KULTUR
„Kunst ist genau das Refugium, wo es darum geht, subversiv sein zu können“ – Regisseur Martin Gruber im Interview
Das mehrmals ausgezeichnete aktionstheater ensemble feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Gefeiert wird mit einem einzigartigen Theater-Projekt: „Vier Stücke gegen die Einsamkeit“ fasst – nomen est omen – vier erfolgreiche Bühnenstücke der vergangene Jahre zusammen. Ein Gespräch mit Regisseur Martin Gruber über die Neubearbeitung der Tetralogie, warum die Furcht etwas Gesundes sein kann und was Männer heute mehr denn je brauchen.
Interview: Neli Peycheva
Herr Gruber, ich bin schon lange auf der Suche nach Verbündeten. Als ich mir aber die „Wunderbare Zerstörung des Mannes“ (der 1. Teil der Tetralogie, Anm. der Red.) angeschaut und es auch gespürt habe, wie nach der dritten Minute die unsichtbare Wand zwischen mir, als einem Teil vom Publikum, und der Bühne auf einmal verschwand – ich war unter den Zuschauern und zugleich auf der Bühne unter den Darstellern –, genau in dem Augenblick hatte ich das Gefühl, am richtigen Ort zu sein.
Das freut mich wahnsinnig! Eine Zuschauerin hat mir eine Mail geschrieben und sie hat gesagt, dass sie ihre Jungs, also ihren Mann und Buben besser versteht, das hat mich wirklich wahnsinnig gefreut!
Es gibt Wege im Leben, die können ganz unterschiedlich sein, doch einer von ihnen zeichnet sich besonders ab, und nämlich, der richtige, wenn wir überhaupt von richtig und falsch sprechen können. Castanedas Don Juan nennt ihn „den Weg mit Herz“. Sind Sie auf dem richtigen Weg?
Ja, ich hoffe. Ich glaube das. Was wir vorher angesprochen haben, dass wir im Teil das Ganze sehen, ist ein ziemlich wichtiger Ansatz. Es ist ein sehr wichtiger Ansatz, dass man keine „vierte Wand“ aufbaut, dass man sagt „Okay, wir spielen da, und ihr dürftet mal zugucken oder nicht“, sondern, dass von vorne an so gearbeitet wird, dass eben diese Beziehung aufgebaut wird. Einer der wichtigsten Punkte, und das beginnt bei der Besetzung, aber auch grundsätzlich bei der Arbeit – für manche klingt es kitschig, aber ich bin fest davon überzeugt – ist Empathie, und nur diese Empathiefähigkeit bringt mich letztlich zu einem Verständnis. Empathiefähigkeit heißt, dass ich es zumindest versuche, mich auf mein Gegenüber einzulassen, ohne es im Vorfeld schon glauben zu wissen, was diese Person denkt. Im Theater hat man die Möglichkeit, den Moment zu kreieren, der Moment ist mir sehr wichtig, dass es jetzt passiert. Dieses Jetzt hat genau etwas mit dieser Empathie zu tun, d.h. nur wenn dieses Jetzt sozusagen versucht wird zu generieren, kann mich empathisch auf das Gegenüber einlassen, ansonsten weiß ich oder meine ich schon von vornerein zu wissen, was eh schon klar ist oder ich lese diese Person so und diese so, ich stehe politisch da, und der steht dort, und dann passiert genau eine Perpetuierung von Allem und geht immer gleich weiter. Also, insofern ja, diese Empathie ist wichtig. Empathie heißt letztlich für mich am Theater, dass man bei sich selber beginnt, dass man sagt „Okay, ich bin ein bisschen daneben, du bist ein bisschen daneben, fangen wir mal so an“, und nicht „Ich erkläre Ihnen jetzt die Welt“, also das ist mir wichtig, niemand die Welt zu erklären.
Braucht man eigentlich nicht viel Mut dafür?
Das weiß ich gar nicht, ich weiß gar nicht, ob das Mut ist. Vielleicht braucht man für die Lüge mehr Mut oder mehr Energie.
Weil es anstrengender ist?
Es ist anstrengender. D.h. wenn ich versuche meine Anteile in mir selber kennen zu lernen, dann ist es eh eine Form von Entspannung, den anderen darüber zu verstehen, das heißt aber nicht, dass ich keine Haltung habe, das ist mir schon sehr wichtig, ich glaube, es ist schon relativ klar, dass es um eine bestimmte Haltung geht, die ist sicher nicht rechts (lacht), das ist auch klar. Man fragt mich immer wieder „Wenn Sie jetzt das sagen, was ist die Moral oder was will man vermitteln?“ Im Prinzip, würde ich sagen, wenn ich eine fertig formulierte Moral habe, dann weiß ich eh schon oder meine ich schon zu wissen, wo es langgeht, das weiß ich aber nicht.
aktionstheater ensemble existiert schon seit 30 Jahren. Ihr Blick war zuerst auf klassische Stücke gerichtet, seit 2009 arbeiten Sie mit authentischem Material. War diese neue Richtung von Ihrem Interesse an der Gegenwart provoziert und was ist das Faszinierende an der Gegenwart?
Ja. Ich habe griechische Klassiker und auch den ganzen Büchner inszeniert, das sind alles wunderbare Stücke und da geht es um Konflikte, die auch eine gewisse Zeitlosigkeit haben, aber irgendwann bin ich drauf gekommen, dass die Schauspielerinnen – das waren damals 3 Frauen, mit denen ich begonnen habe so zu arbeiten – so viel von sich zu erzählen haben, das Jetzt über den klassischen Gossip hinausgeht, dass jeder Mensch in der Konsequenz so viel von sich zu erzählen hat, dass das ein weites Land ist, das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist der: wenn man zurückblickt und sich die Literaturgeschichte anschaut, war es fast immer ein direktes Reagieren. Da hat man selten Klassiker gespielt, das ist eigentlich eine Erscheinung des 19. – 20. Jh, eher neu. Für mich ist es eigentlich grundsätzlich wichtig – das habe ich auch mit den Klassikern versucht – das Jetzt zu spielen, wir leben ja jetzt. Was momentan politisch passiert, da irgendwie nicht darauf zu reagieren, das ist auch ein politisches Statement, allerdings geht das in eine andere Richtung (lacht).
Teilnahmslos kann man da nicht bleiben?
Nein, kann man nicht. Da kann ich sagen, na ja, wenn ich mich jetzt für die Operette entscheide, dann sage ich „Ja, okay, ist dein Bier“, aber was hat das mit mir zu tun? Ich will wissen, was das mit mir zu tun hat. Das heißt nicht, dass man nicht auf Literatur zurückgreifen kann, das will ich nicht so apodiktisch sagen, aber letztlich interessiert mich das Jetzt, das ist der eine Punkt, aber nicht im Sinne, sage eines Doku-Theaters oder dass man sagt „Aha, das ist jetzt passiert und das ist echt“, sondern natürlich die totale Verdichtung. Ich glaube an Rhythmik, ich glaube an Überraschung, an Verführung, und das sind alles klassische Theatermittel, die ich für wichtig halte. Mir geht es um Verdichtungen, die etwas Drittes aufmachen, das ich noch nicht kenne.
Heißt das, dass Sie den Menschen ins Zentrum rücken, gleich im Sinne der aufklärerischen Idee?
Ja, ja.
Das ist eine große Erleichterung für mich! Der Mensch ist also doch wichtig, der Mensch ist nicht überflüssig!
Nein, wirklich nicht! (lacht) Um ihn geht es ja im Theater, es sind Schauspielerinnen und Schauspieler, die auf der Bühne spielen und denen gilt meine Liebe, eh klar!
Sind die vielen Auszeichnungen und Nominierungen des aktionstheater ensemble nicht ein deutlicher Beweis auch für die Liebe des Publikums? Für große künstlerische Leistung und feines Gespür für gesellschaftlich-politische Problematik? Was kann man sich eigentlich mehr wünschen?
Ja, das freut mich auch. Was mich eigentlich am meisten freut, ist dieser Weg – ich habe auch in großen klassischen Häusern inszeniert, in klassischen Theaterbetrieben, und habe mich letztlich für meine Kompanie entschieden, weil ich das Gefühl hatte, ich kann einfach viel weiter gehen, viel radikaler arbeiten. Die Leute, die sich bei mir bewerben, die wollen das und das ist ein Miteinander. Wir wollen gemeinsam, das ist der Punkt. Das freut mich sehr, dass diese Rechnung in einem eher konservativen Land wie Österreich aufgeht und ihren Widerhall in der Öffentlichkeit findet. in Österreich gibt es eher Tanzkompanien frei, die international arbeiten oder über den Tellerrand rausgucken, aber im Theater ist das ein bisschen schwieriger. Und dass das jetzt funktioniert, ist schön.
2015 haben Sie „Kein Stück über Syrien“ auf die Bühne gebracht, vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und der sich in der Gesellschaft ausbreitenden Unsicherheit, wie sie mir der veränderten Situation umgehen sollen. Wenn Sie heute dieses Stück neu inszenieren würden, was würden Sie daran ändern?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, der Grundimpetus würde gleich bleiben, es ist ja kein Stück über Syrien, da ging es darum, dass es eben nicht in erster Linie um die AsylbewerberInnen geht, sondern wieder um uns. Auch wenn es um die, die helfen, geht, um diesen Zwiespalt, ist das dieses Ich-Bezogene, schon wieder wir. Und trotzdem ist das gut, was Michaela da gemacht hat, es ist gut, Punkt. Und dieser grässliche Begriff vom Gutmenschen, dass es ein Schimpfwort sein kann, das ist so absurd, das sagt sehr viel über unsere Zeit aus.
Und wie wir miteinander umgehen?
Ja, und wie wir miteinander umgehen. Also, ist es nicht gut gut zu sein oder was? Das ist der eine Punkt. Was ich wahrscheinlich, um die Frage letztlich zu beantworten, anders machen würde, ist diese Stimmung, dass geholfen wird, das hat sich ziemlich verflüchtigt. Da ist eine relative Agonie, da haben sich sehr, sehr viele zurückgezogen, und darauf würde ich eingehen, auf diese Veränderung der Stimmung.
Meinen Sie die Apathie, die sich ausbreitet?
Ja, es hat etwas Apathisches und Gelähmtes. Das nächste Stück, dass ich mache, heißt „Wie geht‘s weiter? Die gelähmte Zivilgesellschaft“ (als Untertitel). Das ist mir auch ein Punkt. Bei den Rechten würde ich mich nicht wahnsinnig viel aufregen, weil das ist einfach ekelhaft, gibt’s nicht mehr zu sagen. Aber was ist mit den Anderen? Was passiert jetzt da? Die Opposition ist im Tiefschlaf versunken oder streitet sich, da geht es nur noch um Eitelkeiten, und wo ist da der Spirit?
Angst wird in Ihren Arbeiten häufig thematisiert, verstehen Sie Angst als Komponente des menschlichen Wesens oder eher als Instrument zur Unterdrückung und Manipulation? Kann man die Angst – ihre unterschiedlichen Formen – überhaupt überwinden?
Ganz kann man sie nicht überwinden, weil wahrscheinlich die Angst, also nicht die German Angst, aber die Furcht ist durchaus was Gesundes. D.h. ich muss mich schon ein bisschen fürchten, sonst gehe ich einfach über die Straße, wenn ein Auto kommt, also ich brauche da schon ein gewisses Korrektiv. Ich habe schon Angst vor Menschen, die sich vor gar nichts fürchten. Das ist der eine Punkt. Die Hillary Clinton hat mal gesagt „Was würde Ich tun, wenn ich keine Angst hätte?“ Das ist der andere Aspekt. Die Frage ist, wo ist die Angst neurotisch, wo geht es darum, sozusagen, mich vorzufürchten, also ich fürchte mich mal schon zur Sicherheit vor vor einer Invasion von Flüchtlingen oder was auch immer, ich fürchte mich erstmals vor und arbeite auf der politischen Seite natürlich massiv damit oder es gibt so was wie eine Furcht, die mir in diesem Moment gut tut, weil sie mich von was abhält, das ist ein direktes Reagieren auf den Moment. Die Furcht wurde dort neurotisch, wo sie abstrakt wurde.
Ehrlich gesagt, habe auch ich viele Ängste: vor der Dummheit, vor der Oberflächlichkeit, vor der Bequemlichkeit, vor der Anpassung …
Ich kenne das von mir auch. Ich bin ein ziemlich ängstlicher Mensch, also ich fürchte mich sogar vor einer Blindschleiche, weil ich im ersten Moment glaube, es ist eine Schlange (lacht). Das ist der eine Punkt, ich bin durchaus auch ein neurotisches Kund dieser Zeit, das gebe ich auch zu und das schlachte ich auch schamlos aus auf der Bühne, das ist okay. Und dieses Ausschlachten ist auch eine Form von Katharsis. Es gibt eine Waffe gegen die Angst, das ist der Humor, und den mag ich auch sehr (lacht). Das sind die zwei Energien, die kämpfen in mir, und ich helfe mir dadurch, durch Ironie und Humor, das ist meine Waffe.
Gehen nicht Humor und Selbstironie mit Intelligenz einher?
Hoffentlich ja, aber das haben Andere zu beurteilen (lacht).
In „Immersion. Wir verschwinden“ werden Ängste pointiert künstlerisch inszeniert. Es geht um die Angst vor der Oberflächlichkeit, um die Entsolidarisierung in der Gesellschaft, um die Realitätsflucht… Ist die Angst vor der Realität größer als die potenziellen Chancen, die im Versuch stecken, die Realität zu verändern?
Ich glaube, die Veränderung kann immer mehr als die Angst. Ich könnte es mir nicht vorstellen, dass wir sonst überlebt hätten. Ich war einmal bei einem Vortrag von Dalai Lama und da hat eine Frau ihn gefragt, ob er denn glaubt, dass sich die Dinge en allant zum Besseren wenden würden oder eher zum Schlechteren, und dann hat er wiederum die Queen Mum zitiert und gesagt „Ja, es ging immer wahnsinnig runter, es gab immer unglaubliche Tiefs und Täler, aber letztlich ging’s nach oben“. Also das glaube ich schon. Das hindert uns aber nicht daran, diese Neurosen, von denen wir vorher gesprochen haben, in der Gesellschaft, diese neurotische Angst transparent zu machen. Weil das andere ist Oberfläche, das andere ist ein Verdrängen, und Verdrängen macht die größte Angst, weil sie dann nach unten geht, wenn ich sie von der Oberfläche wegnehme. Das glaube ich auch, das erlebe ich ganz massiv bei Männern – wenn wir mal wieder bei diesem Thema sind –, es ist eben dieses Verdrängen „das darf ich jetzt nicht, das lasse ich erst einmal nicht zu“.
Wenn wir über Humor sprechen, was sagen Sie denjenigen, die sich zu ernst nehmen?
Dass es extrem entspannend ist, über sich zu lachen (lacht).
Vielleicht gelingt es einem, sich dann auch besser zu verstehen, gerade in dem Augenblick?
Ja, ich bin fest davon überzeugt (lacht).
„Unsere Welt ist die wahre“, sagt Watzlawick, „verrückt, verlogen, illusorisch, verschroben sind die Welten der anderen“. In „Ich glaube“ sind die Darsteller in einem Netz aus Selbstgesponnenen oder mehr oder weniger von außen eingeprägten Sichtweisen verwoben. Gibt es darin überhaupt Platz für Mitgefühl?
Das ist ja die Gefahr. Ich glaube, dass ein fertiges Konzept – Christentum, Islam, egal, aber auch Ideologie, das ist prinzipiell dasselbe – das versuche ich im Stück auf einer Metaebene klar zu machen –birgt die Gefahr in sich, dass, wenn es vermeintlich oder real in sich eine gewisse Perfektion hat, dass ich das einfach dem anderen überstülpe. D.h. ich habe den Herrgott hinter mir und deswegen darf ich dich umbringen, so eine Philosophie dahinter, und das finde ich gefährlich. Es geht ums Recht haben, in der Religion, aber genauso in der Ideologie, und das ist die Gefahr. Und die lässt das Mitgefühl nicht zu, weil dann sage ich, das ist das richtige Konzept. Reagieren mit Gefühl heißt, dass ich den Anderen mein Konzept nicht überstülpe, sondern ihnen zuhöre, und vielleicht bleibt dann mehr als der kategorische Imperativ. Das Ideologische für mich ist diese Härte, weil ich nur bei mir bin und sage „so sieht das Christentum aus, so sieht der Islam aus, so sieht der Kommunismus aus, so sieht DAS aus“, ich weiß immer, und das lässt genau das Mitgefühl nicht zu. In dem Moment, wo es um Ideologie, um eine feste Struktur geht, bekommst es was Faschistoides, was Totalitäres, und das ist die Gefahr, und das, glaube ich schon, ist was mich vom Mitgefühl abhält.
Würden Sie sich an Huntigtons Vision anschließen über die Einteilung der Welt in Machtzonen je nach der hier oder da vorherrschenden Religion oder Sie glauben eher an ein Ineinanderfließen von Kulturen, unabhängig von dem Glaubensbekenntnis?
Ja, zuerst einmal ja. Was heißt aber Unterschiedlichkeit von Kulturen? Ich drehe es jetzt bewusst um. Gehen wir nach Jerusalem. In Jerusalem gibt es einen Kampf zwischen Palästinensern, Juden, Christen sind ein bisschen außen vor, das war früher. Wenn ich mir diese zwei Kulturen anschaue, dann sage ich mir so: ich wüsste jetzt nicht als Außenseiter, wo die großen Unterschiede sind. Es ist extrem ritualisiert, die Frauen verschleiern sich da, dort ist die Perücke und da ist der Kopftuch. Dann frage ich mich „Ist das wirklich so? Wieso streiten sie sich gerade die, die sie so ähnlich sind?“ Das wäre für mich die Frage. Ich drehe es genau um. Es gibt kulturelle Unterschiede und da muss man natürlich Regeln finden, wie es miteinander aussieht, und nicht einfach nebeneinander, das halte ich für sehr gefährlich. Da ist die Linke ziemlich gescheitert momentan, weil dies Ja-wir-lassen-es-einmal-zu scheitert, ich sage eh nein, es wurden Rechte von Frauen erkämpft in den 70er Jahren, und das haben sie einfach vergessen? Das kann aber wirklich nicht sein! Da kann ich auch sagen: Ne, bitteschön, das sind die Regeln in einer westlichen liberalen Gesellschaft, und ich denke schon, dass man die auch formulieren darf, das hat aber nichts mit der Provenienz oder mit der Herkunft des einen oder anderen Menschen zu tun. Das ist für mich was völlig Anderes. Wir haben Muslime im Ensemble, wir haben Atheisten im Ensemble, wir haben Protheisten im Ensemble, es geht eh alles, dann frage ich mich, wo ist das Problem? Die Frage ist immer: Will ich sozusagen mit meinem Gegenüber in Kontakt treten oder will ich da nicht? Da sind wir wieder bei der Angst. Je simpler die Struktur ist, sprich irdeneine Form von Religion, desto gemütlicher ist es vermeintlich an der Oberfläche, weil ich genau weiß oder meine zu wissen, was richtig oder falsch ist. Ja, mag schon sein, dass es ganz gemütlich ist eine Zeit, nur es funktioniert nicht, weil es nicht stimmt (lacht).
An irgendetwas muss man doch glauben im Leben, nicht? Außerhalb von Glaubensbekenntnissen und Lebensphilosophien?
Natürlich. Auf jeden Fall.
Woran glauben Sie?
Es gibt in „Ich glaube“ in der letzten Szene ein Thema. Ich habe sehr viele Interviews gemacht zu diesem Thema. Egal, ob Atheistin oder ein religiöser Mensch, nach ungefähr ein-zwei Stunden Interview mit theaterfernen Leuten kam es, egal, ob religiös oder nicht, immer, es war ein Phänomen und ich habe nicht damit gerechnet, zu einem Thema, das war die Liebe. D.h. die Liebe als transzendente Form. Insofern glaube ich an das Transzendente, weil es über den Tod des Anderen oder meinen hinausgeht. D.h., wenn jemand sein Kind liebt, dann weiß diese Person oder ist davon auszugehen, dass diese Person dieses Kind im besten Falle nicht überlebt oder, wenn ich etwas schaffe oder eine Brücke baue, dann weiß ich, ich muss sie im besten Falle für die Ewigkeit bauen. Es geht über Meines hinaus. Das ist ein transzendenter Vorgang. Insofern glaube ich an genau das, wobei es immer sehr schwierig ist bei diesem Glauben an die Liebe, im Stück ist es eine Schnulze (lacht), also ich ironisiere es auch gleich wieder bewusst – dahinter ist aber die Sehnsucht, und die ist echt –, das merkt man auch, wir haben es ganz anders arrangiert, wir haben Songs entwickelt, die klingen ganz anders, weil der Komponist ein zeitgenössischer Komponist ist (lacht). Also was ist, wenn der eine, der Benjamin spricht davon mit Schnulzen, und die anderen sind fassungslos, wie man so einen schlechten Geschmack haben kann, dann geht es schon wieder um Glaubensprinzipien: ich habe den besseren Geschmack, ich habe das elaboriertere Weltbild etc. Wenn ich mit dem Begriff der Liebe umgehe, dann ist es im Stück sozusagen der Kitschgehalt, den ich klar mache, weil das Wort so inflationär benutzt wird, dass ich kotzen könnte, das ist der eine Punkt, und der andere Punkt ist immer die Sehnsucht danach, die will ich aber nicht beschreiben, weil die obliegt den einzelnen Betrachtern, das ist deren Sache, wie sie es definieren.
In „Swing. Dance to the right“ werden wir mit Narzissmus, Frauenfeindlichkeit, mit der Entsolidarisierung der Gesellschaft konfrontiert, wobei eine klare Position gegen den Populismus zu spüren ist. Was könnte man doch dagegen tun von der Bühne her?
Populismus ist gefährliche Vereinfachung. Ich versuche in paradoxer Intervention die Vereinfachung so abzufeiern, als kathartischer Akt, bis sie in ihrer Penetranz sichtbar wird. Das kann man tun (lacht). Das dionysische Abfeiern dieses Stumpfsinns, würde ich sagen.
Die französische Psychoanalytikerin Fransoise Dolto äußert sich zu Erziehungsfragen und hat einmal auch gesagt, dass Nachahmung das Gegenteil von Menschwerden ist. Führt die Nachahmung zur Entmündung des Bürgers?
Ja, das kann man genau so sagen, das ist ein sehr schönes Zitat. Nachahmung ist letztlich Simplifizierung auch, weil, wenn ich nachahme, kann ich nicht das ganze Spektrum, den ganzen Kosmos eines Menschen kopieren, das ist absolut unmöglich, also kann ich nur Stereotypen kopieren. Und in diesem Kopieren passiert eine Simplifizierung und diese Simplifizierung ist gefährlich. Sie ist für viele Leute ein Halt, aber sie ist ein fataler Halt-Begriff, und was wir dagegen setzen können ist Diversität und Vielfalt. Je vielfältiger ein Volk z.B. im Parlament gespiegelt wird, desto besser funktioniert die Demokratie. Goethe hat gesagt, der Mensch erkennt im Menschen, was er sei, d.h. der andere/die andere lebt einen Teil von mir aus, den ich vielleicht nicht auslebe, auch nicht ausleben muss, aber diese Person macht es für mich und das macht mich ganz.
In „Swing“ sehen wir schon wieder das Bild des starken Mannes. Klar strukturiert, überzeugt von seiner Richtigkeit, zeichnet er uns einen Weg vor und lässt dabei keine anderen Wahlmöglichkeiten zu. Was braucht man, um sich doch für einen anderen Weg zu entscheiden?
Vertrauen und Humor. Das kommt in „Der Name der Rose“ vor: die Priester haben Angst vor dem Humor. Humor ist subversiv, er ist anarchisch, und das subversive Element brauchen wir schon in der Kunst. Kunst ist genau das Refugium, wo es darum geht, subversiv sein zu können, anarchisch sein zu können, und d.h. zu erfahren in der Konsequenz, alle Teile in sich zu leben. Wenn ich alle Teile von mir lebe oder versuche, alle Teile von mir zu leben, kann ich nicht echter werden, da kann man mich gar nicht reduzieren, das geht nicht. Also auf sich besinnen, würde ich sagen. Ich glaube, man muss natürlich davon ausgehen, dass der Mensch an sich grundsätzlich ganz okay ist.
Vielleicht fehlt es ihm nur an Wachsamkeit, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen?
Ja, das ist es genau, was Sie jetzt sagen, das ist die Trägheit. Das sind die Faulheit und die Trägheit, das ist klar.
Vor Jahren, als ich in Chemnitz vor der Europäistik vorgetragen habe, ging es unter anderem auch um unübersetzbare Begriffe, da haben alle den Begriff Schuld genannt. Können Sie vielleicht einen für Österreich typischen unübersetzbaren Begriff finden, ein Konzept, das in der Luft schlummert, aber irgendwie nicht deutlich genug artikuliert wird?
Ein Begriff, der für Österreich steht?
Ja, genau.
Das Ungefähre steht für Österreich. Qualtinger hat gesagt – er lässt den Herrn Karl sprechen –, wir, Österreicher waren immer unpolitisch (lacht).
Weil es einfacher ist?
Ja, weil es einfacher ist. Davor habe ich Angst, weil es nicht klar ist, wie. Das ist schon sehr gefährlich ist. Da waren die Deutschen schon viel klarer und viel konsequenter. Wir haben es versäumt, aber es ist nichts Neues, wenn ich es sage. Und trotzdem gilt es den Begriff der Schuld zu untersuchen, weil er nämlich als solcher schon relativ und vielschichtig gefährlich ist.
Aggression wird in Ihren Inszenierungen sehr zugespitzt, welche Funktion erfüllt da Aggression?
Die Aggression wird zugespitzt, es stimmt. Eigentlich versuche ich zuerst nicht zu sehr zu werten, d.h. sie ist zuerst einmal da, und am Theater wird niemand wirklich umgebracht (lacht), es stirbt niemand, weil es zum Glück nur Theater ist. Wir leben ja aber stellvertretend für das Publikum was aus. D.h. sie darf zuerst einmal sein, die Aggression. Ich möchte sie nicht von vornherein werten, ich möchte sie zulassen und überspitzen, bis sie sozusagen an Kraft verliert. Artaud hat gesagt: „Das Theater und sein Double“. Das Double ist die Welt, und das Theater meint er noch realer als den Alltag, wenn er im Prinzip eine Verdichtung meint. Und ich glaube, es ist möglich diese Aggression zu verdichten, in dem Wissen, dass es nicht wirklich was passiert, dass es zu Musik wird, dass es zu reiner Energie wird. Da ist sie nicht per se moralisch konnotiert bei mir. Ich zeige natürlich Aggressionen, die faschistoid sind, aber zuerst ist sie nur mal da, die Aggression, und da habe ich die Möglichkeit dahinter zu ahnen. Was könnte denn dahinter liegen? Warum fliegt die Susanne Brandt total aus, wenn sie über die Chinesen spricht? Weil es wahrscheinlich irgendein Megatrauma hat und es irgendwie kompensieren muss durch irgendeinen Hass, der sich nach außen verlagert. Aber letztlich geht es immer um Kränkungen. Wenn man mit jemand spricht und lange genug spricht, kommt immer eine Kränkung aus. Wir haben alle unsere Kränkungen, allerspätestens seit Freud (lacht). Das ist eine Möglichkeit, sie transparent zu machen. Mich hat man vorgestern gefragt, ob das Theater eine moralische Institution ist. Es ist eine amoralische Institution, d.h. es nicht unmoralisch, aber es ist amoralisch, weil es zuerst einmal ums Ausprobieren geht. Wir probieren uns aus, das ist der Dionysoskult, das Dionysische, das auch Nietzsche dann beschreibt oder natürlich die Griechen. Also da haben die Kirchen wahnsinnige Angst davor und die Faschisten sowieso, und die Faschisten-Kommunisten auch (lacht).
Ihre SchauspielerInnen sind schon mehrmals nominiert und ausgezeichnet worden, dieses Jahr Nicolaas van Diepen als bester Nachwuchsschauspieler für den Nestroypreis, sind Sie stolz auf Ihr Ensemble?
Ja, das sage ich auch gern! Und ich freue mich für die Leute und für das ganze Ensemble. Ich freue mich natürlich auch für Nicolaas, aber, wenn ich da an Leute denke wie an die Susanne Brandt, die seit 25 Jahren dabei ist, dann wundere ich mich ab und zu, dass ich da nicht mehr darüber lese. Weil was die da leistet, kenne ich nicht viele Schauspieler, die das können: die kann emotional und vor allem inhaltlich switchen, das ist schon eine große Qualität.
Ich habe auch dieses Gefühl, dass sie alle starken Persönlichkeiten sind und doch teamfähig sind, ist es wirklich so?
Ja, das ist ganz wichtig. Der Ensemble-Geist ist zum Starten und zu arbeiten sehr wichtig. Eine der wichtigsten Aufgaben ist, dass man respektvoll und wertschätzend miteinander umgeht, und da entsteht eine ganz andere Atmosphäre.
Wenn ich Schauspielerin wäre, welche anderen Eigenschaften müsste ich haben, um in die Familie von aktionstheater ensemble aufgenommen zu werden?
Empathie, Musikalität, massive Spontaneität und Mut, Humor.
Ich habe mich schon öfter gefragt als Zuschauerin, wieso können diese Menschen auf der Bühne so mutig sein, und wir, die draußen stehen, können es im Alltag einfach nicht?
Das ist ja das Schöne am Theater, dass man es probieren kann. Es ist die Möglichkeit, das Refugium, wo ich es machen kann. Wenn ich es da nicht mache, dann kann ich es niemals machen. Wichtig ist einfach, dass man die Leute auffängt und dass sie sich wohl fühlen in diesem Ensemble, dass sie auch wissen, dass das nicht missbraucht wird.
Können Sie es sich vorstellen, mal wieder auf der Bühne zu stehen, unter den Schauspielern, und, wenn ja, in welcher Rolle?
Na gut, nachdem wir keine Rollen haben oder keine mehr, wird es mit der Rolle ein bisschen schwierig sein (lacht). Aus Spaß irgendwann vielleicht, aber ich habe mich vor 28 Jahren dazu entschieden, Regie zu machen, und das finde ich auch besser. Weil ich halte es auch für ein bisschen eitel selber auch mitzuspielen (lacht). Das geht gar nicht (lacht).
Und wie ist es im realen Leben? Spielen Sie eine Rolle im realen Leben oder nur sich selbst?
Ich hoffe, ich versuche es, aber im Theater habe ich weniger Angst als im realen Leben (lacht).
Nun kommen wir zu meinem Lieblingsstück „Die wunderbare Zerstörung des Mannes“. Glauben Sie, dass diese stereotypen Bilder, die im Stück vorkommen, auch relativierbar, wandelbar sind, dass sie abgebaut werden können?
Ja, ich glaube, auf jeden Fall. Ich habe es erlebt, dass Mann in einem Moment zu einem Stereotyp greift, um sich festzuhalten, und im anderen Moment ist es weg. Und dann ist es wieder da. Also der Stereotyp heißt deswegen Stereotyp, weil es nur ein Stereotyp ist. Ich glaube, das sind Haltegriffe, weil man wahrscheinlich vor seiner eigenen Komplexität irgendwie Angst hat, weil man gar nicht weiß, wie meine ganzen verschiedenen Seiten irgendwie zusammenkommen können, weil sie sich vermeintlich oder real auch widersprechen. Ich denke, das ist ein Haltegriff und der ist ganz massiv in der DNA drinnen, d.h. Tausende von Jahren patriarchale Kultur und Struktur tut was mit uns und das ist bei Frauen genauso, das ist ein extremes, ein unfassbares Weibchengehabe, und da, glaube ich, ist was am Aufbrechen, das ist der eine Punkt, in unserem Breitengrade. Und gleichzeitig ist da eine Regression, ein Rückschritt in dies Uraltmachotun. Wenn man sich jetzt die Politik ansieht, das ist ja unfassbar, das sind ja Karikaturen, man glaubt das eh nicht im 21 Jh.! Das ist ein Aufbäumen des Machismo. Er lebt, aber natürlich wird sich das nicht halten. Warum? Weil es doof ist (lacht).
Für mich ist das, was sich heute abspielt einfach irreal, wie im Film, wie in einem Film, der vor meinen Augen läuft, und ich frage mich ab und zu, ist das wirklich so, bin ich jetzt in der Realität oder woanders?
Ja, ich auch, mir geht‘s genau gleich.
Sind die Äußerlichkeiten das, was unseren Blick verschleiert oder ist es eher unsere Unfähigkeit, das Wesentliche durchzuschauen?
Ich glaube, es sind wieder die Unsicherheiten. Letztlich komme ich immer zu diesen Unsicherheiten, es ist praktischer, vermeintlich, sich auf das Dümmste und Banalste zu reduzieren.
Es ist auch safe, vielleicht?
Es ist safe! Weil, je simpler die Strukturen sind, desto weniger kann ich irgendwie einfahren. Wenn ich ganz klare Regeln habe und diese Codes kenne bei diesen Regeln, dann ist es natürlich ein Haltegriff, es ist praktisch, das sind wir wieder beim Männerbild. Aber letztlich, sagt er auch am Anfang, der Andreas „ich bin drauf gekommen, dass ich immer nur Angst habe“, es war ein Text von mir (lacht). Er sagt nur: „ich bin jetzt 30“, und der Originaltext war „ich bin jetzt 50“ (lacht).
Was braucht der Mann heute mehr denn je?
Echtes Selbstbewusstsein. Und Sich-selbst-bewusst-Sein (lacht).
Würden Sie in die Haut einer Frau reinschlüpfen?
Manchmal schon, ja. Aber ich glaube, dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern In Wirklichkeit geringer ist als zwischen manchen Menschen, ich habe das so erfahren. Ich kenne Frauen, da habe ich viel mehr gemeinsam mit ihnen als mit irgendeinem Mann, und umgekehrt. Das sind eben nur Stereotypen, ich weiß ja nicht einmal, was das ist, ein Mann, das sehe ich nur in der Sauna (lacht.) Der Mann, die Frau, das gibt’s doch gar nicht. Okay, das ist das Geschlecht und das Geschlecht, das hat einen bestimmten Unterschied, das generiert auch gewisse Verhaltensweisen, okay, ich will jetzt gar nicht sagen, es sind alle gleich, nein, stimmt ja gar nicht. Nur es ist nicht der essentielle Punkt, und dort ist der Unterschied für mich. Die Unterschiede zwischen den Menschen sind größer als zwischen den Geschlechtern.
Text, Musik, Choreographie und Videoprojektionen ergänzen sich gegenseitig in den Stücken des aktionstheater ensemble, worauf zielt man, indem man unterschiedliche Künste ins Theaterspiel einsetzt?
Auf alle Sinne. Es geht immer darum, alle Sinne anzusprechen. Und es geht nicht nur um kognitive Information, weil viele Informationen kognitiv nicht vermittelbar sind, sie sind nicht einmal beschreibbar, und ich will sie nicht ausklammern. Es ist eine Mutfrage, manchmal das zuzulassen, dass man sagt, nein, das kann ein Lied besser jetzt, das kann ein Bild, eine Choreographie, eine Bewegung, die Konstellation auf der Bühne, wie ist der Text montiert, besser als eine 1:1 kognitive Information, die ich dann in den Pamphleten nachlese. Das ist unsere Aufgabe: da geht’s viel mehr um Verführung und um die vermeintliche Realität zu hinterfragen, und das mit allen Sinnen.
Sehen Sie dann die primäre Funktion des Theaters darin, die träge Gesellschaft wach zu rütteln, zu provozieren?
Das wäre mir zu arrogant, das sage ich nicht. Es ist eine der Möglichkeiten, uns ein bisschen besser kennen zu lernen, würde ich sagen, einerseits, und auf der anderen Seite, ja, Kunst gibt uns die Möglichkeit das Nicht-Greifbare zu greifen.
2017 wurden Sie als Vorarlberger des Jahres in Wien ausgezeichnet. Sie leben in Wien und Vorarlberg, wo fühlen sie sich zu Hause?
In beiden. Ich merke, dass ich die Großstadt brauche, und ich bin gern dort, wo ich aufgewachsen bin als Kind. Das sind irgendwie zwei Seelen in meiner Brust, die will ich beide befriedigen (lacht).
In einem Schwebezustand zu sein, das kenne ich auch sehr gut. Iliya Trojanow hat mir im Frühjahr gesagt, dass auch er schon längst aufgehört hat, nach der Heimat zu suchen, weil es einfacher ist. Man kann sich an vielen Orten zu Hause fühlen kann.
Es gibt viele Orte, an denen ich mich wohl fühle, gefährlich wird dann, wenn man Heimat über ein Ausschließverfahren definiert, Heimat über Grenzen definiert. Dann wird‘s gefährlich, denn dann geht’s um etwas Anderes. Aber, wenn ich sage, ich habe eine Liebe zu einer bestimmten Gegend oder zu einem Geruch oder zu einer Landschaft, es ist was Schönes, aber es ist nicht Ausschließendes, im Gegenteil, es wird mehr, und nicht weniger.
Was ist Ihnen unentbehrlich?
Meine Freunde.
Fühlen Sie sich manchmal fremd in Österreich?
Manchmal schon, ich glaube das tun wir alle. Ich glaube, es ist relativ unabhängig davon, ob ich jetzt ein nativ Österreicher bin oder nicht, manchmal fühlt man sich natürlich fremd. Fremd fühle ich mich dann, wenn ich das Gefühl habe, ich bin nicht bei mir. Ich fühle mich manchmal fremd, aber am nächsten Tag wieder nicht. Ich fühle mich in letzter Zeit öfters fremd in dieser Gesellschaft.
Haben Sie vielleicht eine wirksame Medizin gegen die Einsamkeit?
Ich glaube nicht, dass wir das immer verhindern können, einsam zu sein, das ist das eine. Das zweite ist das Wissen darum, dass man alleine nicht überleben kann, das kann man nur in der Gemeinschaft, wir sind voneinander abhängig und das hat keine Grenze.
Die Tetralogie „Vier Stücke gegen die Einsamkeit“ wird Mitte November in Wien aufgeführt. Welche sind die neuen Momente in der Bearbeitung?
Sehr viele. Ich habe „Swing“ massiv umgebaut, es gibt einige ziemlich neue Szenen, es ist die ganze Musik neu und es ist analog zum momentanen politischen Geschehen ziemlich verschärft. Manche Stücke sind in der Struktur so geblieben, aber sie sind anders gebaut. Wir arbeiten ja immer so, dass wir immer wieder neu reingehen aber das ist auch ein Zusammenfügen und ein Klarmachen, warum diese Stücke zusammenhängen, im Sinne von die verschiedenen Aspekte von dieser Form von Einsamkeit oder von Entsolidarisierung zu zeugen.
Ich bin sehr gespannt!
„Vier Stücke gegen die Einsamkeit“
Das Stück wurde musikalisch neu interpretiert (Live-Band) und textlich neu bearbeitet.
Uraufführung: 15. – 18.11.2018 im WERK X in Wien
15.11. Teil 1: „Die wunderbare Zerstörung des Mannes“ & „Ich glaube“
16.11. Teil 2: „Immersion“ & „Swing. Dance to the Right“
17.11. Teil 1: „Die wunderbare Zerstörung des Mannes“ & „Ich glaube“
18.11. Teil 2: „Immersion“ & „Swing. Dance to the Right“
Es gibt noch Karten! Reservierung unter: reservierung@werk-x.at, +43 1 535 32 00-11
Weitere Termine:
4. – 8.12.2018 – Spielboden Dornbirn
16. – 19.01.2019 – Theater Kosmos Wien