AKUT

HINEINGESCHISSEN

Christian Jandrisits

Er kriegte Angst, dass ein Blindgänger bei ihm auf der Terrasse einschlagen und ihm den Basilikum wegballern würde, den er sich dort in einem kleinen Töpfchen zog … HINEINGESCHISSEN – NACHRICHTEN IN UNKORREKTER SPRACHE

Manfred Rebhandl Autor in Wien. Kürzlich erschien von ihm „Erster Mai: Rockenschaub löst auf alle Fälle alle Fälle“ (Haymon Verlag 2022)

Fotos: Maximilian Lottmann

Kubelka, der Gehirnschlosser, wußte nie so recht, wohin mit dem Schotter. Er hatte zwei Mille Cash im Nachtkästchen liegen, also schaute er sich auf dem Wiener Luxusimmobilienmarkt um. Er kannte eine Maklerin, die bei ihm auf der Couch lag. Der Grund: Sie kam nicht mehr aus dem Kotzen raus, weil sie es ständig mit Leuten zu tun hatte, die zum Kotzen waren.
„Nennen wir sie Oligarchen“, sagte Kubelka. „Eine eigene Klasse Mensch mittlerweile, für die keinerlei Regeln zu gelten scheinen. Kein Wunder, dass sie kotzen muss.“ Er erzählte uns ein paar Schnurren aus ihrem Arbeitsleben: Da war mal eine Innenstadtwohnung vollgeschissen, die drei Oligarchen besichtigten. Es war die Innenstadtwohnung eines mit ihnen verfeindeten Oligarchen, die sie gar nicht kaufen wollten, aber halt vollscheißen. „Sie waren wohl vorher extra scharf chinesisch essen gegangen.“


Oder eine einheimische Oligarchin mit großen Besitzungen am Wörthersee und eigenem Museum für ihre Schinken, aber natürlich auch Innenstadtwohnungen. Sie schiß morgens regelmäßig ins Bett, bevor sie aufstand, weil es ihr Spaß machte, dass die Hausmädchen dann wieder alles sauber machen mussten.
Die Maklerin hatte also was Günstiges für ihn. Ein kleines Penthäuschen am Rande der Innenstadt hinter der Karlskirche. 60 m2 Wohnfläche, 120 m2 Terrasse, mehr ging sich um die Kohle nicht aus. Aber so kriegte er das Geld immerhin in den Kreislauf.

Er kriegte Angst, dass ein Blindgänger bei ihm auf der Terrasse einschlagen und ihm den Basilikum wegballern würde, den er sich dort in einem kleinen Töpfchen zog.

ROCK ROCKENSCHAUB

Er kaufte diese Scheißwohnung und zog ein. Nach einer Woche in seiner kleinen Wohnung mit der riesigen Terrasse herum kriegte er aber schon die Krise. Die um ihn herum liegenden Penthäuser gehörten alle Oligarchen, die sie nie betraten, weil es ihnen nur um die Geldanlage und das Geldwaschen ging. Das größte ganz oben gehörte der Ösi-Oligarchin, die es immerhin als eine Art Lager für ihre Klimts und Schieles nutzte, wegen der trocken Luft. Am Abend hatte Kubelka also das Gefühl, alleine auf der Welt zu sein, auf einer Welt, auf der der verrückteste aller Oligarchen die Ukrainer überfallen hatte. Er begann sich auszurechnen, wie weit die Ukraine von seiner Dachterrasse weg war. Nicht so weit!


Er kriegte Angst, dass ein Blindgänger bei ihm auf der Terrasse einschlagen und ihm den Basilikum wegballern würde, den er sich dort in einem kleinen Töpfchen zog. Tag und Nacht saß er nun auf seinem Ratansessel und beobachtete den Himmel, dabei hatte er den Fahrradhelm auf. Langsam drohte er sein eigener Patient zu werden.
In Bratislava drüben wohnte mein Brotha Lovegod, der nicht mein Bruder war, aber immerhin mein Brotha. Er beherrschte dort den Chrystal Meth Markt, plus den für Bazookas. Er hatte immer ein paar davon im Kofferraum seines Firebirds herum liegen, und wer bei ihm eine kaufen wollte, der traf sich mit ihm beim Innenstadtmäci. „Also hast du noch ein paar Zehntausend Gs übrig?“, fragte ich Kubelka. „G“ sagte man in Gangstakreisen zu den großen Scheinen.
„Ja“, sagte er. „Im anderen Nachtkästchen.“


Ich packte ihn also zusammen und fuhr mit ihm hinüber nach Fressburg. Lovegod saß schon beim Mäci, das war auch der Grund, warum er immer noch fetter wurde. Diese verdammten Nigerianer, die aus der Streusiedlung zu uns kamen, hatten die längste Zeit nur Manjokbrei gegessen und waren topfit gewesen. Kaum dockten sie bei uns im Westen an, hing ihnen das Fett über die Hose.
Der Test im Steinbruch verlief positiv. Bis auf die fünf Minuten, während derer Lovegod dringend scheißen musste. Danach drückte ihm Ku den Sack mit den Gs in die Hand, und ich verlud die Bazooka im Kofferraum meines Datsuns. Wieder zurück in Wien, halfen uns Gutti und Lemmy, das Teil bis ganz hinauf zu tragen, wo wir es neben den Grill legten. Denn als Dank für unsere Hilfe legte Kubelka ein paar Kotelettes auf den Rost und kredenzte uns Schwechater aus der Dose. Lemmy steuerte das Dope bei.
Irgendwann um Mitternacht herum merkten auch wir die unheimliche Ruhe hier heroben, und ich fragte: „Ist das da drüben die Wohnung von der Ösi-Oligarchin?“. Ku sagte „Ja“, bevor er hineinging, um ein paar frische Kotelettes zu holen. Als er zurück kam, hatte ich mir die Bazooka auf die Schulter gelegt und ich fragte in die Runde: „Soll ich?“
Da keiner etwas dagegen hatte, feuerte ich hinauf zum Penthouse der Ösi-Oligarchin, und endlich war es vorbei mit mitternächtlicher Ruhe. Aber wie so oft, wenn man es mit einer Sache übertrieb, stellte sich die Freude nicht wirklich ein.
„Wir hätten einfach hineinscheißen sollen“, sagte Kubelka. „Das hätte vielleicht auch genügt.“
„Das sagst du jetzt?“, fragte ich.