KULTUR

Gfrerer und Gelbmann im Radiokulturhaus – Ein Hochamt im Dienste des Singer-Songwriters

Möglicherweise ist das Datum, von Corona mehrfach versetzt und verschoben, ja nicht zufällig in die zeitliche Nähe von Bob Dylans Achtziger gerückt. Mit Gottfried David Gfrerer und Chris Gelbmann feiern am 2. Juni 2021 jedenfalls zwei glaubwürdige Paten des heimischen Singer-Songwriter-Genres ihr Hochamt im Wiener Radiokulturhaus.

In den Biografien beider Künstler finden sich musikalische Sidesteps in andere Musikrichtungen. In den Pop etwa, gar auch den Rock. Vor allem den Blues. So stammt Gfrerer etwa aus jener eklektischen Musiker-Blase, die sich stets um einen gewissen Hans Thessink einfand, um mit keiner Note zu viel feinsten Blues zu intonieren. Gelbmann wiederum startete vor gar zu langer Zeit, als Progrock nicht ganz verklungen und Grunge-Crossover noch nicht ganz auf der Welt war, mit ganz viel Verzerrer durch, um die Szene südlich von Wien aufzumischen. Aber während der eine (Gfrerer) stets neidlos mit dem Titel eines der besten Slide-Gitarristen überhaupt dekoriert eine Reise ins künstlerische Handwerk des Gitarrenbauens unternahm und der andere (Gelbmann) im Range eines der höchstdotierten Musikmanagers des Landes die Weltkarriere der Christl Stürmer erfand oder André Heller zum Comeback als Recording Artist überredete, blieben die Roots stets fest verortet und mit einem berühmten Postulat versehen: Ein Song ist ein Song ist ein Song. Und wenn er funktioniert, ist es egal, wie instrumentiert er auftritt.

En Detail: Gottfried David Gfrerer ist in Kärnten aufgewachsen und pendelt seit 1986 regelmäßig nach Wien. Nach Versuchen als Straßenmusiker begann Gfrerer in Clubs aufzutreten, arbeitete als Studiomusiker und Front- und Sideman in diversen Formationen. 1990 lernte er den Kärntner Schriftsteller Bernhard C. Bünker kennen. Vertonte dessen Kärntner Mundart Texte. 1992 erschien der Tonträger mit Buch „Karntn is lei a Grobschtan“. 1996 folgte die CD „Gottfried David Gfrerer“.

1999 wurde er vom irischen Fingerstyle-Gitarristen Eric Roche nach London an das LMI als Workshopdozent eingeladen. Im selben Jahr erschien Gfrerers Album „Stainless Steel“, welches vom Concerto Magazin zum besten Singer/Songwriter-Album des Jahres gewählt wurde. 1999 begann Gfrerer Resonatorgitarren zu erforschen, restaurieren und selber zu bauen. Auf seinem Soloalbum „Scoop & Run“ (2009) sind vor allem Gfrerers selbst gebaute Resonatorgitarren zu hören. Es folgten Projekte mit nationalen und internationalen Künstlern. Seit 2016 tritt er ausschließlich solo auf.

© Edwin Stranner
© Hanna Haidn
© Mario Lang

Chris Gelbmann stammt aus dem Bezirk Mödling, schrieb die ersten Songs als Teenager, entwickelte aber auch schon früh ein Gespür für das Geschäft rund um die Musik. Aus der Zeit, in der er den Perchtoldsdorfer Spiegel managte sind der Wiener Szene eklektische, musikalische Happenings erinnerlich. Ungefähr zu jener Zeit trat Gelbmann auch erstmals als Solo-Künstler in Erscheinung, zunächst unter dem Titel „Earl Grey“, der auch die dazugehörige Band umfasste. Um die Jahrtausendwende wechselte er die Seiten, arbeitete ein paar Jahre ausschließlich hinter den Kulissen der damals noch halbwegs gesunden Musikbranche und brachte als Musikmanager einiges an interessanten Acts auf den Weg. Im Rahmen der bereits erwähnten Zusammenarbeit mit André Heller schließlich auch selbst gewissermaßen zur Musik zurückfindend. Der Cut kam 2005, totaler Rückzug aus dem Business, Rückkehr als Künstler. Komplette Neuerfindung seiner selbst in der Abgeschiedenheit des Waldviertels, einige denkwürdige Alben, feine Kooperationen, die Rückbesinnung auf das Wesentliche. Und schließlich das Wiederbeleben der Singer-Songwriter-Abilities im familiären Verbund mit Musikern seines Herzens, diesfalls genannt „The Precious“.

Chris Gelbmann
Martin Mader, Backbone von The Precious
Drummer-Legende Leonard Dickson sorgt für Groove
DIe wunderbare Roswitha Dokalik an der Geige

In einer Zeit, in der das Wesen des Singer-Songwriter nicht nur durch Reminizenzen an Dylans Achtziger, sondern auch durch eine frische, inteligent durchsetzte heimische Musiker-Szene herrlich wiederbelebt wird (man denke hier beispielsweise an den Nino aus Wien, den eh schon immer dagewesenen, aber nun besonders fein aufkommenden Ernst Molden, aber auch, etwas weitergefasst, an junge Ausreißer wie Josh oder Felix Kramer), kommen Gfrerer und Gelbmann, so to say die Elder Statesmen der Branche, gerade recht. Die Renaissance einer Kunstform, die ja nie weg war, aber nun doch wieder aufs wesentliche zurückkommt, tut gerade in Zeiten wie diesen wahnsinnig gut.

Die Show im Radiokulturhaus findet selbstverständlich unter Einhaltung aller COVID-Vorschriften statt.

KARTEN GIBT ES HIER