Motor
I must to the Bank!
Die Zweizylinder-Mittelklasse von BMW geht mit der neuen F 900 R in die nächste Runde und zeigt, dass State-of-the-Art-Technik, Topperformance und gediegene Leistung mit BMW-Logo am Chassis nicht zwingend teuer sein müssen.
Text: Gregor Josel / Foto Header: Hersteller
Ein Befreiungsschlag, diese ersten Kilometer auf dem Motorrad im heurigen Jahr. Corona im Griff oder wir im Griff von Corona, das lassen wir jetzt mal offen, aber zumindest dürfen wir uns wieder frei bewegen und auch wieder einspurig und einfach nur zum Spaß unterwegs sein. So war die Freude natürlich doppelt groß, als das erste Testmotorrad der Saison geliefert wurde, wenngleich die Erwartungen an die neue BMW F 900 R keine kleinen waren. Sie und ihre mehr auf Touring getrimmte Schwester namens F 900 XR sind die Nachfolgerinnen der F 800 R und wollen gleich mal die Benchmark in Sachen Technologie in der Mittelklasse setzen.
Kein ganz einfaches Ziel, denn weder die englische noch die japanische Konkurrenz macht in diesem Segment Gefangene, und nach knapp zehn Jahren am Markt mit dem Vorgängermodell, der F 800 R muss der Sprung nach vorne schon mit dem Zweimeilenstiefel vonstatten gehen, damit sich Begeisterung einstellt.
Optisch gibt sich die F 900 R deutlich sportlicher und gedrungener als ihre Vorgängerin. Das nunmehr nach hinten geneigte Layout des LED-Scheinwerfers, das einen parallelen Schwung in der Seitenverkleidung unterm Tank findet, und das nun wesentlich schmäler ausgefallene Heck werden dem sportlichen Anspruch der neuen F 900 R mehr als gerecht. Die Verarbeitung ist wie zu erwarten BMW-typisch ohne den geringsten Makel, und eines der technischen wie auch optischen Highlights ist jedenfalls das 6,5 Zoll Vollfarb-TFT-Display mit BMW Motorrad Connectivity und Bordcomputer. Auch ergonomisch hat sich einiges zum Besseren gewandelt. So gelingt durch den schmaleren Kunststofftank ein engerer Knieschluss, und trotz weiter hinten angelegter Fußrasten sitzt man auch auf längerer Fahrt durchaus bequem.
Herzstück der neuen BMW F 900 R ist jedenfalls der nunmehr auf 895 Kubikzentimeter vergrößerte Paralleltwin, den man aus der F 850 GS kennt und der nun 105 PS und 92 Nm an Leistung und Drehmoment anbietet. Ab 4.500 Touren geigt der Twin dem Antriebsstrang den Marsch, doch auch im unteren Drehzahlbereich gibt es nichts zu meckern beim entspannten Dahingleiten. Die Kombination aus dem erstarkten Motor und dem wesentlich verbesserten Fahrwerk macht die F 900 R zur perfekten Allzweckwaffe. Gemütlich dahingleiten im Berufsverkehr auf der Stadtautobahn, hohe Wendigkeit in der Stadt und mehr als ausreichende Leistungs- und Performancereserven für die Bergwertung am Wochenende lassen hier keinerlei Kritik zu. Gebremst wird dank Brembo-Anlage ebenso souverän und gut dosierbar. Positiv zu erwähnen ist auch die Soundkulisse, die die BMW-Ingenieure in diesem Fall wiedermal perfekt inszeniert haben. Am Bike macht der eindringliche Sound viel Freude, ohne nervig zu werden, und man hat durchaus das Gefühl, sich damit Gehör verschaffen zu können. Für den potenziellen Zuhörer am Straßenrand gibt sich die BMW sonor, aber in keiner Weise unangenehm oder zu laut. Das wird auch die uniformierte Rennleitung wohlwollend aufnehmen.
Schon in der Basisvariante geizt die neue F 900 R nicht mit technischen Ausstattungshighlights. So glänzt sie ab Werk unter anderem mit ganzheitlicher LED-Beleuchtung, konventionellem ABS, Antischlupfregelung, zwei Fahrmodi (Rain, Road) und jenem 6,5-Zoll-TFT-Farbdisplay mit Connectivity (das auch mit der zugehörigen Smartphone-App verbunden werden kann). Als Sonderausstattung sind unzählige technische Schmankerln wie adaptives Kurvenlicht, schräglagenabhängige Traktionskontrolle, Kurven-ABS, Motorschleppmomentregelung, elektronisch justierbares Federbein, Tempomat, Keyless-Go, Quickshifter und so weiter und so fort zu haben. Und für alle Anfänger ist die F 900 R auch in einer 95-PS-Variante ab Werk erhältlich, die sich auf die für den A2-Schein erforderlichen 48 PS drosseln lässt.
Doch abschließend kommen wir nun vielleicht zur größten Überraschung an der neuen BMW F 900 R, nämlich zum Preis. Mit einem Einstiegspreis für die Basisversion von 9.990 Euro ist es schwer, Argumente gegen die neue F 900 R zu finden, denn schon in der Einstiegsvariante gibt es in Sachen Ausstattung nichts zu meckern. Das Testbike ist zusätzlich mit dem Touring-, dem Aktiv- und dem Komfort-Paket, dem BMW-Notrufsystem und der Farbkombi San Marino Blau Metallic ausgestattet und verfügt somit schon über Quickshifter, das adaptive Kurvenlicht, DTC und MSR und schlägt mit 12.964 Euro zu Buche, was in Anbetracht der technischen Ausstattung und der Performance und vor allem der BMW typischen Verarbeitung noch immer als hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bewerten ist. Fazit also: schwere Kaufempfehlung, wir sind schon mal am Weg zur Bank …
BMW F 900 R
Motor: 2-Zylinder Viertakt-Reihenmotor
Hubraum: 895 ccm
Leistung: 105 PS/92 Nm Drehmoment
Antrieb: 6 Gang, Antihopping, Kette
Bremsen: ABS, Doppelscheibe vorne 320 mm, hydraulisch, hinten 1 Scheibe
Sitzhöhe: 815 mm
Gewicht (vollgetankt): 211 kg
Tankinhalt: 13 Liter
Beschl. 0-100 km/h/Topspeed: 3,7s/>200 km/h
Preis: ab 9.990 Euro / Testbike: 12.964 Euro