Design

Wiener Handwerk – Selbermacher

Handwerk mag den sprichwörtlich goldenen Boden unter den Füßen verloren haben. Trotzdem boomt eine Szene kreativer Individualisten, wie eine neue WIENER-Serie in den kommenden Monaten zeigen wird.

Text: Hannes Kropik

Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass Kinder, speziell im urbanen Raum, zu besonderem Fleiß angehalten wurden: Schau dazu, dass du g’scheit studierst, damit du kein Handwerker werden musst. Und was hat die verkopfte Generation Praktikum jetzt von dieser Überheblichkeit? Eben. Plötzlich erscheint der kreative, innovative Schaffensprozess von eigener Hand als verheißungsvolle Alternative zum öden Bürojob, bei dem du abends nicht weißt, was du eigentlich den ganzen Tag getrieben hast.

Das Schlagwort heißt Handwerk 3.0. Vorbei die Zeiten, als jahrtausendealtes Wissen und Können im hoffnungslosen Konkurrenzkampf gegen deutlich billigere Massenware aufgerieben wurde. Vergessen das massenhafte Verschwinden alteingesessener Familienbetriebe, des Schusters, des Schneiders, des Tischlers ums Eck (der zuletzt ohnehin nur noch rasch ein paar furnierte Pressspannplatten zusammengeklebt hatte). „Das neue Handwerk“, weiß Sieglinde Eugenie Kathrein von der Plattform manufaktur/lab, „unterscheidet sich von jenem der 1970er- und 1980er-Jahre. Der Fokus liegt auf einer kreativen Verbindung aus alten Techniken, neuen Technologien und einer ressourcenschonenden Produktion. Und es geht dem neuen Handwerker nicht so sehr um Gewinnmaximierung als um den Einklang von Arbeit und Freizeit.“ Dazu passt der aktuelle Hang zur Nachhaltigkeit: „Konsumenten sind wieder bereit, für einen handgefertigten Tisch mehr Geld auszugeben, wenn er über einige Generationen hinweg hält.“

Mussten handwerkliche Produkte früher vor allem alltagstauglich sein, so kommt heute verstärkt die Design-Komponente zum Tragen. Kein Wunder, dass auch -immer mehr Menschen aus der Kreativbranche selbst zum Werkzeug greifen. „Menschen wollen wieder haptische -Erlebnisse. Wenn sie Dinge selbst produzieren, können sie den gesamten Prozess von der Entwicklung über die Umsetzung einer Idee bis hin zur Vermarktung und zum Vertrieb selbst bestimmen“, sagt die ausgebildete Modedesignerin, die seit 2014 mit ihrer Initiative versucht, regionale Wirtschaftsentwicklung durch eine Stärkung und Vernetzung von Handwerksbetrieben voranzutreiben.

Sieglinde Eugenie Kathrein kuratiert auch die „WIENER Handwerk“-Messe, bei der Ende November in den Sofiensälen eine selbstbewusste Werkschau des Handwerks 3.0 zu bewundern sein wird. Für die Aussteller, von denen wir einige in den kommenden Ausgaben vorstellen werden, geht es dabei aber nicht nur um eine Plattform, auf der sich neue Kunden von ihren einzigartigen Fähigkeiten überzeugen können. Im „Local/Global“-Wettbewerb wird neben einem Manufaktur-Preis auch ein Innovations-Preis für Ideen und Konzepte im Handwerk vergeben. Dem Gewinner stiftet der WIENER ein PR-Paket im Wert von 15.000 Euro.Manufaktur beschreibt die Herstellung von Kleinserien, Handwerk kreiert Einzelstücke. Einen perfekten Überblick über Österreichs boomende Kreativszene erhalten Sie bei der Ausstellung „WIENER Handwerk“.

Zeitraum: 25. bis 27. November 2016
Dauer: Freitag und Samstag 10:00-19:00, Sonntag 10:00–18:00 Uhr
Location: Sofiensäle, Marxergasse 17, 1030 Wien
www.wiener-handwerk.at