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Generation Praktikum: in der Warteschleife

Manfred Sax

Nach der Ausbildung ist vor der Festanstellung? Leider nein: Millennials müssen sich auch danach durch Praktika quälen. Auf den späteren Beruf bereiten sie selten vor.

Text: Katharina Kiesenhofer

Ghosting, benching, seenzoning – so grausame Taktiken wir Millennials beim Dating an den Tag legen, so unmenschlich wird mit uns verfahren, wenn es ums Thema Anstellung geht. Vielleicht ist es Karma, dass Unternehmen sich genau wie wir nicht mehr so einfach binden und festlegen wollen. So wurde mir, als ich mich mit einem Bachelorabschluss und bereits vorhandener Berufserfahrung bei einer Eventagentur um eine ausgeschriebene Festanstellung bewarb, nach überstandenem Assessment-Center, Bewerbungsgespräch und Probetag „vorerst einmal“ ein viermonatiges Praktikum angeboten. Damit man sehen könne, ob es denn auch mit dem Team harmoniere– natürlich bei einem weit geringeren Gehalt, als für die ausgeschriebene Stelle vorgesehen.

Vom veganen Gurken-Basilikum-Eis zum Leberkaspepi

Nun legt sich gemeinhin niemand weniger gerne fest als wir Millennials, und unsere Risikofreudigkeit beschränkt sich darauf, dass wir im 7. Bezirk zögerlich veganes Gurken-Basilikum-Eis ordern – und das lieber mit zusätzlicher Back-up-Kugel Vanille; man weiß ja nie. Naturgegebenermaßen wollen also auch wir sicher gehen, dass ein Unternehmen zu uns passt und die Zusammenarbeit funktioniert. Diesem Zweck dienen allerdings nicht geringer bezahlte Praktika, sondern die Probezeit.

Gastautorin Katharina Kiesenhofer: „ein Praktikum für Spülmaschine und Wege zum Leberkaspepi.“

Praktika sind als Teil der Ausbildung gedacht, damit erste Berufserfahrung gesammelt und theoretisches Wissen in der Praxis erprobt werden kann. Täglich mehrmals die Spülmaschine ausräumen sollte in der Regel also nicht dazu gehören, ebenso wenig wie dreimal wöchentlich mittags für die halbe Büromannschaft zum Leberkaspepi geschickt zu werden – als Vegetarierin eine in sich grenzwertige Angelegenheit. Auch der Schmäh des Chefs „Du wirst uns noch in die Armut stürzen, mit deinem Kaffeekonsum“, ist nicht sehr erheiternd, wenn die Vergütung des Vollzeitpraktikums 300€ beträgt. Noch weniger zum Lachen sind sexistische Kommentare, mit denen man als junge Praktikantin häufig konfrontiert wird („Na da haben wir für die nächsten zwei Monate ja was Schönes zum anschauen“).

Die Generation-Y ist dabei weder arbeitsfaul noch undankbar, auch wenn ihr das von den Älteren gerne vorgeworfen wird. Nicht wenige junge Leute wechseln für ein Praktikum sogar kurzfristig den Wohnort, womit zusätzliche Kosten anfallen. Leider ist die Nachfrage an guten Stellen höher als das Angebot. Und so landet man bei Arbeitgebern, deren Ziel es offenbar ist, jungen Berufseinsteigern innerhalb kürzester Zeit möglichst viel Lebensenergie abzuzapfen, um die Getriebe des Unternehmens mit billigem Öl zu schmieren.

Ein Praktikum also: für uns häufig die Erledigung ausbildungsfremder Aufgaben – oder auch reiner Sklaventasks – bei geringer Entlohnung; für Unternehmen vor allem ein einfacher Weg zu billigen Arbeitskräften. Auf den späteren Beruf bereiten sie nur selten vor.

Über die Autorin. Katharina Kiesenhofer, 24, Niederösterreicherin mit Hauptwohnsitz Wien; Bachelor in Marketing & Projektmanagement, derzeit berufsbegleitend Masterstudium Publizistik & Kommunikationswissenschaft; Beruf: Marketing & Communications bei einem Hightech-Unternehmen; Social Media: Facebook (Katharina Konsuela), Instagram (katharina_konsuela).