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Alma Hasun – Kein süßes Mädel
Wenn du jemanden zuerst als Filmleiche siehst, sie dann aber leibhaftig wird. Gestatten: Alma Hasun, die Schöne von der Josefstadt.
Text: Manfred Sax / Foto: Christina Noélle
Die Episode war keine zwei Minuten alt, da war sie schon groß im Bild: der Körper in weißem Kleid, auf eine Chaiselongue gebettet, darüber dieses Gesicht, das du nicht so leicht vergisst, wenn du es mal gesehen hast. In diesem Fall ein absolut entspanntes Gesicht, kein Wunder, sie war ja tot. So weit, so der Beginn der internationalen TV-Serie „Vienna Blood“ (ORF/BBC), die in England genau den Geschmacksnerv traf („Deliziös düster!“).
Die Frau zum Gesicht heißt Alma Hasun. Der Name kann dich via Google in den Nahen Osten bringen, das hebräische Almáh meint eine „junge Frau“, ein König namens Hasun ist im Geschichtsband tausend und eine Nacht unterwegs. Außerdem ist Alma Hasun eine in Klosterneuburg aufgewachsene Wienerin, die heuer sehr busy ist. Die Schauspielerin mit beruflicher Heimat im Theater in der Josefstadt tanzt auf vielen Hochzeiten, und das mit Bandbreite. „Ich spiele sehr unterschiedliche Rollen“, erzählt sie, „das gefällt mir.“ Derzeit etwa immer noch das Dienstmädchen Dunjascha in Tschechows „Kirschgarten“ (momentan in Corona-Pause), für sie eine Freude, weil sie der Dunjascha eine „schräge Richtung“ (Hasun) geben durfte. Auch die Rolle der Charlotte Löwenstein (o. a. Leiche in „Vienna Blood“, Anm.) „taugte“ ihr, „die war eine Betrügerin, die auf Medium und Seherin machte“, ehe sie gewaltsam starb. Anfang April hätte Hermann Bahrs „Das Konzert“ Josefstadt-Premiere gehabt, mit Hasun als Delfine, Geliebte eines Pianisten. Schließlich kommt 2020 auch noch die neue Staffel der „Vorstadtweiber“ ins TV, wo Hasun als Journalistin Priska Fischer für Unruhe sorgt. „Priska ist eine kluge und selbstbewusste Frau, die als Aufdeckerin die Vorstadt aufmischt“, sieht es Hasun. Große Bandbreite, wie gesagt, und erotische Szenen kommen natürlich vor, wenn auch bei ihr mit einem gewissen Twist. Bei Sex und Nacktheit, sagt sie, „muss man aufpassen. Ich möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden.“ Müßig, zu hinterfragen, welche Schublade das wäre – sieh mal so aus wie Alma Hasun. Perfekt etwa für Schnitzlers legendäres „süßes Mädel“, als Typus so schubladisiert, dass es auf Wiki eine Definition dafür gibt („sexuell zugängliche junge Frau aus der Wiener Vorstadt, deren Beziehung zu einem höher gestellten Herrn gesellschaftlich geduldet ist“). Nicht das Wahre für Ms Hasun, die als Priska lieber mit Rennrad und Jeans unterwegs ist – was allerdings in den „Vorstadtweibern“ nicht vor Anbaggern schützt. Wie sie damit umgeht, darf sie nicht verraten. Bitte warten. Auf den Frühling.
Da ist Alma Hasun los.
Vorstadtweiber, Staffel 5; frühestens im Herbst 2020.