Interview

Ötzi-Film „Der Mann aus dem Eis“: Jürgen Vogel im Interview

Im Ötzi-Film „Der Mann aus dem Eis“ spielt neben Jürgen Vogel die Natur die Hauptrolle. Im Interview erklärt er, warum einen dieser Film auch im Jahr 2017 nicht kaltlässt.

Interview: Sarah Wetzlmayr

Welche waren denn die ausschlaggebenden Gründe für Sie, den Film zu machen?
Es ist natürlich ein Geschenk, so eine Hauptrolle annehmen zu dürfen – vor allem, weil es auch eine spannende Geschichte ist. Das Buch hat sich schon wirklich packend gelesen, insofern war es ein absolutes Muss für mich. Außerdem wurde im Buch die Natur bereits sehr eindringlich beschrieben, in der die Charaktere während des ganzen Films unterwegs sind, das hat mich zusätzlich sehr daran gereizt, den Film zu machen. Ich bin ein großer Fan solcher Filme, die in einer komplett anderen Zeit spielen – vor allem dann, wenn es dabei um eine Zeit geht, von der wir eigentlich nicht viel wissen. Die Verhaltensweisen der Menschen, die Umstände, in denen sie gelebt haben – darüber wissen wir im Fall Ötzis und seiner Sippe ja nur sehr wenig. Deshalb habe ich es auch als Chance gesehen, ein wenig aus dieser Zeit erzählen zu können.

(c) PortAuPrincePictures / Thomas Leidig

Wie eignet man sich eine Figur an, deren Lebensrealität Jahrtausende von der eigenen entfernt liegt?
Die Geschichte trägt einen dorthin. Wenn man eine Story hat, der man folgen kann, dann spielen solche Unterschiede eigentlich keine große Rolle mehr. Die grundsätzlichen Bezüge des Menschen und seine Instinkte haben sich seit dieser Zeit ja nicht geändert. Trauer ist immer noch Trauer und Freude auch heute immer noch Freude. Genauso ist es mit der Angst und der Reaktion auf Verlust. Auch Rache fällt da hinein – die ja in diesem Film ein handlungstragendes Element ist. Das sind Gefühle, die es gibt, seit es die Menschheit gibt. Insofern glaube ich, dass es mein Ansatz war, einfach der Geschichte zu folgen. Da die ja spannend und gut geschrieben war, konnte ich ihr einfach folgen und musste erst gar nicht überlegen, wie die Menschen in der Jungsteinzeit Angst gehabt haben – denn Angst ist ein so instink­tives Gefühl, das man als Schauspieler immer auch ­genauso instinktiv darstellen muss.

Wie Sie ja bereits erwähnten, spielt der Drang nach Rache eine große Rolle. Können Sie die Handlungsweise Ihrer Figur nachvollziehen?
Bestimmte Lebensumstände sind natürlich immer entscheidend für die Dinge, die man tut. Auf diese Verkettung von Umständen und Taten muss man sich bei einer Figur einlassen, sonst könnte man den Charakter auch gar nicht spielen. Es muss schlussendlich ja nachvollziehbar erscheinen, was die da in den Bergen treiben. Ich glaube, dass das bei Rache durch Verlust relativ klar ist und dieses Thema deshalb auch schon in vielen Geschichten verarbeitet wurde. An die dockt man in diesem Fall dann natürlich auch an. Klar, dass der Verstand einem auch manchmal sagt, dass etwas schlimme Konsequenzen haben wird, aber man dann doch dem Gefühl folgt. Das macht die Handlungsweise des Ötzi durchaus nachvollziehbar.

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(c) PortauPrincePictures / Martin Rattini

Zwei Dinge, die den Film von Ihren bisherigen Arbeiten abheben, sind natürlich, dass er zur Gänze draußen gedreht wurde und dass darin kaum, beziehungsweise nur in einer fiktiven Kunstsprache, gesprochen wird – welches war die größere Herausforderung?
Beides gehört zusammen. Wenn man die Möglichkeit der Sprache nicht hat, um einen Charakter zu beschreiben, dann fehlt uns ein sehr gängiges Kriterium der Einschätzung und Beurteilung. Man kennt das aus dem eigenen Alltag, schließlich beurteilen wir Menschen ja sehr oft danach, wie jemand etwas sagt, und benützen das dann als Basis für unsere Einschätzung. Das ist in diesem Film nicht möglich. Dafür hatte ich die Möglichkeit, mehr über meinen Körper und mit meiner gesamten Haltung zu arbeiten. Außerdem musste ich auch einfach der Natur trauen, die ja auch ein Hauptdarsteller des Films ist und diese Rolle, als mein Partner, mit mir zusammen spielt. Um vorstellbar zu machen, wie das ist, am Gletscher in ein Loch zu fallen, und was das dann für Konsequenzen nach sich zieht – dafür braucht man eigentlich keine Sprache. Da kommt es eher auf die Vermittlung des Gefühls an, mit der Hauptfigur gemeinsam zu überleben.

Und der Dreh in der Natur – Herausforderung, Spaß oder beides?
Es war eine Herausforderung, die trotzdem sehr viel Spaß gemacht hat. Das widerspricht sich nicht. Es war natürlich wahnsinnig schön, was sich uns da in Österreich, Südtirol und Bayern landschaftlich geboten hat. Und es war bestimmt auch einer meiner gesündesten Drehs.

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(c) PortauPrincePictures / Martin Rattini

Würde es manchen Menschen guttun, für einige Zeit ein Steinzeitleben zu führen?
Ich glaube, es würde schon ausreichen, eine kleine Wanderung in den Bergen zu machen und das Handy einfach in der Hosentasche zu lassen. Einfach mal weg von allem und in der Natur zu sein, das kann bereits eine heilsame Wirkung haben. Ich habe aus dem Film schon eine gewisse Ruhe mitnehmen können und das als sehr gesund empfunden.

Wissen Sie noch, wo Sie waren, als 1991 der Ötzi-Fund durch die Medien ging?
Ziemlich sicher in Berlin irgendwo unterwegs. Ich weiß leider nicht mehr genau wo. Aber damals war ich erst Anfang 20, da hat man dann doch etwas andere Dinge im Kopf als so eine Feuchtmumie.

Der Trailer zum Film:

 

Infoporn: Der Mann aus dem Eis
Der Film zeichnet im ­Rahmen ­einer fiktiven Geschichte das Leben des Steinzeitmenschen Kelab (Ötzi), gespielt von Jürgen Vogel, nach. Als seine Siedlung in den Ötztaler Alpen überfallen wird, macht er sich, vom Wunsch nach Rache ­getrieben, auf die Suche nach den Tätern. Auf seiner Reise sieht er sich nicht nur der Natur, sondern auch seinen eigenen Ängsten ausgesetzt.

Darsteller: Jürgen Vogel, Susanne Wuest, André Hennicke, Violetta ­Schurawlow
Regie: Felix Randau
Kinostart: 7. Dezember 2017
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