Men of Stil

Norbert Schneider: MaßgeSchneidert

Alex Pisecker

Norbert Schneider, 42, Sänger, Gitarrist, Band­leader und Songwriter. Er verkleidet das Wiener Lied mit dem Swing der 1940er Jahre und schafft so eine völlig neue Form des Genres.

Interview: Alex Pisecker, Foto: Maximilian Lottmann, Location: Hotel Josefine, 1060 Wien, hoteljosefine.at

Sie tragen immer sehr schicke Anzüge/Hemden bei Ihren Auftritten, was steckt dahinter?
Meine großen Vorbilder aus der Jazz- und Swing-Szene der 40er und 50er Jahre, wie Nat King Cole oder auch das „Rat Pack“ waren in diesem Stil gekleidet. Mir gefiel dieser Look immer gut und ich finde, er harmoniert perfekt mit meiner Musik.

Sehen Sie Zusammenhänge von Mode und Musik?
Zusammenhänge zwischen Musik und Mode sind wohl kaum zu verleugnen. Seit Beginn der Populärmusik, die natürlich intensiven ­Einfluss auf die Jugendkultur hat, kann man das an Beispielen wie Rockabilly, Punk, Metal oder Hip Hop deutlich erkennen. Jede der großen Musikrichtungen hat auch einen signifikanten Kleidungsstil.

Eines Ihrer Alben nennt sich Tailormade – was in der Modebranche „maßgeschneidert“ bedeutet. Ihr Nachname lautet Schneider – wo sind da die Zusammenhänge?
Hier ist die Frage eigentlich schon die Antwort.

Welches Jahrzehnt in der Herrenmode spricht Sie am meisten an?
Das sind schon die 30er bis 50er Jahre. Als Teenager fand ich die Hippie Mode gut. Es gab da einen vollkommen abgefahrenen Second­hand-Shop am Praterstern. Da hab ich mir neben anderen unglaublichen Dingen auch einmal Plateauschuhe in Größe 47 gekauft.

Was war ihr schlimmster Mode Fauxpas – oder hatten Sie schon einmal einen richtig peinlichen Mode-­Unfall?
In einer völligen Verirrung habe ich eine Zeit lang kurze Anzughosen – knieumspielend –, dazu natürlich Hemd und Sakko in Kombination mit Kniestrümpfen getragen. Das war keine Sternstunde …

Personal
Norbert Schneider wurde 1979 in Wien geboren und wuchs im March­feld auf. Die Schulzeit wurde in Gänserndorf abgearbeitet, währenddessen ließ man ihm Violinunterricht angedeihen, der auf Grund des ehrgeizigen Lehrers bald wieder eingestellt wurde. Ab nach Mistelbach in die Kindergartenschule. Norbert hatte gerade seine Liebe zum Gitarrenspiel entdeckt, unterstützt von einem engagierten Musikprofessor. Von den Beastie Boys und Lenny Kravitz beeinflusst, begann er Songs zu komponieren. Der ehrenwerte Beruf des Kindergartenonkels verlor an Faszination, Schneider schmiss die Schule und zog mit 17 Jahren nach Wien: „Jetzt werd ich Musiker!“ Montag und Mittwoch wurde im Papas Tapas aufgegeigt und somit relativ schnell Geld verdient. In diesem Lokal spielten häufig amerikanische Bluesmusiker, die in der Begleitung der Papas Tapas Hausband auftraten, deren fester Be­standteil Norbert geworden war. „Was ich bei denen gelernt hab, kann dir keine Schule beibringen“, so Schneider. In Folge wurden ­Österreich, Deutschland und die Schweiz in verschiedenen Forma­tionen bespielt. In der Schweiz schloss sich Schneider einer neunköpfigen Swingband an und übernahm bei etlichen Auftritten die Vocals. Anschließend agierte er als Bandleader bei R&B Caravan. Der nächste Schritt, es ist 2010, der im Nachhinein seine getreuen Blues-und Swing Fans vergrämen sollte, war die Teilnahme am Ö3 Sound Check, den er vom Fleck weg gewann. Die Single „Take it easy“ erklomm den Platz zwei der Austrian Charts, das Album „Tailormade“ floppte leider. Eine knapp zweijährige Findungsphase folgte, bis er in Stuttgart als Vorgruppe der schwäbischen Musikkabarettgruppe „Die kleine Tierschau“ auftrat. Sie wunderten sich, warum er nicht im „charmanten“ Wiener Dialekt sänge, worauf Schneider so akurat gefragt wirklich keine Antwort parat hatte – bis dato hatte er nur in Englisch gesungen. Dieser Vorfall war ihm derartig peinlich, dass er sofort begann, Lieder in Wienerisch zu verfassen. 2013 erschien sein erstes deutschsprachiges Album „Schau ma mal“. „Das fühlte sich wie eine zweite Karriere an“, sagt Schneider. Seine Vorbilder in diesem Segment sind der leider schon verstorbene Karl Hodina und Horst Chmela, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbindet. Die Norbert Schneider Band besteht aus neun fixen Mitgliedern, mit drei davon spielte er während der Pandemie das Jazz Album „Mondsüchtig“ live ein. Was, wie Schneider erläutert, ein Vorgang ist, der Musikern höchste Präzision abverlangt. „Die Zeit der Pandemie hat mich angespornt, mein Spiel zu verbessern – sie hat die tiefe Liebe zur Musik neu in mir entfacht – ich habe diese Phase als Befreiungsschlag wahrgenommen“.