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Marcus Rashford – Ich, ein Tugend-Signalgeber?

Seit Tories den ManU-Kicker ob dessen Aktionen gegen Kinderarmut einen „Virtue Signaller“ nannten, weiß Boris Johnson, was ein waschechter Influencer ist. Rashford schaffte im Alleingang, was sonst keiner politischen Opposition gelingen will: Er zwang die Regierung zum Umdenken, auch „U-turn“ ­genannt.

Foto: Getty Images

„Mal ehrlich“, twitterte Marcus Rashford, MBE, Ende Oktober, „was ist Virtue Signalling?“ Ein paar altvordere Tories hatten den 23-jährigen ManU-Kicker als so einen Signalgeber abgekanzelt, und Rashford war verwirrt. Aus Gründen. Als „Virtue Signallers“ werden gemeinhin Leute geschmäht, die sich sozialmedial als tugendhaft brüsten, ohne Entsprechendes zu leisten. Rashford hatte sich seit dem ersten Lockdown im März in Sachen freie Mahlzeiten für Schulkinder stark gemacht, bis Juni über 20 Millionen Pfund gesammelt und landesweit drei Millionen Kinder erreicht. Im Sommer bewegte er die Regierung Boris im Alleingang, die freien Schulmahlzeiten auch in den Ferien einzuführen, und das zwingend eindringlich, Number 10, Downing Street, hatte zunächst nichts davon wissen wollen. Die Queen allerdings bedankte sich mit einem MBE-Orden (Member of the British Empire). Worauf Rashford im Parlament eine Petition einreichte, die Mahlzeiten auch über den Winter zu integrieren. Was die Regierung Johnson wiederum vorerst ablehnte, um dann aufgrund landesweiter Proteste doch Schiss zu kriegen und widerwillig £ 400 Mio. zur Verfügung zu stellen. Ein sogenannter „U-turn“ also, in der britischen Politik immer eine heikle Sache, zumal in diesem Fall, da ein junger Nobody aus Nirgendwo Menschenmassen zu mobilisieren vermag, von denen die oppositionelle Labour Party nur träumen kann.

Für Tories ein „Virtue signaller“, ist der in bescheidenen Umständen aufgewachsene Fußballer nun ein Darling der Nation, gegnerische Fans inklusive. Nachdem Rashford seinem Team zu einem Sieg über Everton verhalf, reagierten die Everton-Fans mit einem Rashford-Plakat („Thank you for sticking up for our kids!“). Die Uni Manchester stellte sich mit einem Ehrendoktorat ein.

Der Begriff „Virtue Signalling“ wurde vor fünf Jahren erstmals im rechtsgerichteten Magazin „Spectator“ verwendet. Ein Begriff, der für Rashford jetzt abgeklärt ist. Und Prime Minister Johnson wird sich bis auf Weiteres hüten, den Kicker in dieser Ecke abzustellen.

Quelle:
Manutd.com: www.manutd.com/en/news/detail/marcus-rashford-welcomes-boris-johnson-call-on-anti-poverty-grant#.
Spectator: www.spectator.co.uk/article/i-invented-virtue-signalling-now-it-s-taking-over-the-world