CD-Kritik Eels: Erbauliche Melancholie mit Mark Oliver Everett

Mit „The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ beweisen die Eels, dass Melancholie und Tragik etwas durchaus Aufbauendes haben können.

Manchmal ist das, was auf den ersten Blick lustig und erheiternd ist, in Wirklichkeit deprimierend. Oder genauer: Eigentlich ist das Meiste, was uns tagtäglich begegnet, gar nicht so lustig. YouTube-Videos von peinlichen Prominenten, Selbstdarsteller in Printmedien, Selfies von irgendwelchen Dodeln, sinnlose Debatten um Nichtigkeiten: Das alles mag zunächst recht witzig, unterhaltsam, vergnüglich sein. Doch nur für kurze Zeit.

Ganz anders geht es einem mit dem jüngsten Album der Eels. Beim ersten Hineinhören wirkt „The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ genauso traurig, wie man das von Herrn Everett erwarten darf. Es geht um vordergründig um die Aufarbeitung einiger seiner weniger erbaulichen Lebenserfahrungen, von falscher Erziehung in der Jugend bis zum jüngsten Scheitern einer Beziehung. Warum, fragt man sich, soll man für diese Therapiestunde in musikalischer Form auch noch Zeit und Geld ausgeben?

Da steckt mehr dahinter…

Aber dann, nach zwei- bis dreimaligen Anhören merkt man: Das ist keine Depri-Musik, das ist in Wirklichkeit eine Anhäufung schmerzhafter, zorniger, verständnisvoller Songs, die durch Everetts rauchig-melancholische Stimme und verhaltenem Instrumenteneinsatz getragen werden und sich zwar ähneln, aber doch jeweils ihren eigenen Charakter haben.

In the waning days ahead,
I gotta look back down the road.
I know that it’s not too late.
All the stupid things I’ve said,
and people I’ve hurt in my time.
I hope it’s not my fate,

to keep defeating my own self,
and keep repeating yesterday.
I can’t keep defeating myself,
I can’t keep repeating, the mistakes of my youth.

(Text aus „Mistakes of my Youth“)

Man muss es nicht wissen, um Herrn Everett zu verstehen, aber wer den Hintergrund doch kennen will, ersparen wir hier das Googln: Everetts Vater war der berühmte Quantenphysiker Hugh Everett III, unter anderem für seine „Viele-Welten„-These bekannt. Der Sohn fand den sterbenden Vater, pflegte später seine krebskranke Mutter, seine Schwester beging Selbstmord, seine Cousine starb bei den 9/11-Attacken. Bevor wir uns jetzt als Hobby-Freuds versuchen, glauben wir lieber dem Künstler, der seine Musik keineswegs als Psychotherapie verstanden haben will. Er verwendet einfach das, was ihm in seinem bisherigen Leben passiert ist. Nicht mehr, nicht wenigers.

In Zeiten der Selbstdarstellungs-Pseudo-Künstler á la Miley Cirus, die sich von ihren Managern einsagen lassen müssen, welcher „Typ“ sie jetzt gerade sein sollen, tut es gut, mal einen Songwriter sein Innerstes nach außen kehren zu lassen. Und es ist nicht Seelenmüll, der da herausgeputzt wird, sondern kleine Weisheiten von einem, der Worte und Musik zu einem aufbauenden Ganzen webt.

Oder, kurz gesagt: Melancholie, die aufbauender ist als manches, das aufbauend sein soll.

 

 

Das Album

„The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ von den Eels ist soeben erschienen. Zu bestellen unter anderem via Amazon oder http://eels.mamstore.co.uk/all/#. Anspieltipps: „Parallels“ – „Mistakes of my Youth“ Konzerttour: Am 21. Juni (Linz) und am 22. Juni (Wien) kommen die Eels nach Österreich.