STIL
Die Highlights der WATCHES AND WONDERS 2023
Pandemie, Krise, Tristesse – in der Luxusuhrenbranche alles vorbei. Wir zeigen die Highlights der Watches and Wonders 2023
Text: Manfred Wolf/Fotos: Hersteller
Die 2023er-Ausgabe der traditionellen „Watches & Wonders“ Uhrenmesse – im schweizerischen Genf, also mitten im Epizentrum der Haute Horlogerie situiert – verzeichnete jedenfalls ein Fachbesucher-Plus von über 50 Prozent. Zudem waren rund 1.400 Journalisten vor Ort akkreditiert, und der WIENER durfte in den sogenannten „Touch & Feel“ Sessions die Finger an schönste, spektakulärste oder schlicht teuerste Neuerscheinungen des Uhrenjahres 2023 legen. Im Folgenden eine ganz subjektive Auswahl von zehn Zeitmessern, die es uns besonders angetan haben.
Grand Seiko Tentagraph Chronograph
Japanische Handwerkskunst gilt in vielen Bereichen als das absolute Non-Plus-Ultra. Wer einmal eine Grand Seiko am Handgelenk hatte, der weiß, dass dies auch für die Uhrmacherei gilt. Mit der „Tentagraph“ kommt nun der erste rein mechanische Chronograph aus dem Hause Grand Seiko und neben dem mit viel feinen Details überzeugenden Design der 43,5 Millimeter großen Uhr sprechen auch die technischen Eckdaten für die Investition von 14.300,- Euro: das für Grand Seiko typische High-Beat-Kaliber 9SA5 bildet die Basis für das Tentagraph-Werk 9SC5, und so überrascht es nicht, dass auch dieses zehn Mal pro Sekunde schlägt, um höchste Ganggenauigkeit zu erreichen. Dabei ist es so energieeffizient, dass die Tentagraph mit drei Tagen die aktuell höchste Gangreserve eines 10-Takt-Chronographen bietet.
IWC Ingenieur Automatic 40
Bei IWC stand natürlich die Neuauflage der Traditions-Uhr Ingenieur im Mittelpunkt. Seit den 1950er-Jahren im Programm, besorgte der legendäre Uhrendesigner Gerald Genta in den 1970er-Jahren den futuristischen Look der Ingenieur, der bestens mit einer damals ebenso fortschrittlichen Technik harmonierte. Magnetfeldschutz und Automatikwerk sind beispielsweise bis heute feste Bestandteile der IWC Ingenieur, welche nun auf das hauseigene Kaliber 32111 vertraut und damit 100 Meter Wasserdichte sowie fünf Tage Gangreserve aufweist. Extrem gelungen ist das Design, das die richtige Balance zwischen Retro-Look und Moderne findet. In Stahl kommt die neue IWC Ingenieur in drei Farben (Schwarz, Weiß und, mutig, Aqua) um jeweils 10.200,- Euro, die Titan-Version hat ein graues Ziffernblatt und kostet 15.900,- Euro.
Oris ProPilot X Kermit Edition
„Hier ist ein einfacher Rat: Sei immer du selbst. Und nimm dich selbst nicht zu ernst.“ Auch wenn dieses Zitat von Kermit, dem berühmtesten Frosch der Welt, nicht ganz vollständig ist: es bringt gut auf den Punkt, was uns Oris mit der 39 mm großen ProPilot X Kermit Edition mit auf den Weg geben möchte. Doch damit nicht genug: die 4.400,- Euro teure Titan-Uhr mit froschgrünem Ziffernblatt, hauseigenem „Kaliber 400“ Werk und fünf Tagen Gangreserve zeigt am Ersten des Monats statt dem Datum Kermits Konterfei. Was den Träger der Uhr daran erinnern soll, sich diesen Tag – oder zumindest ein paar Stunden – eine „Me-Time“ zu gönnen, sich also ausschließlich um sich selbst und seine Bedürfnisse zu kümmern. In Zeiten wie diesen eine äußerst sinnvolle und wichtige Botschaft – danke Kermit, ähm, Oris!
Rolex Oyster Perpetual Yacht Master 42 RLX Titanium
Sollen wir an dieser Stelle einen humorigen Einstieg wagen und spekulieren, wie lange die Wartelisten für die neue Yacht Master sein werden? Okay, sparen wir uns, aber man darf davon ausgehen, dass auch die neueste Kreation aus dem Hause Rolex nicht so einfach beim Konzessionär des Vertrauens auf Zuruf verfügbar sein wird. Gründe dafür gibt es genügend. Beispielsweise das völlig neue Tragegefühl einer leichten Rolex Sportuhr. Denn auch wenn als Herz der Yacht Master aus Titan das bewährte, automatisch Kaliber 3235 schlägt, so ist das 42 Millimeter große Gehäuse ungleich leichter als alles, was bislang vom wohl berühmtesten Uhrenhersteller der Welt zu haben war. Und natürlich versucht Rolex auch bei seiner ersten „massentauglichen“ Titan-Uhr, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden. Dieses hört auf das Kürzel „RLX“ und steht für den Schleif- und Polierprozess, der Gehäuse und Oyster-Band der Yacht Master 42 ein spezielles, Rolex eigenes Finish verleiht. 13.900,- Euro.
Tudor Black Bay 41 mm
Tudor gibt unverändert Gas – neben der komplett neuen Manufaktur im schweizerischen Le Locle gibt’s den Tudor-Klassiker Black Bay 41 mm nun mit zahlreichen Neuerungen und Detailverbesserungen. Im Edelstahlgehäuse schlägt als Herz das Manufakturkaliber MT5602-U, der Sekundenzeiger erhielt ein neues Design, außen gibt’s die 2012 eingeführte, mit intensivem Bordeauxrot klar wiedererkennbare Lünette, und sowohl an ihr als auch an der Krone wurde die Riffelung deutlich gröber. Die spektakulärste Neuerung ist aber sicherlich die METAS-Zertifizierung, die noch einmal deutlich strengere Kriterien an eine Armbanduhr anlegt, als die ebenfalls schon ziemlich genaue COSC („Contrôle officiel suisse des chronomètres“) Prüfung. Somit darf sich die Tudor Black Bay 41 mm in ihrer dritten Generation ab sofort nicht bloß Chronometer, sondern „Master Chronometer“ nennen, wie auch auf dem Ziffernblatt zu lesen ist. Für so viel Qualität ist der Preis, wenn auch gestiegen, nach wie vor äußerst attraktiv: 4.300,- beziehungsweise 4.400,- Euro, wenn das (schönere) Jubilee Band gewählt wird.
TAG Heuer Aquaracer Professional 200 Roségold
Ja, TAG Heuer feiert 60 Jahre Carrera, eine absolute Armbanduhrenlegende. Natürlich gibt es aus diesem Anlass zahlreiche neue (und sehr schöne) Modelle, unter anderem auch die erste Glassbox-Carrera mit Tourbillon. Doch die wirkliche Schönheit bei TAG Heuer war in diesem Jahr die Aquaracer Professional 200 mit Voll-Roségold-Gehäuse. Dazu kombiniert man ein gebürstetes schwarzes Ziffernblatt mit Raucheffekt, Indizes aus Roségold mit Super-LumiNova, das ebenso auf den Zeigern zu finden ist, eine schwarze Krone und ein schwarzes Kautschukband. Im Inneren arbeitet das COSC zertifizierte, hauseigene Uhrwerk TH31-00 mit einer Gangreserve von etwas mehr als drei Tagen. Klar, dass so viel Schönheit ihren Preis hat, nämlich 18.650,- Euro.
Zenith Pilot Big Date Flyback Ceramic
Der schönste Fliegerchrono? IWC Fliegeruhr Chronograph Top Gun, eh klar. Moment, nicht so schnell! Bei Zenith feiert der Fliegerchronograph in Form der Pilot Big Date Flyback Ceramic ein famoses Comeback. Im 42,5 Millimeter Keramikgehäuse mit übergroßer Krone und schwarz gewelltem Ziffernblatt steckt der Hochfrequenzchronographenkaliber El Primero 3652, Großdatum und Flyback-Funktion ebenso inklusive wie zweieinhalb Tage Gangreserve und 100 Meter Wasserdichtigkeit. Schön sind die austauschbaren Armbänder, deren zwei mit der Uhr geliefert werden: entweder schwarzer oder khakifarbener Kautschuk mit Cordura-Effekt. Bei so viel Positivem geht Zenith preislich selbstbewusst zur Sache und ruft mit 14.500,- Euro gleich einmal deutlich mehr auf, als IWC für seinen Fliegerchrono.
U-Boat Darkmoon 44MM PVD BK Curve Aquamarine
Ein Schelm, wer jetzt an Panerai oder gar Ressence denkt. Zugegeben, gänzlich unähnlich sind so manche Modelle der in Italien erdachten Zeitmesser von U-Boat ihren wesentlich teureren und exklusiveren Landsuhren nicht. Aber im Falle der 44 Millimeter großen „Darkmoon“ Serie geht’s viel eher um ein optisch außergewöhnliches Erscheinungsbild, als um hochgestochene Technik. Da verwundert es dann auch nicht, wenn sich hiermit ausnahmsweise ein Quartz-Wecker in die Welt der Luxusuhren verirrt. Aber die einzigartige Optik der PVD beschichteten Uhr, in deren Inneren ein spezielles Öl samt eingeschlossener Luftblase für einen ganz besonderen 3D-Effekt unterm Saphirglas sorgt, sichert ihren Platz in vornehmer Gesellschaft. Dank zehn Farbvarianten, vier davon (inklusive Aquamarine) und 50 Meter Wasserdichtigkeit absolut für den kommenden Sommer geeignet, machen gute Laune. Die EU-Preise kommen erst, es darf aber mit rund 1.200,- Euro gerechnet werden.
Panerai Radiomir California
Die Radiomir, 1935 erste Armbanduhr von Officine Panerai, war für alle Fans von Retro-Look am Handgelenk schon immer eine verlässliche Option. Mit der jüngsten Überarbeitung haben sich die Italiener mit Produktion in der Schweiz aber selbst übertroffen. Im nun 45 Millimeter großen Gehäuse aus eSteel (Edelstahl aus bis zu 95 Prozent recyceltem Stahlschrott), das zunächst PVD beschichtet und dann in einem aufwändigen, händisch durchgeführten Bürstprozess verwittert wird, schlägt das hauseigene Manufakturkaliber P.5000. Acht Tage Gangreserve und 100 Meter Wasserdichtigkeit sind dabei das eine, die gebläuten Zeiger, das braune Armband und vor allem das in dunklem Grün gehaltene Ziffernblatt mit beigefarbener Superluminova und halb römischen, halb arabischen Ziffern sind das andere, spektakuläre Detail dieser herrlichen, 12.500,- Euro teuren
Retro-Uhr.
Rebellion Predator S Carbon Glow
Nachdem der Gründer und Besitzer von „Rebellion Timepieces“, der Schweizer Alexandre Pesci vom Langstreckenrennsport genug hatte, ist er mit seinem Rennteam nun bei der Rallye Dakar aktiv, was bedeutet, dass er auch selbst ins Lenkrad greift. Daneben hat er noch genügend Zeit, um sich seiner kleinen, aber feinen Uhrenmanufaktur anzunehmen und wilde Dinger wie die „Rebellion Predator S Carbon Glow“ rauszuhauen. In einem speziellen Verfahren werden in die unzähligen Carbonfaser-Lagen LumiNova-Pigmente injiziert, danach wird das Ganze zum Carbon-Block gepresst und anschließend per CNC-Fräse ein Gehäuse ausgeschnitten. Was übrig bleibt, ist die Basis für eine der wohl spektakulärsten Uhren der Gegenwart, wenngleich mit recht herkömmlicher Automatik-Technik: zwei Tage Gangreserve, 42 Millimeter Durchmesser, 50 Meter Wasserdichtigkeit. Trotzdem würden wir dafür jederzeit circa 24.300,- Euro bezahlen, so wir könnten.