E-Mobility

Ansteckungsgefahr

Jakob Stantejsky

Anfangs hat man über Elektroautos ­gelacht. Dann hatten sie zumindest in ganz bestimmten Szenarios ihre Daseinsberechtigung. Mittlerweile sind sie eine angenehme Antriebs-Alternative, die sich im Straßenbild festgesetzt hat. Mit dem Cupra Born ­beweisen wir, dass E-Autos sich auch für Stadtmenschen ohne private Ladestation eignen.

Text: Jakob Stantejsky / Fotos: Eryk Kepski

Reichweiten jenseits der 400 Kilometer sind aktuell keine Seltenheit mehr, einzelne Musterschüler unter den E-Autos ver­sprechen inzwischen sogar schon über 600 Kilometer. Vor ein paar Jahren hat man sich noch die Frage gestellt, ob man durch seinen Tag mit einer Ladung kommt. Jetzt ist es durchaus realistisch, eine ganze Woche zu bewältigen. Zumindest, solange man sich hauptsächlich in der Stadt bewegt. Doch meist sieht die Idealvorstellung trotzdem vor, dass man früher oder später mal zuhause gemütlich den Stecker in der Buchse versenkt und das Auto über Nacht volllaufen lässt. Wer ein Eigenheim mit Garage besitzt, kann das ja problemlos tun. Aber gerade in der Großstadt ist das doch die verschwindend kleine Minderheit. Wie also mit einem Elektroauto über die Runden kommen, wenn man im dritten Stock wohnt und nicht dauernd die Kabeltrommel aus dem Fenster hängen mag?
Nicht nur die Stromer haben sich weiterentwickelt, sondern auch die zugehörige Infrastruktur. Man könnte sagen, dass die Stadt selbst sich dem Elektroauto immer mehr anpasst. Wie gut ein vollelektrisches Fahrzeug und seine Umwelt mittlerweile harmonieren, haben wir eine Woche lang mit dem Cupra Born im Selbstversuch getestet. Die Vorgabe: Geladen wird nur dort, wo man sowieso unterwegs ist – keine Umwege. Und Langzeitladungen, wie etwa über Nacht, haben wir uns verboten – wenn schon, denn schon.

Cupra macht es uns zugege­be­nermaßen recht leicht. Schließlich handelt es sich beim Testfahrzeug um den Born 77 e-Boost, die Topversion. Die sorgt nicht nur mit maximal 231 PS für ordentlich Dampf, sondern kann dank der 77 kWh-Batterie auch massig Strom speichern. Genug für bis zu 551 Kilometer laut WLTP. Diesen Wert erreicht man in der Praxis – wie bei allen E-Autos – zwar nicht, aber gerade in der Stadt sind auch in der kälteren Jahreszeit über 400 Kilometer Reichweite kein Problem. Doch nicht jedes Elektroauto kann mit solchen Zahlen protzen. Um das zu simulieren, versuchen wir, so viele Ladestationen wie möglich zu nutzen – mehr als der Born bräuchte.

Los geht es also am Montag in der Früh, das Auto ist zum Start nicht ganz vollgeladen. 75 Prozent zeigt das an der Lenksäule montierte digitale Instrument an. Erstmal steht nur die Fahrt ins Büro an. Da gehen im morgendlichen Verkehr dank der stetig mitarbeitenden Rekuperation nur wenige Prozent flöten. Bevor es mittags zu einem Termin im dritten Bezirk geht, werfen wir einen Blick auf die Easy Charging App. Hier kann man sich mit wenigen Fingertippsern nicht nur Ladestationen anzeigen lassen, sondern auch nach Ladeleistung, Steckertyp und Verfügbarkeit filtern. Man fährt also nie ins Blaue hinein. Und siehe da: Prakti­scher­weise ist direkt beim Ziel eine 11 kW-Ladesäule von Wien Energie vor der Tür. Während des Mittagessens saugt der Born fleißig am Netz und wir starten mit 82 Prozent in den Nachmittag. Damit lassen wir den Montag Montag sein.

Am Dienstag zu Mittag ist der Füllstand der Batterie unseres Cupra Born dank diverser Wege kreuz und quer durch die Stadt auf 56 Prozent gefallen. Da wollen wir dem Elektriker (und uns) mal etwas Sündiges gönnen und machen Halt beim Burger King am Margaretengürtel. Während wir dem Fast Food frönen, erquickt unser spanischer Begleiter sich am lokaleigenen 50 kW-Lader. Da geht ordentlich was weiter und wir starten wenig später mit 79 Prozent wieder durch. Am nachmittäglichen Heimweg gibt es einen Zwischenstopp beim Supermarkt, der auf dem Parkplatz natürlich auch eine Futterstation für E-Autos bietet. Diesmal ist es ein Smatrics-Gerät, das während unseres Wocheneinkaufs immerhin knapp zehn Prozent lädt. Am Mittwoch und Donnerstag lassen wir es entspannt angehen und laden einmal in der Innenstadt an der Wien Energie-Station ­direkt gegenüber von der Staatsoper und einmal in der Tiefgarage am Wienerberg, jeweils während vor Ort ein Termin ­ansteht.

Ins Wochenende geht es mit soliden 85 Prozent, das reicht auch überland für einen Weekendtrip hin und zurück. Das ist im Endeffekt aber gar nicht nötig, denn heutzutage gibt es sogar auf dem Parkplatz des Stift Heiligenkreuz eine Ladestation. Völlig ohne Reichweitenangst treffen wir Sonntag spätnachmittags also wieder in Wien ein und hängen den Born an der Triester Straße an den Moon Hypercharger. Hier wird aus allen Rohren gefeuert und so ist der Born nach einem gemütlichen Snack in einem nahe gelegenen Lokal von 47 Prozent ausgehend wieder komplett voll. Unterm Strich beenden wir unsere Woche also mit mehr Strom im Akku, als wir begonnen haben. Und das ohne einen einzigen Umweg oder großartige Planung.

Die Zeit, als das Leben mit einem Elektroauto eine eigene Wissenschaft war, sind längst vorbei. Inzwischen kann vor allem in der Stadt jeder voll und ganz auf Strom setzen. Dafür braucht man weder eine eigene Wallbox noch einen Garagenplatz mit Steckdose. Tatsächlich spart man sich sogar noch etwas, abgesehen von den Kosten für den Treibstoff. Denn wer an einer Ladesäule steht, muss für den Zeitraum der Ladung keinen Parkschein legen. Außerdem ist ein freier Ladeplatz immer auch gleichbedeutend mit einem verfügbaren Parkplatz. So spart man nicht nur Geld, sondern auch Nerven. Bei so vielen Vorteilen herrscht akute elektrische Ansteckungsgefahr.