Essen

„Wir machen’s wie die Beatles!“

Jakob Stantejsky

Mit der veganen Burgerkette „Swing Kitchen“ sind Irene und Charly Schillinger auf Erfolgskurs. Erfolgreich sind die beiden Vegan-Pioniere vor allem deshalb, weil sie nicht erhobenen Zeige­fingers die Ethno-Keule schwingen, sondern weil sie einfach fantastische Burger machen.

Text: Gregor Josel

Es ist eine der sympathischsten Liebes- und Erfolgsgeschichten, die man kaum erfinden und über die man sich als Journalist nur freuen kann: die Entstehungsgeschichte der ersten österreichischen rein veganen Burgerkette namens „Swing Kitchen“! Charly Schillinger, ein gestandener Wirthausbub aus dem niederösterreichischen Großmugl, hatte schon immer ein Problem mit Fleisch. Nicht dass es ihm nicht geschmeckt hätte, aber mit der wirtshäuslichen und vom Vater durchgeführten Hausschlachtung von Schwein und Co. konnte er sich seit frühester Jugend nicht anfreunden: Charly Schillinger ist Tierfreund durch und durch. Gerade mal volljährig geworden musste er den Verlust seines überraschend verstorbenen Vaters hinnehmen und beschloss kurzerhand, gemeinsam mit seiner Mutter der eigentlich gerade schlachtreif gewordenen Muttersau samt ihren zwei kleinen Ferkeln ein künftig glückliches Leben samt Swimmingpool und Kratzbürsten auf einem eigenen, 2.000 m2 großen Schweineparadies zu schenken. Was gleichzeitig bedeutete, auf Hausschlachtungen und den Verzehr von Fleisch künftig zu verzichten.

Charly Schillinger schlug dann einen ganz anderen Weg ein, nämlich den des Brokers, Fondsmanagers und Wertpapieranalysten für internationale Finanzunternehmen. Gleichzeitig engagierte er sich für den Tierschutz und lernte im Zuge einer Aktion gegen Pelz von „Vier Pfoten“ seine jetzige Frau Irene kennen, die er an jenem Abend in einer turbulenten Aktion aus Polizeigewahrsam befreien musste – es kam ihm hierbei eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Sicherheitschef des Bundeskanzlers zugute.

Irene Schillinger war es schließlich, die in der gemeinsamen Privatküche nach der veganen Neuerfindung der österreichischen Hausmannskost strebte und diese Rezepte dann auch im schwiegerelterlichen Wirthaus Schillinger in Großmugl etablierte, nachdem er, um den elterlichen Betrieb weiterzuführen, seine Börsenkarriere aufgab. Wie die Dorfgemeinschaft zunächst auf die veganen Ambitionen der Schillingers reagierte, kann man sich lebhaft vorstellen, sogar der Dorfpfarrer lud zum „reinigenden“ Gespräch, denn ein Wirtshaus am Land ohne Schnitzel und Co. könne ja wohl nicht sein.

Doch die Schillingers etablierten das Gasthaus dank veganem Cordon Bleu, Kotelette und Wiener Schnitzel schnell zu einem international anerkannten Vegan-Hotspot und konnten sich vor Presseanfragen und Besuchern kaum retten. Viele der einheimischen Gäste – von Niki Lauda abwärts – wussten nicht einmal, dass sie gerade ein veganes Gericht verspeist hatten, weil die Schillingers sich von Anfang an des erhobenen Ethno-Zeigefinger verwehrten; Trend-Veganer sollten andere sein. Hier geht es im Privaten wie auch im Geschäftlichen um Tierschutz und Nachhaltigkeit und letztlich um das Einzige, was in der Gastronomie zählt, nämlich verdammt gute Küche.

Seit 2015 sind die Schillingers nun mit ihrer Swing Kitchen auf dem Markt und expandieren in atemberaubender Geschwindigkeit in Österreich und ganz Europa. Nach fünf Standorten in Österreich ist die Swing Kitchen bereits zweimal in Berlin vertreten und der nächste Standort wird in Basel entstehen. „Wir machen’s wie die Beatles!“, scherzen die Schillingers auf die Frage nach den weiteren Expansionsplänen, die sie über England dann auch in die Vereinigten Staaten führen sollen. „Die vegane Küche soll gesunden Genuss und nicht dogmatischen Verzicht darstellen. Wir wollen zeigen, wie köstlich und vielfältig tierproduktfreie, klima­freundliche Ernährung sein kann. Mit der Nutztierhaltung haben wir unsere liebe Not, unsere Mission ist es, mit tierfreien und köstlichen Burgern die Welt einen kleinen Bissen besser und fairer zu machen. Und je größer wir werden, je nachhaltiger wir wachsen, desto mehr Tiere können wir damit retten!“

Genau diese Einstellung ist es auch, die den Erfolg bringt, denn die Swing Kitchen ist schlichtweg ein toller Burgerladen, der vom Style, der Athmosphäre und dem Angebot alles bietet, was ein wirklich gutes Burgerlokal braucht. Nur eben ohne Fleisch, dafür mit den wohl besten Pattie-­Alternativen, die man derzeit bekommen kann. Man will sich damit auch nicht mit Fleischersatz anbiedern, sondern eine Alternative zum klassischen Burger bieten. Ohne den üblichen plakativen Weltverbesserer-Schmäh.

Wozu freilich auch ein nachhaltiger, sehr familiärer Umgang mit den Mitarbeitern gehört, und so hat die Swing Kitchen ein Luxusproblem in der Gastronomie, denn derzeit gibt es eine Warteliste mit über 200 Bewerbern, die im Unternehmen der wohl sympathischsten System-Gastronomen des Landes gerne arbeiten würden.