Essen

Tofu mag man nicht

Jakob Stantejsky

Für sein schlechtes Image kann der Tofu nichts, die Fehler beim Fleischersatz Nr. 1 sind aber hausgemacht. Jacqueline Chang erteilt dem WIENER eine Lektion in Sachen Soja.

Text: Roland Graf / Fotos: Maximilian Lottman, Vegetasia

Schon einmal 1.000 Kilo Tofu gesehen? Jacqueline Chang kennt den Anblick bestens. Mehrmals im Jahr landet der Flieger mit dem Nachschub für die Wienerin, die mit dem „Vegetasia“ in der Ungargasse das älteste vegetarische Restaurant der Stadt betreibt. Und das braucht jede Menge Tofu aus Taiwan. Auch wenn ihr Lokal gerade umgebaut wird (und im September wieder eröffnet), nimmt sich Chang Zeit, die mannigfaltigen Missverständnisse in Sachen Tofu aufzuklären. Denn auch wenn er neutral im Geschmack ist, soll der Fleisch-Ersatz ja nicht übel schmecken. Das Besondere am Tofu, den sie selbst verwendet, ist daher die Frische: „Älter als zwei Tage sollte er nicht sein“. Das allerdings hat seinen Preis. „Diese Qualität kostet uns in Europa mehr als einige Fische oder Meeresfrüchte“, führt Chang in die Welt der Sojabohne ein. Denn ohne sie gäbe es keinen Tofu.

Aus dem Pürée der in Wasser eingeweichten, reifen Bohnen entsteht zuerst die eiweißhaltige Sojamilch, die durch Meersalz­extrakt („Nigari“) zum Ausflocken gebracht wird. Ähnlich wie beim Käse trennt sich dann beim Erwärmen die Molke vom Soja-­Bruch, den wir als Tofu kennen. Für die Österreicher stellt er generell „einen Einstieg in die vegetarische Ernährung dar“, hat die „Vegetasia“-Chefin festgestellt. Wer das Mundgefühl und die Optik von Fleisch nach wie vor vermisst, greift eben zu diesem Ersatz. Doch die Formen sind vielfältiger, als es das österreichische Klischée vom blassen Fake-Würstchen gerne wahrhaben will. Denn wie Kokospalmen oder Hanf ist auch Soja eine Pflanze, aus der sich vielfältigste Dinge und Lebensmittel gewinnen lassen.

Lediglich von vakuumiertem Tofu rät die taiwanesische Soja-Spezialistin ab: „Frischer Tofu gehört in Wasser eingelegt!“ Dann, so Jacqueline Chang, könne man ihn sogar einfrieren. Selbst hier ist das Ergebnis deutlich besser, als den in einigen Asia-Shops angebotenen gefrorenen Tofu zu kaufen. „Wie alt der war, als er gefrostet wurde, weiß man ja leider nicht“. Doch auch so gibt es genug Spielarten, das macht „Jacquelines kleine Soja-Kunde schnell klar.

Naturtofu: „Gut zum Grillen oder Frittieren“ ist diese schnittfeste Version, die es in einigen Konsistenzen gibt. Dazu reicht man im „Vegetasia“ die vegane BBQ-Sauce aus Shitake-Pilzen und
Miso-Paste (ein weiteres Sojaprodukt!). Das klassische Gericht damit wäre das „Mapu Tufo“, das in der Sichuan-Küche aus Faschiertem, Szechuanpfeffer, Tofu und Chilis besteht – und damit eine echte Mutprobe unter Männern darstellt (auch ohne Fleisch).

Räuchertofu: Sollte nicht als Speck­ersatz verstanden werden, auch wenn etliche handelsübliche Varianten so riechen. Edle Varianten werden mit Teeblättern sanft mit Raucharomen versehen. Die idealen Partner dafür, laut Jacqueline Chang: „Stangensellerie bzw. Pak Choi oder Koriander“.

Seidentofu: In der Herstellung anders und mit mehr Sojamilchgehalt zum Stocken gebracht, erinnert er in der Konsistenz an Pudding. Auch im Querschnitt glatt, dient er eher für Dips und Saucen als für die warme Küche – nicht wirklich als Fleisch-Ersatz anzusehen.

Sojaflocken: Technisch kein Tofu, erinnern die plattgewalzten, gedämpften Sojabohnen sie an Haferflocken. „Damit macht man etwa eine vegetarische Sauce Bolognese“, so Jacqueline Chang.