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MemoryLane: Pilar Goëss zum 20. Todestag

Wer sie kannte, der vergisst sie nicht. Aber jeder erinnert sie anders.

In den seinerzeitigen Nachrufen wurde sie als „prominente Dame der Wiener Gesellschaft“ und „Verkörperung von Mode und Stil“ verniedlicht, in Klatschkolumnen als „Gräfin, die nie verkraftete, dass er sie nicht geheiratet hat“. Dieser „Er“ war Karim Aga Khan IV, Imam der ismailitischen Nizariten, eine Figur mit Gravitas, der Mythos dazu führt bis zurück zum Mekka der ersten Stunde. Dan-Brown-Country für Muslims, inklusive Festung Alamut, dem „Adlernest“ der Assassinen. Gräfin Pilar Goëss, die am 17. Mai 1999 in Wien 41-jährig verstarb, hatte auch eine kleine Festung, sie war Herausgeberin des Magazins H.O.M.E. (wie in … is my castle). Zuvor, im Mai 1986, sorgte sie für eine der schönsten Magazin-Geburten aller Zeiten – als Covermodel unseres Schwestermagazins WIENERIN, ikonisch verewigt von Gerhard Heller. Ich wurde dann bei den Kolleginnen ausgesprochen lästig, wollte unbedingt für die Schwester arbeiten. Weil ich Pilar kannte, quasi unauslöschlich, was auch seltsam ist, bei all den Dingen, die man sonst so vergessen hat. Es war ein Winter Anfang der 70er-Jahre in Saalbach, und es gab das Suchritual des Schulskikurses, jener „pistenfreie“ Halbtag, der es für hormonelle Teenager bringen musste.

Gemeinsam mit einem keineswegs mundfaulen Kollegen geriet ich in eine „Spielhölle“, wo wir auf zwei überirdisch schöne Geschöpfe stießen, die offenbar auch pistenfrei hatten. Mein Kollege lud sie zu einer Runde Tischfußball ein, und das Phänomenale war, dass sie einwilligten. Selbstverständlich hatte der Kollege die noch Überirdischere der schönen Geschöpfe auf seine Seite gebracht, die lediglich Überirdische spielte in meinem Team. Ich kann mich nicht erinnern, wer die Partie gewann. Danach aber fragte der Kollege seine Partnerin, wie sie heiße, und sie sagte „Pilar“. Darauf er: „Haha, Caterpillar“ und sie: „Ja, das sagt jeder.“ Worauf ein Wunder geschah. Pilar löste sich von seiner Seite und legte ihre Hand in meine und ich durfte sie zum Bus nach Hinterglemm begleiten, und so wurden zehn der denkwürdigsten Minuten meines Teenagerlebens wahr. Eine bis dahin unbekannte Hitze, die den Körper flutete. Ich finde ja bis heute, dass der Aga Khan unter anderem auch ein Trottel war. Requiescat in pace, Pilar.

Elisabeth Hemma Maria del Pilar von Goëss, 9.6.1956 – 17.5.1999

Foto: Gerhard Heller/WIENERIN