwann zurück.


8. Väter kriegen nicht mit, wenn in der Nacht das Baby weint.

Falsch. Der Vater wacht bei Nacht über seine Liebsten wie Lawrence von Arabien am Lagerfeuer über seine Kamelherde. Sich seiner großen Verantwortung bewusst, schläft er in Wahrheit nur mit einem Auge. Springt beim leisesten Mucks seines Babys aus dem Bett, wiegt es in seinen Armen, sagt was Liebes, singt was Schönes, macht ein Flascherl Milupa und sich ein Bier auf. Sollte er das nächtliche Weinen einmal nicht hören, dann nur: Weil er, verdammt noch mal, nicht will.


9. Väter schlafen beim Geschichtenvorlesen immer ein.

Blödsinn. Ich habe meinem Sohn nämlich nur vorgelesen, was mich selbst interessierte. Zum Beispiel den Wirtschafts-­ und Außenpolitik-Teil der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Was dazu führte, dass er zwei Minuten später einschlief. Als Dreijähriger sprach er wie ein altkluger Gymnasiast. Das Spielen in der Sandkiste nannte er einen „Verdrängungswettbewerb“. Und Berufsziel hatte er immer nur eines: Investmentbanker bei der Deutschen Bank in London. Ich bin mächtig stolz auf ihn, auch wenn er bis heute „Pettersson und Findus“ für eine schwedische Unternehmensberatung hält.


10. Väter blockieren ewig das WC.

Richtig. Männer respektive Väter haben einfach mehr im Darm. Und bei mir kommt noch was dazu: In meinem WC liegen etwa fünfzig Formel-1-Bücher gestapelt. Vor der Verrichtung meiner Notdurft nehme ich mir eins davon. Und wenn es dann so weit ist, schau ich mir zum 300.000sten Mal das Wrack des 1968 in Hockenheim verunglückten Jim Clark an. Scheißen ohne Rennsport halt ich nicht aus, da ist was zusammengewachsen. Auch wenn ich dank Google längst weiß: „Jedes längere Verweilen auf der Toilette – mit oder ohne Lektüre – ist schädlich, da, oft unbewusst, gepresst wird, um nachrutschenden Stuhl doch noch auszutreiben. Jahrelanges Pressen bei einem nicht reflektorisch geöffneten After führt zu einer Vergrößerung der natürlich hämorrhoidalen Gefäßpolster und schwächt die Beckenbodenmuskulatur.“