AKUT
Erdbeben in Österreich
In Anbetracht der jüngsten Ereignisse in der Türkei leben wir ja wirklich, bezüglich Erdbeben, auf der sprichwörtlichen „Insel der Seligen“. Oder doch nicht?
Text: Christian Jandrisits Fotos: pixabay/Jandrisits
Fakt ist, dass die Erde in Österreich in den letzten 14 Tagen (heutiger Stand 8. Februar 2023), laut seismischem Stationsnetz der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 19mal gebebt hat. Haben sie nicht mitbekommen? Ja, kann sein – mehr als dass vielleicht irgendwo ein Luster gewackelt hat wird auch nicht gewesen sein ….
Am 25. Jänner 1348 hätten Sie es aber garantiert mitbekommen. Da sind alleine in Kärnten 37 Burgen eingestürzt und das Kloster Arnoldstein wurde dem Erdboden gleichgemacht. Am Dobratsch kam es auf Grund des Erdbebens zu einem songenannten großen Bergsturz , der den Fluß Gail aufstaute und dadurch zu massiven Überschwemmungen beitrug (als wäre das Beben nicht schon schlimm genug gewesen).
Laut dem Geistlichen Andreas von Regensburg (1380-1438) wurde Villach de facto vernichtet und das obwohl das Epizentrum in Friaul/Italien angenommen wird!
Apropos Friaul – beim furchtbaren Beben am 6. Mai 1976, bei dem 45.000 (!) Häuser, bzw. Wohnungen einstürzten, 989 Menschen ihr Leben verloren, waren die Erdstöße bis nach Bayern zu verspüren …
Doch zurück nach Österreich – Erdbeben in Ried am Riederberg – Dienstag, den 15. September 1590, Auswirkungen auf Wien: Es gibt fast nur Berichte über die klerikalen Schäden, welche besagen dass die Türme der Michaeler- und der Schottenkirche einstürzten, zusätzlich kam es zu massiven Schäden an der Jesuitenkirche. Maria am Gestade, die Kirche des Klosters St. Laurenz, die Johanneskirche, das Dominikanerstift, die Burg, das Nikolaikloster, die Malteserkirche, der Seitzerhof, der Passauer Hof, der Bischofshof und das Himmelpfortkloster wurden ebenfalls schwerstens beschädigt ….
Die bürgerlichen Schäden wurden eher allgemein gehalten, so spricht man von hunderten eingestürzten Rauchfängen und da der Wiener gerne isst und trinkt wurde folgender Bericht etwas detailierter überliefert:
Daß das Gasthauß bey der gülden Sonnen eingangen/ die Wirtin/ vnd jre Schwester/ sampt sieben Oberlendischen Kaufleuten verschütt/ die man also todt gefunden…(Marcus Volmarius, 1591)
– sprich, ein Gasthaus in der Rotenturmstraße ist eingestürzt und es sind 9 Tote zu beklagen! – wie es dem Rest von Wien, bzw. dem Wiener ging kann man sich nur ansatzweise vorstellen …
Das Erdbeben von Ried am Riederberg ist, historisch gesehen das wahrscheinlich am besten erforschte heimische Beben, kam es doch Mitte der 1970er Jahre, im Zuge der Bauarbeiten am Atomkraftwerk Zwentendorf (welches in der Nähe des angenommenen Epizentrums liegt), zu heftigen Diskussionen zwischen Atomkraftgegnern und -befürwortern.
16. April 1972, Seebenstein/NÖ – Dieses Erdbeben war so stark, dass sich auf der Hohen Warte die Nadel vom Seismographen löste, immerhin 60 km vom Epizentrum entfernt … Neben den freiwilligen Dorffeuerwehren verzeichnete alleine die Wiener Feuerwehr 400 Einsätze (beschädigte Gebäude, eingestürzte Schornsteine, etc.) … nur dem Leonard Bernstein war das „wuascht“, der dirigierte unbeirrt und unbeeindruckt das Orchester im Wiener Musikverein weiter ….
Es ist jetzt 51 Jahre her, seit dem letzten sogenannten starken Erbeben in Österreich. 1201 wurde das erste verzeichnet, seitdem kam es 34mal zu massiven Erschütterungen in unserem Heimatland.
Wenn sie das nächste mal wandern gehen, denken sie daran, dass die Alpenregion nichts anderes als eine Aufwerfung der tektonischen Platten ist …
Wenn sie das nächste mal eine unserer heimischen Thermen besuchen, dürfen sie sich selbst die Frage beantworten, warum das Wasser so heiß und der Geruch so schwefelig …
Die tektonische adriatische Platte wird sich weiterhin in unsere Richtung verschieben und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder mal ordentlich rumpelt in Österreich. Aber nun zu den Good News: Aufgrund der doch sehr soliden Bauweise in Mitteleuropa und den gehobenen Standards der EU diesbezüglich, halten Bauwerke in Österreich auch stärkere Erdbeben gut und mit geringen Beschädigungen aus. Pech kann man freilich trotzdem haben. Womit wir beim berühmten, sprichwörtlichen „Stein am Schädel“ landen.