Film & Serie
Tatort Wien: Polizei ins falsche Kameralicht gerückt?
„Wehrlos“: Krass oder einfach ein klassischer Krassnitzer?
Sicherheitslücken und -notstände – der Wiener Tatort gestern rollte ein heikles Thema mit Plastikhandschuhen auf. Uns beschäftigt jedoch immer noch ein ganz anderer Notstand – nämlich jener der Wiener Polizei, der im vergangenen Wiener Tatort Ende April weder mit Plastik- noch mit Samthandschuhen, sondern mit der bloßen Darstellungs-Pranke angepackt wurde. Zum schnellen Ausfüllen sämtlicher Erinnerungslücken sei nur Folgendes erwähnt: Oberstleutnant Moritz Eisner und Majorin Bibi Fellner deckten in „Wehrlos“, teilweise bei verdeckten Ermittlungen, zahlreiche Autoritätsmissbräuche der Wiener Polizei, wie auch ihrer Ausbildungseinrichtungen, auf. Die dunkle Seite der Macht war in dieser Folge im düsteren Reich der Polizeigewalt verortet. Diese Darstellung war der Wiener Polizei jedoch um ein gewaltiges Stück zu dunkel. Schließlich ging hier etwas mehr hoch als nur die Wogen nach der Ausstrahlung. So kam es, dass der oberste Gewerkschafter Reinhard Zimmermann all seinen Unmut in ein paar Zeilen an den Generaldirektor Alexander Wrabetz packte. Seit „Kottan ermittelt“ gab es einen solchen Aufruhr nicht mehr. Allgemein bezichtigte er darin die Tatort-Macher der unwahrheitsgemäßen Darstellung der Polizeiarbeit. Das gelte allerdings nur für die Eisner- und Fellner’schen Streifzüge, nicht so sehr für die deutschen Ermittler. In Deutschland zog „Wehrlos“ aber immerhin eine Rekordzahl von 9,34 Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Gassenfegerei.
Zwischen Fakt und Fiktion, der der Tatort – ganz gleich ob in Wien oder Hamburg – ja zugehörig ist, zu unterscheiden, gehört scheinbar nicht unbedingt zu den Stärken der Polizei. Dabei sei anzunehmen gewesen, dass das Abwägen zwischen einer „G’schicht“ und einer wirklichen, weil realen Geschichte, ein Grundbestandteil der polizeilichen Ausbildung ist. Aber wie es in diesen Ausbildungszentren zugeht, wissen wir seit der Ausstrahlung von „Wehrlos“ (so wir es ebenfalls verlernt haben, zwischen dem Krimi als Genre und tatsächlicher Kriminalität zu unterscheiden). Dass es beim Tatort jedoch nicht um die Bloßlegung purer Fakten geht, wird auch schnell klar, wenn man sich die Fakten-, oder sollte man besser sagen, die Fiktionslage von „Wehrlos“ einmal ansieht: Wie der Pressesprecher der Polizei Wien hier nämlich kommentiert, ist es grundsätzlich untersagt, Dienstwaffen mit nachhause zu nehmen. Weiters benütze die österreichische Exekutive auch keine Spezialmunition und von solchen Fällen, wie dem in „Wehrlos“ dargestellten sei tatsächlich auch noch nie berichtet worden.
Auch wenn die Fiktions- und Faktenlage bei der ganzen Geschichte etwas schwammig und durchaus etwas durchgeweicht ist, bleibt Fakt, dass der Wiener Polizei der Trautmann, also Wolfgang Böck, als Tatort-Kommissar wohl deutlich lieber wäre, schließlich zeichneten sie ihn erst im Herbst mit dem 133er-Award aus.
Alle Fotos © ORF/Hubert Mican