KULTUR

Pearl Jam „Ten“ – 30 Jahre Grunge

Am 27. August jährte sich der Release von Pearl Jams ­Debütalbum zum 30. Mal – und in Folge auch die Geburtsstunde des Grunge, der letzten globalen, allumfassenden Strömung mit dem Ursprung in der Musik.

Foto Header: Jurian Kersten on Unsplash

Als ich damals auf MTV zum ersten Mal das unfassbare Einstiegsriff zu „Alive“ hörte, konnte ich mich die nächsten Minuten nicht mehr vom Fernseher lösen. Wer waren diese langhaarigen, eher wie Hippies als Rockstars gekleideten jungen Männer, die hier nicht nur instrumental mit höchstem Können zu Werke gingen, sondern auch noch diesen charismatischen Frontmann mit der klagenden und doch forschen Stimme hatten? Internet gab es noch nicht, also auf zum Plattenladen und reingehört. Ein Kracher nach dem anderen: „Even Flow“, „Black“, „Jeremy“, „Oceans“ usw. Wahnsinn. Eine Rockband, die so ganz anders war als der von mir geschätzte (Hair)Metal, aber auch nicht Retro.

Little did I know – dieser Stil nannte sich Grunge. Wobei: Pearl Jam eher zu den untypischen Vertretern des später auch „Seattle Sound“ genannten Musik-, Mode-, ja eigentlich Lebensstils zählte und zählt. Denn die nur einen Monat später erschienenen, brachialen, rohen und grundlegenden Werke „Nevermind“ von Nirvana und „Badmotorfinger“ von Soundgarden sollten nichts Geringeres als eine Musik- und Stil-Revolution bedeuten. Beides übrigens Bands, die nach den tragischen Suiziden ihrer immens talentierten und charismatischen Frontmänner Kurt Cobain († 1994) und Chris Cornell († 2017) unwiederbringlich sind. Nicht so Pearl Jam, die nach wie vor – bis auf den in den 90ern öfter gewechselten Schlagzeuger – in Originalbesetzung Alben aufnehmen und touren. Und damit mittlerweile schon die dritte Generation an rockbegeisterten Fans mit ihren energetischen Gigs, unbequemen Statements und elaborierten Songs beglücken.

„Ten“ ist ein Album, das gut gealtert ist, sieht man von ein wenig zu viel Reverb in der Produktion ab. Großes Songwriting mit packenden Hooklines, hervorragende Gitarrenarbeit und Sänger Eddie Vedders bedeutungsschwangere Texte rund um alles, was Teenagers, Angst und/oder Probleme junger Erwachsener betrifft – das Grundmotiv der Grunge-Bewegung. Und bis heute gültig, was die Strahlkraft dieser Musik für junge Menschen begründet. Flanellhemden und Longsleeves mögen zwar modisch nicht mehr der letzte Schrei sein, die ­Musik aus der Grunge-Ära aber ist zeitlos. Ganz besonders dieser Erstling, der mit Fug und Recht
als eines der besten Debüts aller Zeiten gilt.

Pearl Jam: Eddie Vedder, Mike McCready, Jeff Ament, Stone Gossard, Dave Abbruzzese
Live in der Wiener Stadthalle am 20. Juli 2022, Info und Tickets hier.