GENUSS

Parlez vous Onglet?

Jakob Stantejsky

Die Sprachverwirrung bei den Steak-Cuts ist groß. Daher erweitern wir das Genuss-ABC zu einer internationalen Fleisch-Beschau.

Redaktion: Roland Graf

Für alle, die mit der Standardisierung der Welt hadern, ist Fleischer ein schöner Beruf. Denn die Bezeichnungen für die wichtigsten Cuts oder Teile des Rinds haben nicht nur in unterschiedlichen Ländern andere Bezeichnungen, auch je nach Region versteht man sich nicht immer gleich. Was dem einen sein „Kachelfleisch“ ist dem anderen seine „Fledermaus“. Und nein, „Bat“ wäre nicht die korrekte Übersetzung für das New Yorker Steakhouse; „Spider steak“ verstehen sie dort schon eher.

Die Reise entlang des Rinderrückens gleicht daher auch einer Kulturgeschichte – was wir als Suppenfleisch schätzen, packt der Argentinier gern auf den Grillspieß. Aber immerhin: Die „Wiener Zerlegung“ wird nach wie vor als hohe Schule des Siedefleischs gesehen – allein aus dem Hinterviertel schneiden die Fleischhauer Wadschunken, Bratzel, Gschnatter, G’stutzen, Fledermaus, Hieferschwanzel und -scherzel, das Weiße Scherzel und natürlich den edlen Tafelspitz. Der wiederum gegrillt gerne als „Picanha“ firmiert. Doch zum Glück gibt es den Lungenbraten-­Langenscheidt des WIENER!

Rib eye (US)/Entrecôte (FR)/Hochrippe (DE)/Rostbraten (AT)
Zwischen Rinderhals und dem Rücken-Mittelteil namens Roastbeef gelegen, bringt dieser Zuschnitt immer ein „Fett-Auge“ mit, das für saftige Steaks sorgt. Daher findet sich dieses Stück auch als Klassiker der Bistro-Küche. Der südamerikanische Cut „Bife Ancho“ umfasst auch die davor liegende „Fehlrippe“.

 

Brisket (US)/Poitrine (FR)/Brustkern (AT)
Als einer der neun „Prime cuts“ für amerikanische Schlachter gewann dieser Teil durch Pastrami und Pulled Beef auch hierzulande an Popularität. 60 % des Rinder-Gewichts trägt dieser sehnige Teil zu Lebzeiten – er muss daher langsam und bei niedriger Temperatur garen. In der Brisket-Hochburg Texas kann das einen ganzen Tag dauern.

 

Tenderloin (US)/Filet Mignon (FR)/Lomo (ES)/Lungenbraten (AT)
Der zarteste und entsprechend teuerste Teil lässt sich noch einmal in zwei Hälften zergliedern. Aus der schmalen Seite werden Tournedos (bzw. für Amis: Tenderloin Roast) geschnitten, der Rest erzielt als „Filet Steak“ Spitzenpreise, obwohl der mangelnde Fettanteil nicht jedermanns Sache ist.

 

Beiried (AT)/Striploin bzw. Rumpsteak (US)/Faux Filet (FR)
Striploin-Steaks kennt man auch als „New York Strip“ oder „Club Steak“, in jedem Fall geht es um die äußere Fettschicht, die diesen Cut umgibt. Er liegt hinter dem ebenfalls aus dem Rostbraten geschnittenen T-Bone-­Steak, wird aber ohne Knochen gebraten. Besonders an der Zartheit des Rump­steaks zeigt sich die ideale Reifung des Fleisches.

 

Onglet (FR)/Hanging Tender (US)/Nierenzapfen (AT)
Der etwas pornografische US-­Name („hängendes Zartes“) spricht eine der wichtigsten Eigenschaften dieses Rinderteils an: seine an ein Filet erinnernde Zartheit. Sie verdankt sich dem intramuskulären Fett, das diesen Stützmuskel auszeichnet, an dem das Zwerchfell hängt. Besonderheit: Kommt nur einmal pro Tier vor.

 

Hüferschwanzel (AT)/Bürgermeisterstück (DE)/Tri-Tip (US)
Dreieckig wie eine Haifischflosse ist diese Verbindung zwischen Filet und Bauch des Rinds. Sie besteht aus viel Muskelfleisch und eignet sich daher zum Schmoren, wie in der heimischen Küche üblich. Allerdings lassen sich auch daraus gut Steaks schneiden; die Fettabdeckung sollte man zum Grillen aber drauflassen.

 

Picanha (BR)/Tafelspitz (AT)/Top Round bzw./Sirloin Cap (US)
Das klassische Stück für die südbrasilianischen Fleisch-Tempel „Churrascaria“ umfasst etwas mehr als den Tafelspitz, erstaunt hierzulande aber immer noch als Grillfleisch. Allerdings belässt man in Südamerika auch den Fettrand am letzten Cut vor dem Ochsenschwanz.

 

Spider Steak (US)/Schalblatt (DE)/Fledermaus (AT)
Würden Rinder Beckenboden-­Gymnastik machen, wäre das der trainierte Muskel. Von schmalen Sehnen durchzogen, die an ein Spinnennetz erinnern, ist die schmale Fledermaus nicht nur paniert ein Genuss.