Film & Serie

Hinterland: Vom Regen in die Traufe

Markus Höller

Als ob die desillusionierten, traumatisierten Weltkriegs-Heimkehrer nicht schon genug gestraft wären, sehen sie sich noch dazu mit Spott und Arbeitslosigkeit konfrontiert. Und mitunter noch mehr Tod.

Foto: Freibeuterfilm

Ein in jeder Hinsicht gewagtes Filmexperiment, das uns Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky hier mit „Hinterland“ kredenzt. Ein Mix aus Antikriegsfilm und Thriller, der im post-monarchistischen und verarmten Nachkriegs-Wien der 1920er Jahre stattfindet – mit einem großteils verzerrten, verstörenden Szenenbild, das in seiner Reduziertheit oft an ein Theaterstück oder die frühen Wagnisse eines Rainer Werner Fassbinder erinnert. Fast ausschließlich in Blue-Screen-Technik gedreht, ergibt sich so eine äußerst dichte und bedrohliche Optik, die den Inhalt perfekt transportiert.

Im Mittelpunkt steht der ehemalige Spitzenermittler Peter Perg (Murathan Muslu), der nach sieben Jahren mit einer Handvoll Kameraden aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrt und vor den Trümmern seiner zivilen Existenz steht. Frau und Kind sind aus der Wohnung ausgezogen, für das tägliche Überleben ist er auf die Wohlfahrt angewiesen. Schon kurz nach seiner Ankunft aber wird die zu einem glanzlosen Armenhaus verkommene Hauptstadt von einer Reihe bizarrer Morde an anderen Heimkehrern heimgesucht, die seinen ehemaligen Kollegen und Chefermittler Renner deutlich überfordert. Lediglich die emanzipierte Gerichtsmedizinerin Dr. Theresa Körner (Liv Lisa Fries), mit der sich auch eine romantische Annäherung entspinnt, kann dem quasi als Freelancer angeheuerten Perg und seinem Instinkt und Intellekt auf der Suche nach dem Killer folgen…

„Hinterland“ ist ein spannendes, strukturell klassisches Whodunit in ungewöhnlicher Bildsprache mit einigen überraschenden Momenten, das deutliche Anleihen bei David Finchers „Se7en“ nimmt. Darüber hinaus aber auch den morbiden, trägen Lokalkolorit und der toxischen Männlichkeit und Bürokratie der ehemaligen Kaiserstadt, als auch den seltsamen Kodizes von Militärs und Polizei Rechnung trägt und diese so zu einem starken Antikriegs-, Antihierarchie- und Antimachismus-Statement formt.


Hinterland
Produzenten: Oliver Neumann, Sabine Moser, Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Drehbuch: Robert Buchschwenter, Hanno Pinter, Stefan Ruzowitzky, Regie: Stefan Ruzowitzky, Hauptdarsteller: Murathan Muslu, Liv Lisa Fries, Matthias Schweighöfer, Verleih: Constantin Film, im Kino seit dem 8. Oktober 2021