Meinung

Mein erster WIENER

1981 – vor 38 Jahren – war ich Zögling des Bundeskonvikt Wiener Neustadt und besuchte die erste Klasse der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe, Abteilung Mode. Sprich, ich fristete im zarten Alter von vierzehn mein Leben im Internat und stach mir die Finger wund in der Schneiderschule. Ehrlich gesagt war der Fun-Factor in meinem Leben zu diesem Zeitpunkt eher mäßig.

Wie meine Mitzöglinge langweilte auch ich mich maßlos – das ist so, wenn man kaserniert ist. Alkohol und Nikotin – natürlich heimlich genossen, wir waren ja noch keine sechzehn – bescherten zeitweilig Ablenkung. Nachts war ein wenig mehr los, da versuchten sich die Burschen von ihrem Trakt abzuseilen, um sich gleich wieder darauf zum Mädchentrakt aufzuseilen. Häufig waren gebrochene Gliedmaßen und Gehirnerschütterungen das Resultat.

Eines Tages jedoch kam Xandi P. – ich kürze hier seinen Namen auf Grund des Datenschutzes (den gab’s damals auch noch nicht), er war übrigens der schärfste Typ im Internat, und die Tatsache, dass er aus der Bundeshauptstadt stammte, verlieh ihm Exotik – mit einem Magazin, das sich WIENER nannte daher.

Ausgehungert nach „org’n Gschicht’n“ erkor ich das Magazin zu meiner Bibel – der Schwenk war drastisch – direkt von der Bravo, die uns über Blümchensex aufklärte, zu Fetisch-, Domina-, SM-Sex und anderen Spielarten.

„Heissassa!“, sagte sich da das Landpomerantscherl aus Knittelfeld, einer Stadt, die nicht mal Gott gefällt, und bildete sich fortan nicht nur in dieser Hinsicht weiter, sondern formte durch die aus Wien importierte Lektüre eine durchaus kritische, wenn auch manchmal leicht anarchistische Weltanschauung. Die hab ich bis heute nicht abgelegt. Danke, WIENER!

Elvira Trevira
Fashion is her profession. Sie kolumniert im WIENER und bloggt unter BLOG-MAG.NET