Meinung
Immer voll fresh …
Oft flötet es aus meiner Damenrunde: „Du bist doch immer bei diesen coolen Modeevents! Ach was hast Du nicht für einen tollen Job …“. Pah! Die lieben Prosecco-Kolleginnen finden so irrsinnig lifestylige Veranstaltungen ja nur so toll, weil sie noch nie auf einer waren.
Nachdem Sie endlich die Adresse aufgespürt haben, überlegen Sie krampfhaft, wer jetzt eigentlich eingeladen hat. Erleichtert atmen Sie auf, wenn es Ihnen dämmert und schon werden Sie von reizenden Damen, Anfang/Mitte 20 in Empfang genommen, Sie kennen sie schon, da Sie öfter solchen Veranstaltungen beiwohnen. Nun überlegen Sie angestrengt, ob Sie mit Lisa, Nina, Anna oder Sophie reden – sie sind mittlerweile froh, die eigenen Kinder als die Ihren zu identifizieren. Charmant und kompetent werden sämtliche ausgestellten Produkte erklärt – das war auch schon der intellektuelle Höhepunkt der Veranstaltung. Sie scannen verzweifelt die Umgebung, auf der Suche irgend jemanden ihres Alters zu erspähen mit dem Sie sich unterhalten können. Vergebens.
Sie sind umringt von einer Schar semi-adoleszenter Jugendlicher. Diese üben den ehrenwerten Beruf des Bloggers oder Influencers aus, der durch ununterbrochenes Fotografieren diverser Produkte und pausenloser Anfertigung von Selfies mit besagten Produkten definiert wird. Zu diesem Behufe werden die noch prallen Lippen zu konvexen Schläuchen geformt und der getätigte Vorgang durch sinnlos leeres Geschwätz – und, ganz wichtig, der Erstellung von Hashtags – untermalt. Aufgefangene Wortfetzen treiben Ihnen die Tränen in die Augen, ob der eben erlittenen intellektuellen Auspeitschung. Kritiklos werden die präsentierten Konsumgüter gepriesen – das rechtfertigt die Anwesenheit und somit die Existenz. In der Zwischenzeit sind Sie nun von der Mitte des Raumes an dessen Rand geflohen. Sie halten einen Smoothie oder einen ausgepressten Roten Rüben Saft mit Abführmittel in den Händen. Gesund und „detox“ muss es sein. Was Sie sich wirklich wünschen ist ein doppelter Wodka.
Es beschleicht Sie das Gefühl beim Opus Dei der flachen, geistfreien Wortspenden gelandet zu sein, manchmal unterbrochen von Gelächter, dem hysterischer Hyänen in der Menopause nicht unähnlich. Kritische Fragen zu den Artikeln werden keinesfalls gestellt, die lassen sich mit chronischer Oberflächlichkeit nicht vereinbaren und deren Produktion ist einem Hirn, das auf Erbsengröße aufgeblasen werden muss nicht möglich. Dinge beim Namen zu nennen birgt massive Gefahr, da der übelkeiterregende Positivismus getrübt werden könnte.
Elvira Trevira
Fashion is her Profession. Sie kolumniert im WIENER und bloggt unter BLOG-MAG.NET