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Diese Woche hassen wir: Hundstage

Sarah Wetzlmayr

Endlich ist es passiert: Wir führen ein Leben wie im Film. Eines wie in Ulrich Seidls „Hundstagen“.

Nein, nicht den gleichnamigen Film von Ulrich Seidl – den halten wir nach wie vor für einen großes, verstörendes Stück der jüngeren österreichischen Filmgeschichte. Wir hassen eher den Umstand, dass wenn sich unser Leben schon einmal in ein „Leben wie im Film“ verwandelt, es dann so aussehen muss, wie direkt aus einem Ulrich Seidl-Film in die Realität importiert. Im Seidl’schen Mikrokosmos tropft aus den Gesichtern der Menschen die Zeit, die sie mit ihrem traurigen Vortadt-Dasein verschwendet haben – und tut das in der Form von Schweißperlen.

Die gleiche apokalyptische Vorstadt-Stimmung zeichnet sich derzeit in der Stadt ab. Menschen trinken, schwitzen, trinken wieder und schwitzen weiter und kneifen die Augen vor der Sonne zusammen, wodurch sich immer tiefere Furchen in ihre Stirn graben. Es bildet sich ein Endzeit-Vakuum, durch das wir uns gerade hier, mitten in Wien, bewegen. Die Zukunft schimmert nicht, sie trieft vor Schweiß – und stinkt auch dementsprechend. Auf einen Hoffnungsschimmer wartet man auch im Film vergeblich – dafür glänzt der Schweiß umso intensiver auf Schultern und Bäuchen. Was man beim Anschauen des Films aber wenigstens weiß, ist, dass er irgendwann einfach aufhört und man aus dem endzeitlichen Hitze-Vakuum ganz einfach wieder aussteigen kann. Die echten Wiener Hundstage lassen uns Ende und Endzeit allerdings nicht mehr trennen. Selbst wenn das iPhone-Wetter baldige Abkühlung verspricht, so weiß man ja doch nicht, ob man seinen zusammengekniffenen Augen überhaupt noch trauen kann.

Woher kommt der Begriff Hundstage aber eigentlich? Ganz allgemein versteht man unter den Hundstagen, die heißeste Zeit des Jahres, die sich im Normalfall (also Klimaerwärmung abgezogen) zwischen 23. Juli und 23. August abspielt. Der Ursprung der Bezeichnung steht wortwörtlich in den Sternen – denn es geht dabei darum, dass am 23. Juli das Sternbild des Großen Hundes ganz genau zu erkennen war. Der hellste Stern, der Sirius, der ebenfalls Teil des Sternbildes war, wurde, aufgrund seiner Strahlkraft, für die große Hitze verantwortlich gemacht. Zähmen wollten die antiken Römer den Sirius, indem sie einen großen braunen Hund opferten. Das ist jetzt glücklicherweise ein wenig anders. Für alle anderen Arten, die Hundstage zu beenden, wären wir aber prinzipiell schon offen.

Fotos © Ulrich Seidl Filmproductions