Fabian Oefners Autokunst: Momentaufnahmen einer Explosion

Der Zürcher Künstler Fabian Oefner hat Zeit und weiss sie auch zu nutzen. So dauert etwa die Gestaltung einer einzigen seiner Fotografien bis zu drei Monate. Aber es lohnt sich: „Disintegrating“ zeigt Bilder von zerlegten Fahrzeugmodellen in unbeschreiblicher Anmut.

Der Züricher Fabian Oefner ist in seiner Arbeit kein Freund der einfachen Lösung. Im Gegenteil: er weiß, dass gut Ding Weile braucht. Und zelebriert den Zeitaufwand für das Entstehen seiner Kunstwerke regelrecht. Gelohnt hat es sich noch jedesmal, wie nicht nur der Künstler selbst, sondern stets auch die Besucher seiner Ausstellungen, etwa im Genfer M.A.D., feststellten.

Fiktionale Fotografie

Der 29-jährige Schweizer ist studierter Produktdesigner, und obwohl er auch mit dem Fachgebiet des Automobildesigns flirtete, entschied er sich letzten Endes im Dienste einer kunstvolleren Variante der Darstellung, die Fotografie als künstlerische Ausdrucksform auszuwählen. Ein besonderes Interesse zeigt der junge Künstler für die Kombination von rationaler Wissenschaft mit emotionalen, künstlerischen Aspekten. Wie viele seiner „Artgenossen“, testet er regelmäßig die Grenzen der Technik sowie des guten Geschmacks aus und geht so immer neue Wege. Sein Projekt mit dem Namen „Disintegrating“ (zu Deutsch: Zerfall, Auflösung) beschäftigt sich mit dem ästhetischen „Auseinanderpflücken“ von Fahrzeugen. Zwar sind die auf den Bildern gezeigten Fahrzeuge keine echten, doch maßstabsgetreue Modelle ebendieser.

Zerlegen, zersägen, zerpflücken!

Die gezeigten Modelle bezeichnen automobildesigntechnische Höhepunkte der jeweiligen Epoche und sind schon deshalb vom Künstler in den Mittelpunkt des Projekts gestellt worden. Letztlich geht es um nichts anderes als die Darstellung einer fiktiven Explosion, erreicht durch das penible Aneinanderreihen von zig Bildern der jeweiligen Einzelteile eines Automodells, kunstvoll hernach im Photoshop zu einem ganzen gefügt. Jedes der jeweils drei Bilder wurde zuvor in Kleinarbeit entworfen und konzipiert, in mühevoller Detailarbeit zerlegte Fabian die einzelnen Modelle, um sie dann Stück für Stück auf weißem Hintergrund abzulichten. Jedes noch so kleine „Rädchen“ und „Riemchen“, das auf den Bildern scheinbar durch die Gegend fliegt, ist einzeln und mithilfe kleiner Styroporplatten an seinen Platz geraten (wie im Making-Of-Video klar zu sehen). Dass dies eine immense Zeitinvestition darstellt, ist klar, zumal die Bilder nachher noch am Computer retuschiert und neu arrangiert werden mussten. Das Ergebnis kann sich jedoch mehr als sehen lassen. Betrachtet man die Bilder in Ruhe, fühlt man sich richtig ergriffen von der konstruktiven Arbeit an den einzelnen Prachtstücken.

Ferrari, Mercedes, Jaguar

„Gut gestaltete Autos üben auf mich eine magische Faszination aus“, wird Oefner zitiert. Das merkt man schon bei der Auswahl seiner Oldtimer. Der Jaguar E-Type (1961-1974), der Ferrari 330 P4 (1967) und der Mercedes-Benz 300 SLR Uhlenhaut Coupé (1955) sind wahre Meisterwerke ihrer Zeit. Sie bestechen mit Eleganz, Sportlichkeit und zeitloser Schönheit. Die Bilder liefern außerdem einen detaillierten Blick unter das elegante Blechkleid und welch gefinkelte Technologie da stets werkelt. Wie viel handwerkliches Manufaktur-Geschick da immer vonnöten war, die damaligen Möglichkeiten im Hinterkopf behaltend, rühmt die Ingenieure von damals ungemein.

Autokunst, Projekt zwo

Das zweite Projekt im Zuge der „Autokunst“ von Fabian Oefner, behandelt das „Schlüpfen“ eines Ferrari 250 GTO (1963). Inspiriert von der Geburt eines Kükenstellte der Schweizer Künstler sozusagen die fiktive „Geburt“ eines Automobils nach. „Wieso nicht das Schlüpfen eines fabrizierten Produkts zeigen? Als wäre es nicht fabriziert, sondern geboren.“ Für das Projekt „Hatch“ wurde zuerst eine Latex-Gussform des Modells angefertigt, in dem dann eine dünne Schicht Gips trocknete. Dann zerschlug er die einzelnen Gipsmodelle mehrmals, solange bis das zufällige Explosions-Ergebnis den Künstler überzeugte. Derlei gestaltet sich schon insofern anstrengend, als der engagierte Zerschläger nach jedem missglückten Schlag aufräumen und ein völlig neues Modell anfertigen musste. Aber ein Fabian Oefner scheut sich nicht vor zeitintensiven Arbeiten. Von der ersten Explosions-Zeichnung bis zum fertigen Bild konnte eines der „Disintegrating“-Bilder schon mal drei Monate in Anspruch nehmen. Und auch die „Hatch“- Reihe dauerte von der Planung bis zum fertigen Ergebnis mehrere Wochen. Aber letztlich hat es sich gelohnt.