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Outdoor-Sport vs. Natur: So geht ein faires Naturerlebnis

Outdoor-Sportler lieben die Natur. Was nicht unbedingt bedeutet, dass sie sie auch immer besonders liebevoll behandeln. Deswegen ist Outdoor-Sport, im wahrsten Sinne, eine Wanderung – nämlich eine auf einem manchmal sehr schmalen Grat. Und dafür muss nicht mal jemand auf einen Berg steigen. Über eine schwierige Beziehung.

Das Outdoor-Dilemma: Die Freude am Naturerlebnis ist eine Sache. Wie die Natur selbst diese Freude erlebt, wieder eine ganz andere. Es ist am Ende dieses Dilemma, um das sich die gesamte Outdoor-Branche dreht, die ewige Suche nach der Balance zwischen Aktivität in und Schutz der Natur. Zumindest für diejenigen, die es interessiert. Und auch für die ist das mit dem nachhaltigen Leben keine leichte Sache. Umgekehrt allen Outdoor-Sportlern gleichermaßen ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu unterstellen, bloß weil die sich gerne unter freiem Himmel aufhalten – könnte ein schwerwiegender Irrtum sein. Instagram-Fotostorys von den schönsten Plätzen in der Natur zeigen ja auch erstmal nur, wie schön die überhaupt sind. Aber eben nicht, was notwendig ist, um sie zu finden, sie zu erreichen.

Trekking und Hiking sind das neue Wandern – und bringen wieder mehr Leute raus in die Natur. Foto: fotolia.com © leszekglasner

Ist ja schließlich nicht so, als würden die spektakulärsten Motive oder Ziele immer gleich am Wegesrand liegen. Zu diesem grundsätzlichen „Problem“ kommt ein weiteres hinzu: Outdoor-Sport wird immer beliebter, von einem Massenphänomen zu sprechen, wäre sicher keine Übertreibung. Das kommt wahrscheinlich auch daher, dass mit dem moderner klingenden Begriff mittlerweile sogar solche Aktivitäten als Sport durchgehen, über die noch von ein paar Jahren die meisten ernstzunehmenden – oder wenigstens die, die sich selbst als solche ernstnehmen – Outdoor-Fans müde gelächelt hätten.

„Wandern“ war einmal so etwas wie der Inbegriff Frischluft-Spießigkeit. Und heute? Nennt man das Ganze Trekking oder Hiking und hat einen neuen Trend erschaffen. Selbstverständlich ist das dann mit dem spießbürgerlichen Wandern von früher nicht mehr zu vergleichen. Das bleibt heute den Alten überlassen, die sich über einen entspannten Rundweg freuen, dabei aber kein Abenteuer suchen. Womit sich der Kreis wieder schließt: Denn Abenteuer wiederum warten üblicherweise in der freien Natur und wie frei ist die am Ende noch, wenn immer mehr Outdoor-Sportler dort ein unverfälschtes Erlebnis suchen?

Fair Reisen

Klingt wie ein schlechtes Wortspiel, ist aber tatsächlich ein nicht unerheblicher Aspekt des anhaltenden Outdoor-Hypes. Mag sein, dass manch einer gerade nicht zufällig die wunderschönen Landschaften der Alpen vor der Haustüre liegen hat und deshalb „gezwungen“ ist, weitere Wege hinter sich zu bringen, um Natur jenseits von Stadtbegrünungsmaßnahmen zu erfahren.

Was eben nicht nur die Erfahrung meint, sondern genauso die Art und Weise, wie der Outdoor-Sportler zu dieser gelangt: Wer an dieser Stelle vermutet, wieder einen Zusammenhang zum populären Wandern herstellen zu können, wird daran aller Wahrscheinlichkeit nach Scheitern. Das Naturerlebnis ist zunehmend durch Infrastruktur erschlossen, damit jeder sie genießen kann. Der WWF Österreich hat aus diesem Grund zusammen mit dem Österreichischen Alpenverein und den Naturfreunden Österreich die Initiative „Allianz für die Seele der Alpen“ ins Leben gerufen.

Das liest sich im ersten Augenblick furchtbar pathetisch, dadurch ändert sich aber nichts an der Problematik, auf die mit der Kampagne hingewiesen werden soll: Die alpinen Freiräume, die für Outdoor-Sportler und Naturliebhaber so attraktiv sind – der Rätikon zum Beispiel oder das Lechquellengebirge, die Ötztaler Alpen, der Karwendel und einige mehr –, schrumpfen nämlich langsam zusammen. Wegen neuer Straßen, wegen Aufstiegshilfen für den Personentransport, wegen der Energieversorgung, die es für die Infrastruktur braucht.

Rund um den Karwendel ist Outdoor-Sport noch vor weitgehend unberührter Kulisse möglich. Foto: fotolia.com © Uwe

Allerdings findet unerhörterweise auch nicht jeder die Alpen spannend. Oder den Kontinent, auf dem man lebt. Outdoor-Sport ist ja nicht zuletzt wegen der Aussicht auf exotischere Umgebungen so beliebt. Warum also zum Freeriden innerhalb der Landesgrenzen bleiben, wenn es sich doch so viel aufregender liest, seinem Hobby mal irgendwo in den entlegenen Hochgebirgen Zentralasiens nachgegangen zu sein? Zumindest entfällt dann meistens das Problem der übermäßigen infrastrukturellen Erschließung. Dorthin kommen muss man aber trotzdem irgendwie.

Nicht falsch verstehen, das Reisen an sich soll hier niemandem schlechtgeredet werden. Nur sollten sich Outdoor-Sportler den Widerspruch bewusst machen, einerseits voller Begeisterung für die Umwelt zu sein und andererseits durch lange Flugreisen für deren Schädigung zu sorgen. Und vielleicht besser schon bei der Planung überlegen, wie sich die Reise nachhaltig und möglichst umweltschonend gestalten lässt. Wichtige Fragen hierbei:

  • Wie weit muss das Reiseziel überhaupt entfernt sein? Lohnt sich der Weg gemessen an der Dauer des Aufenthalts? Gibt es eine umweltfreundlichere Möglichkeit als etwa ein Flug (die gibt es sicher, aber gerade Kreuzfahrtschiffe sind ganz sicher keine dieser Möglichkeiten)? Wie sieht es mit umwelt- und klimaschonenden Verkehrsmitteln vor Ort aus?
  • Kann die Reise mit einem nachweislich umweltbewussten Reiseveranstalter unternommen werden?
  • Verfügt mein Wunschziel über ausreichende Standards für Umwelt- und Naturschutz?

Alles Fragen, die sich Reisende generell stellen sollten, bevor sie in ihren Urlaub aufbrechen. Umweltbewusstsein ist ja nichts, was Outdoor-Fans exklusiv gepachtet hätten oder wofür sie allein die Verantwortung tragen müssten. Aber die Erwartungshaltung gegenüber den bekennenden Naturliebhabern ist irgendwo auch wieder verständlich.

Fair Kleiden

Kaum anders verhält es sich übrigens beim Thema richtige, das heißt, umweltverträgliche Outdoor-Bekleidung. Das ist nämlich keine Selbstverständlichkeit. Sich in der Natur aufhalten, geht schließlich nicht zwingend damit einher, der Natur in all ihren Facetten ausgesetzt zu sein. Gerade bei Wind und Niederschlägen reagiert selbst der Körper eines noch so großen Naturliebhabers meistens empfindlich und trübt damit das erhoffte Erlebnis.

Outdoor-Kleidung schützt genau davor, allerdings zu einem hohen Preis: Denn atmungsaktiv und wasserabweisend wird die noch immer häufig durch den Einsatz von Chemikalien. Jetzt klingen perfluorierte und polyfluorierte Chemikalien schon nicht unbedingt danach, als natürliche Stoffe in der Umwelt vorzukommen und deswegen ist es keineswegs verwunderlich, dass die Umwelt mit diesen Substanzen ihre liebe Not hat. Sie lassen sich nur schwer abbauen, sind dabei aber giftig und gelangen von der Kleidung im Prinzip überallhin.

Von dem Mikroplastik-Problem, dass die synthetische Kleidung zusätzlich verstärkt, wollen wir an der Stelle gar nicht anfangen. So weit die schlechten Nachrichten. Immerhin gibt es auch ein paar gute. Zum Beispiel die Kampagne #IIYH – It’s in Your Hands, die federführend von Sympatex initiiert wurde, und die damit zusammenhängende „Fashion Industry Charter for Climate Action“, durch die sich die unterzeichnenden Unternehmen dazu verpflichten, für eine deutliche Verminderung ihres CO2-Ausstoßes zu sorgen.

Nicht so einfach: Die Natur erleben, ohne zu viele Spuren zu hinterlassen. Foto: fotolia.com © Pascal

Damit sind die Probleme um Chemikalien und synthetische Materialien offenkundig noch nicht vom Tisch, aber auch in diesen Punkten wächst das Bewusstsein der Hersteller. In dieser Hinsicht ist es schwer, am Namen „Patagonia“ vorbeizukommen, denn das in Kalifornien ansässige Unternehmen verfolgt seit vielen Jahren das ehrgeizige Ziel, Outdoor-Bekleidung auf wirklich nachhaltige Weise zu produzieren. Das hat die Marke in Umweltfragen schnell zu einem Vorreiter in der Branche werden lassen, weil sie schon früh auf das Recyceln und/oder Reparieren in der Firmenphilosophie verankerte, die unter anderem auf Müllvermeidung setzt.

Auch eine gute Nachricht: Der Recycling-Gedanke für Outdoor-Bekleidung verbreitet sich zunehmend in der Branche, das eben schon erwähnte Textilunternehmen Sympatex beispielsweise liefert einen weiteren Beweis, dass ein geschlossener Textilkreislauf absolut möglich ist. Das entbindet Outdoor-Sportler allerdings nicht davon, beim Kauf die Augen offen zu halten. Gerade bei der Frage, wo entlang der Produktionskette nicht doch wieder umweltschädliche Stoffe verwendet werden, ist nämlich oft genaues Hinsehen gefragt.

Fair Verhalten

Bleibt am Ende noch ein wichtiger Punkt – das Verhalten in der Natur. Wo die Probleme unter anderem liegen, dürfte bei der Anreisethematik klar geworden sein. Je mehr Leute in die Natur wollen, desto mehr muss die zurückweichen. Verrückt genug, aber dann sollte die vorhandene Infrastruktur wenigstens genutzt werden. Kreatives Parken, am besten noch mitten in der Natur, verbietet sich. Das sollte unnötig zu erwähnen sein, aber mit dem gesunden Menschenverstand ist das manchmal eben so eine Sache.

Deswegen an dieser Stelle der Hinweis auf die wichtigsten Regeln für das richtige Verhalten im Wald, die das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus dankenswerterweise zusammengetragen hat. Daran dürfen sich auch gerne die Outdoor-Sportler orientieren, die sich und ihren Sport jetzt nicht unbedingt oder ausschließlich im Wald ausüben. Rücksichtnahme gegenüber der Natur sollte immer eine Selbstverständlichkeit sein. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für die Natur.

Foto – Header: fotolia.com © madejadesign