Ein patentiertes System lässt die Zeiger der Ulysse Nardin Marine Regatta rückwärts laufen. Ein Countdown, der inspiriert.

Text: Wolfgang Wieser, checkitoutjoe.com / Fotos: Hersteller (1), Wolfgang Wieser (2)

Gerade habe ich zum zehnten Mal Knopf Nr. 3 gedrückt. Er sitzt links am Gehäuse, auf Höhe der 10. Zehnmal drücken heißt: Du hast zehn Minuten, sobald du mit Knopf Nr. 1 (rechts am Gehäuse, auf Höhe der 2) den Countdown aktiviert hast. Zehn Minuten bleiben mir also, um diesen Text zu beenden – ein unterhaltsamer Wettlauf gegen die Zeit, einer, der die Arbeit mit Abenteuer füllt.

Unerbittlich laufen Sekunden- und Minutenzeiger rückwärts (das System hat sich Ulysse Nardin patentieren lassen). Ich spüre eine kribbelnde, zunehmend stärker werdende Nervosität, die sich aus der Magengrube langsam emporschleicht und mich kürzer atmen lässt. Schneller Blick aufs strahlend blaue Zifferblatt: Ja, das geht sich aus. Sportlichkeit, Einsatzbereitschaft – und der Wille zum Sieg, auch am Schreibtisch ganz hervorragende Eigenschaften.

Ich ahne, wie James Bond sich fühlt, wenn es wieder einmal gilt, rechtzeitig eine Bombe zu entschärfen, um die Welt vor dem Untergang zu bewahren.
Vor mir liegt eine Marine Regatta von Ulysse Nardin. Ich beginne sie zu untersuchen. Es ist Exemplar No. 0169, wie mir ein Schildchen an der Seite des Stahlgehäuses verrät.

Noch sechs Minuten. Die Zeit verrinnt. Angst muss ich keine haben. Die Uhr wird nicht explodieren, die Welt nicht verschwinden. Im Gegenteil. Wenn der Countdown abgeschlossen ist, werden die Zeiger wieder ihren ganz normalen, gewohnten Gang gehen: Sie starten dann mit der – echten – Wettkampfmessung.

Denn diese Uhr ist nicht für Menschen wie mich gedacht, deren schnellste Bewegungen bestenfalls ein rhythmisches Klappern auf der Tastatur auslösen. Es ist eine Uhr für Männer, die den Stürmen und Wellen trotzen. Seefahrer. Segler, deren Katamarane über das Wasser zu fliegen scheinen, während um sie herum die Gischt tost (ach, wie herrlich muss solch ein Leben sein!).

Noch zwei Minuten. Noch laufen die Zeiger rückwärts. Schnell ein bisschen Geschichte: Ulysse Nardin wurde 1846 von Ulysse Nardin im Schweizer Uhrenmekka Le Locle gegründet. Es folgten ziemlich grandiose 150 Jahre, bis das Unternehmen in den 1980er-­Jahren arg angezählt war. Investor Rolf W. Schnyder stoppte den verderblichen Countdown. Er schuf eine dermaßen solide Basis, und die bescherte Ulysse Nardin einen Aufstieg wie einst dem Phönix aus der Asche.

Noch drei Sekunden. Kein Scherz. Geschafft.