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Alexandra Weinrich – Der Sündenphall

Wenn du jemandem immer nur am Netzwerk begegnest, sie dann aber fleischlich wird. Die Wiener Künstlerin Alexandra Weinrich braucht keine Adams mit Feigenblatt.

Fotos: Christina Noélle

Die Grundfrage ist ja diese: Warum haben Männer diesen seltsamen Schiss vor der Sexualität der Frau? Warum soll sie sich auf das reduzieren, was die Fantasie des Mannes ihr gestattet – auf, wie die Existenzialistin Simone de Beauvoir es mal ausdrückte, das Bild „einer Frau, zu der sie nicht geboren sondern gemacht wurde“? Für die Femina in Alexandra Weinrich war das immer verblüffend: „Selbstbestimmte weibliche Sexualität ist doch auch für Männer lustiger.“ Für die Künstlerin in ihr ist es ein frustrierender Zustand, der allerdings im Kunstbetrieb offenbar Methode hat. Man nehme die Story der eminenten Malerin Suzanne Valadon, ihres Zeichens der ersten Frau, die ihre Gemälde ausstellen durfte (ab 1894). Die (unter anderem auch) Geliebte von Henri de Toulouse-Lautrec hatte 1909 das Bild „Adam und Eva“ gemalt, letztlich aber nicht so, wie sie wollte. Der Adam kriegt ein Feigenblatt, wurde ihr gesagt, und „Eva blieb sozusagen im Adamskostüm“ (Weinrich). Für die Wiener Künstlerin ein Trigger für ihr Schaffen. Ein anderer Trigger war Gustave Courbets „L’Origine du monde“ (= der Ursprung der Welt, 1866) , ein voyeuristischer Blick auf die Vagina, der die seinerzeitige Kunstszene lediglich rätseln ließ, wer denn die Dame wohl sei, in Ms. Alexandra allerdings den Entschluss festigte, sich Adam ohne Feigenblatt zu nähern, zu ihrer Sexualität zu stehen: „Ich bleibe in meiner Eigenverantwortung, Lust steht allen zu, und zwar ohne angegriffen zu werden. Sich selbst unsexy zu machen, ist nur eine andere Art von Unterwerfung.“ Das alte Klischee: die lustbetonte Frau, ein männermordender Vamp – der kongeniale Mann, ein Weiberheld.

Und so kam es also zu Gemälden wie diesem, vom Feigenblatt befreiten, prächtigen Phallus. Sehr großzügig angesetzt, viel großzügiger als Michelangelos David, sage ich. „So bin ich eben“, sagt sie. Deshalb gehe sie auch auf Adam und Eva zurück, die seien an allem „schuld“. Genesis 3, der Sündenfall, Absatz 16: „Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.“ Nun, das spielt es nicht mit Ms. Alexandra, wie sie heute ist. „Ich will gründlich aufräumen, es ist zu schade, wenn deine Erotik verloren geht“ (Weinrich).

Sie hat bei Adolf Frohner studiert, sich dann den Kunstbetrieb gegeben, „Galeristen meine Arbeiten gezeigt, sie gaben sich begeistert und meinten dann, dass man einen Strohmann brauche.“ Als ob sich derartige Darstellungen für eine Frau nicht schicken. Darstellungen übrigens, die am 1. November in der Galerie T/abor im zweiten Wiener Gemeindebezirk zu sehen sind. Die Exhibition wird „Sex und Angst“ heißen. Anzunehmen, dass es dem Mann ans Gemächt geht, und Exhibition, so vernehmen wir, kann durchaus so verstanden werden: Die Künstlerin wird nicht in Sack und Asche erscheinen, die Rede ist von einer sinnlichen Performance. Ein Pflichttermin, nicht weniger.

Alexandra Weinrich: Sex und Angst, im Kunstraum Das T/abor, Taborstraße 51, 1020 Wien, www.salon.io/dastabor/, 1. November 2019. Instagram Weinrich: @lolalobster.

Location Aufmacherfoto: der sagenhafte Garten des passionierten Feigenzüchters Michael Krauliz, www.facebook.com/michael.krauliz, Instagram: @achillesfeigen