Spielbericht: Hacker-Game Watch Dogs im WIENER-Test

Der Hype um das neueste Game von Ubisoft ist groß – doch was kann das angebliche Hacker-Game tatsächlich?

Seit Edward Snowden wissen wir, was wir eh schon lange wussten: Gar nicht so mysteriöse Geheimdienste wissen alles über uns. Wie nicht anders zu erwarten, schlagen sich die Enthüllungen des in Russland untergetauchten Ex-NSA-Mitarbeiters auch auf die Film- und Spiele-Industrie nieder. Oliver Stone zum Beispiel will einen Snowden-Film drehen. Auch die Game-Hersteller springen freudig auf den Trend auf, schließlich lässt sich mit Schlagworten wie „Hacken“, „Geheimdienst“ und „Überwachung“ jede krude Spielidee befeuern.
Ubisoft, bekannt für hochkarätige Blockbuster, will mit „Watch Dogs“ da nicht außen vor stehen. Das Spiel, das laut Hersteller schon vor den Enthüllungen Snowdens angefangen wurde, wird gerade massiv beworben, obwohl hier die oben erwähnten Genres wie Hacken oder Videoüberwachung von Straßen wahllos durcheinander gewirbelt werden. Es geht jedenfalls um einen Anti-Helden namens Aiden Pierce, der den Tod seiner Verwandten rächen will. Er hat sich mit bösen Mächten eingelassen und versucht nun Stück für Stück die Wahrheit zu erfahren und Rache zu üben.

Faszinierend sind natürlich die besonderen Fähigkeiten, die der Watch-Dogs-Protagonist dank entsprechender Technologie hat: Er kann mittels Gesichtserkennung die schmutzigen und weniger schmutzigen Geheimnisse jeder beliebigen Person, der er begegnet, aufrufen. Er kann Konten leeren, zukünftige Verbrechen verhindern, mittels Überwachungskameras in Gebäuden herumspionieren oder Verkehrsampeln manipulieren, sodass es zu gewaltigen Unfällen kommt.

Hacken, ganz einfach

Dazu sind keine Hacker-Fähigkeiten notwendig, das Ganze passiert auf Knopfdruck. Im Spiel heißt die entsprechende Software ctOS, damit kann ganz Chicago – der Ort der Handlung – überwacht werden. Als Aiden Pierce nutzen wir die Möglichkeiten intensiv, Zeit für moralische Entscheidungen bleibt dennoch. Denn im Großen und Ganzen ist Watch Dogs eine Art Grand Theft Auto V für Snowden-Fans: Die freie Spielewelt ermöglicht es, wahl- und ziellos in der Gegend herumzufahren, mal was zu zerstören, mal Menschen zu helfen. Kleine Missionen, bisweilen arg schwierig, helfen das eigene Image zu verbessern oder zu verschlechtern. Die Haupthandlung sollte man darüber nicht vergessen, was leicht geschehen kann. Die ist nicht herausragend spannend, bietet aber immerhin einige Überraschungen. 

Eigentlich durfte man sich von „Watch Dogs“ ein bisserl mehr erwarten, besonders einfallsreich ist der Zugang zum Thema Überwachung nicht – zumindest was die Umsetzung betrifft. Einfach auf „X“ zu drücken, um Kameras zu manipulieren, das ist etwas gar einfach. Ein „Hacker“-Game ist das Spiel nicht, eher ein sehr gut gemachter Blockbuster. So stellen sich Drehbuchautoren halt Hacken vor. Aber immerhin wird sichtbar, was die totale Überwachung bedeutet: Wollen wir wissen, dass die Dame im Park selbstmordgefährdet ist? Oder dass der Sitznachbar sein Konto überzogen hat, weil er keinen Job hat?

Gute Optik

Die Optik ist recht gelungen, ohne allzu sehr zu verblüffen. Vor allem das „freie Spielen“ erinnert stark an GTA V. Die Zwischensequenzen sind recht gelungen und dauern nicht allzu lange. Zwar wird viel geschossen, gesprengt und verdroschen, doch die Gewalt wirkt nicht übertrieben. Je nach Gefühlslage darf man als Spieler die Gegner offensiv attackieren oder man schleicht einfach um die Gefahrenquellen herum. Wie so üblich erweitert sich das verfügbare Waffenarsenal mit Fortdauer des Spiels.

Fazit

Alles in allem ist Watch Dogs ein hochklassiger Game-Blockbuster in Hollywood-Manier mit begrenzt kreativer Handlung, aber einigen innovativen Ansätzen beim Gameplay. Aktuelle Themen rund um Überwachung und Datensicherheit werden angesprochen, ohne dass der Spieler dabei zum echten Hacker werden müsste. Kurzweilige Unterhaltung, die ansatzweise das Potenzial der Next-Gen-Konsolen ausreizt. Ein Verkaufserfolg ist garantiert.

Fakten

Watch Dogs ist für Xbox One, PS4, Xbox 360, PS3 und PC erhältlich, demnächst auch für Wii U. Altersfreigabe: ab 18 Jahren. Preis: ab ca. 55 Euro. Test erfolgte mit Xbox-One-Version.