Design

Steinway Klaviere in Wien – Nachhaltiges Geflügel

Christian Jandrisits

Steinway Klaviere in Wien – Der Anschaffungspreis mag hoch sein, zugegeben. Aber wer sich, entsprechenden Platz vorausgesetzt, einen Flügel von Steinway ins Haus stellt, denkt frühestens in etwa 100 Jahren über einen Modellwechsel nach. Insofern gehören mechanische Klaviere in allen Größen zu den nachhaltigsten Handwerksprodukten die es gibt. Das spürt man auch, geht man mit den wunderbaren Exponaten im Schauraum auf Tuchfühlung.

Text: Franz J. Sauer

Sie kennen doch sicher diese eine, tolle, weltberühmte und gottlob oft wiederholte Folge von Tom & Jerry, in der Katze Tom einen Konzertpianisten gibt und Jerry, die Maus im Flügel ihr Nachtlager aufgeschlagen hat, oder? Jene, wo der fesch rausgeputzte Kater die 2. Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt, begleitet von einem unsichtbaren Orchester, gibt, oder zumindest, zu geben versucht, bis der unvermeidliche Wickel mit Jerry eskaliert? Ich persönlich kann mich an das erste Mal gut erinnern, als ich diese Folge als kleiner Knirps ansah (sie entstand übrigens 1947, gewann den OSCAR in der Kategorie „Bester animierter Kurzfilm“). Ich kringelte mich vor Lachen.

Henry E Steinway gründete 1853 das Unternehmen.

Etwa vier Jahre nach mir sah ein zweijähriger Knirps im chinesischen Shenyang die nämliche Folge von Tom & Jerry. Und war offenbar noch viel begeisterter davon als ich. Der Name des Jungen war Lang Lang und derselbe ist heute einer der bekanntesten und besten Klavier-Virtuosen dieser Welt.

Steinway-Künstler

Müßig zu erwähnen, dass Lang Lang Steinway-Künstler ist. Er gehört damit zu einem hochelitären Club zahlreicher Piano-Virtuosen quer durch alle Musikstile. Zu einer „Familie“ von 1800 Künstlern. Von Rudolf Buchbinder bis Don Airey, von Martha Argerich bis Ivo Pogorelich, von Arthur Rubinstein bis Vladimir Horowitz – sie alle spielen oder spielten Steinway. Und vermengten die ganz persönliche, musikalische Energie, die sie mit ihren Fingern zu erzeugen vermögen, mit dem einzigartigen, glasklaren, ungemein deutlichen Sound der Klaviere aus Hamburg und New York (Queens).

Die Exaktheit der Instrumente, ihre unbestechliche Brillianz und ihre harte Klangeleganz machen sie nicht unbedingt zu schnellen Freunden von blutigen Anfängern. Aber sie fordern heraus, holen viel aus dem ambitionierten Pianisten hervor und werden nicht zuletzt ob ihrer glasklaren Interpretation des Klavierspiels besonders von Profis und solchen, die es noch werden wollen, zur ersten Wahl. Was uns relativ unverblümt zum Thema „Spirio“ bringt, einer Steinway-Technologie, die auf dem Klaviermarkt bislang ihresgleichen sucht.

Steinway Spirio R

In der ausverkauften, Hamburger Elbphilharmonie wurde eine durchaus große Schar geladener Gäste aus Wirtschaft, Prominenz und Kunst Zeuge einer eindrucksvollen Premiere. Man lauschte einem Konzertflügel – bisher nichts ungewöhnliches. Bloß spielte er von selbst, im tollen, großen Saal des Hauses. Ein paar Ecken weiter, im Hamburger Werk von Steinway and Sons, saß Lang Lang ebenfalls an einem Flügel, und wurde per Videoschaltung zugespielt. Er spielte live, allerdings im Werk. Und der Spirio R in der „Elphie“ reproduzierte exakt und ohne jeden Zeitverlust, was der Künstler im Werk intonierte.

Lang Lang ist leidenschaftlicher Steinway-Spieler. 
Spirio R mit iPad-Steuerung

Die Premiere klappte reibungslos, das Publikum war begeistert und erste Reaktionen auf das Geschehen beantworteten schnell die möglicherweise im Raum stehende Frage, wer denn sowas brauchen würde, wo man den Herrn Lang doch auch direkt in die Elbphilharmonie hätte bringen können. „Spirio, mit seinen umfangreichen Möglichkeiten, soll die Besitzer unserer Instrumente dazu inspirieren, ihr eigenes Klavierspiel in ein weltweites Netzwerk von Pianisten und eine Bibliothek von unzähligen Stücken zu integrieren“ bringt Guido Zimmermann, Managing Director für Steinway & Sons Europe, auf den Punkt. Per Ipad – das mitgeliefert wird – kann man sich und seinen Flügel mit einer tatsächlich eindrucksvollen Bibliothek an Musiken aller Stilrichtungen connecten, die das Klavier unter Nutzung seiner eigenen Mechanik hochauflösend wiedergibt. Als Erweiterung wird die Spirio r-Technik geliefert, die es zusätzlich zu allen Spirio-Funktionen ermöglicht, auch sein eigenes Klavierspiel aufzunehmen, wiederzugeben und sogar, es zu editieren.

Rückblende in das Jahr 1836. Der Kirchenorganist und Möbeltischler Heinrich Engelhard Steinweg baut in seiner Küche in Seesen seinen ersten Flügel, das sogenannte „Küchenklavier“, das es heute noch gibt. 1850 emigrieren Steinweg, seine Frau und sieben seiner Kinder in die USA aus, aus Heinrich Steinweg wird Henry Steinway, nach ein paar Jahren Arbeit in verschiedenen Klavierfabriken wird 1853 in Manhatten das Unternehmen „Steinway & Sons“ gegründet. Schnell kommt die neue Firma zu Erfolg und wächst, nach dem Tod des Firmengründers 1874 führen seine Söhne das Unternehmen fort, vor allem William Steinway entwickelt ein feines Gespür für Marketing und schafft mit der Gründung der „Steinway Halls“ Konzertsäle die geeignete Infrastruktur. Bereits 1880 wurde der Standort Hamburg eröffnet, ab 1906 wurde ebendort komplett produziert. Er gilt seither gemeinsam mit New York (der aktuelle Standort in Queens wurde 1995 bezogen) als Hauptproduktionsstätte von Steinway Klavieren.

Der Standort New York beliefert aktuell die Märkte in Nord- und Südamerika, Hamburg ist für den Rest der Welt zuständig, wo man an zahlreichen Standorten Repräsentanzen beliefert. Die Wiener Repräsentanz wird seit 2019 vom Mutterhaus in Hamburg direkt betrieben, was die Bedeutung der Kulturstadt Wien für das Unternehmen herausstreicht. Anläßlich der Wiedereröffnung des Schauraumes am Ring in unmittelbarer Nähe zur Staatsoper stellte Tobias Schröter, Geschäftsführer der Steinway Austria GmbH, klar: „Unser Ziel ist es, in Wien, der Kulturhauptstadt für Musik, einen Showroom am Opernring so zu gestalten, dass die Welt der Musik und der wunderbare Klang eines Steinway Flügels zelebriert wird. Er soll gerade deshalb unterstützend als Plattform und Anlaufstelle für den Austausch von Künstlern dienen, ein Ort, bei welchem das Musizieren im Vordergrund steht.“ Viel Liebe und Know How wurde daher in die Gestaltung eines Schauraumes gesteckt, der easy zum Konzertsaal umfunktioniert werden kann, was in hübscher Regelmäßigkeit geschieht. Die Tradition der „Steinway Halls“ findet so ihre artgerechte Fortführung im geeigneten Ambiente.
Falls Sie nun Laune bekommen haben, empfehlen wir weiterführende Beschäftigung mit der Materie: Den eingangs erwähnten Tom & Jerry-Clip sehen Sie hier: