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Es war einmal eine Windsor…

Ein Klassiker der Brillenmode erblickte im 18. Jahrhundert das Licht der Welt. Und weil der Trend um das Brillenmodell nicht gestorben ist, lebt er noch heute.

Fotos: Mister Spex

Woran liegt der Windsor-Erfolg? Vielleicht am Namen: Was wie englischer Adel klingt, erregt nun einmal Aufmerksamkeit – die Klatschzeitungen und Geschichtsbücher beweisen es. Vielleicht hat auch das Aussehen seinen Teil zum Windsor-Erfolg beigetragen. So extravagant wie der Name der Brille ist der Windsor-Bogen zwischen den kreisrunden Gläsern. Oder lag es etwa am guten Ruf? Schließlich wurde das Brillenmodell anfangs nur in der Gesellschaft von Diplomaten und Philosophen gesichtet.

Was es auch gewesen ist: Es hört sich so an, als hätte die Windsor auf ihrem Weg zum Evergreen kaum Gegenwind gehabt. Ein schwerer Fehlschluss: Sogar Kriege hat die ehemalige Diplomatenbrille überlebt. Dabei hat sie sich weiter entwickelt und ihre ursprüngliche Gestalt gewandelt. Heutzutage trägt man sie mit Ecken und Kanten, in jeder nur erdenklichen Farbe und auch gerne überproportioniert. Aus der Philosophenbrille ist ein Fashion-Statement geworden.

Windsor-Modell von Gucci

Alles begann im 18. Jahrhundert

Brillen trug damals so gut wie niemand und aufwendig handgearbeitete Windsor-Brillen erst Recht nicht. Dass Brillengestelle wie diese irgendwann für femininen Sex-Appeal im Geek-Stil stehen würden, hätten damals auch die verrücktesten Visionäre nicht vermutet. Bis auf reiche Menschen mit Hang zur Exzentrik: Adelige zumindest fingen schon damals an, Windsor-Brillen zu tragen. Nicht etwa zur Korrektur einer Sehschwäche trug man damals die Windsor, sondern als Zeichen des Wohlstands.

Fehlsichtigkeit ist so etwas wie das Burnout vorausgegangener Jahrhunderte. Als Leiden richtig ernst genommen wurde sie nicht und im Verborgenen schüttelte man den Kopf darüber. Kritiker gab es viele. „Die Brille ist, wie das Opium, unter Umständen ein Heilmittel, unter Umständen ein Gift“, schrieb Augenarzt Hermann Cohn und verbot Schülern das Brillentragen. Für Scharfsichtigkeit in Sachen Fehlsichtigkeit sorgte erst der Erste Weltkrieg. Genauer gesagt das preußische Kriegsministerium, das fehlsichtige Soldaten mit Kassengestellen versorgte. Nach dem Krieg war der Ansturm auf Optiker groß. Vor allem auf runde Windsorbrillen mit Zellhorn, wie sie bei Online-Optikern wie Mister Spex bis heute ein Verkaufsschlager sind.

Auch Armani hat eine Windsor

Das Ich trägt man im Gesicht

Davon war man nach dem Weltkrieg überzeugt. Als am 11.11.1918 der Krieg vorüber war, blieben Millionen Soldaten mit Gesichtsverletzungen zurück. Unter Experten hieß es, sie hätten ihre Identität im Krieg verloren. Deshalb entwickelte man Gesichtsmasken zur Wiederherstellung. Vor diesen Zeithintergründen gewannen auch Brillen an Popularität. Ein Ausdruck der Identität sind Sehhilfen also schon immer gewesen. So auch die Windsor, die 2020 zu den wichtigsten Brillentrend des Jahres zählt. Mal wieder, könnte man sagen – aber die heutigen Modelle haben mit ihren Vorfahren aus der Nachkriegszeit kaum mehr gemein als den Windsor-Bogen.

Die Windsor 2020 schlägt nun einen Bogen zwischen Tradition und Moderne, denn dezente Brillen im Horn-Look müssen die Modelle heute nicht unbedingt sein. Von Edelstahl bis Acetat wird die Windsor immer individualistischer. Und das im Grunde schon, seitdem sie Persönlichkeiten wie Abraham Lincoln und John Lennon durchs Leben begleiten durfte.

Tom Ford ist natürlich auch vertreten