Armin Assinger im Interview: „Es hat mir imponiert, wie Haider die Menschen begeistern konnte“

Armin Assinger im Wiener-Interview. Er ist einer der bekanntesten Österreicher, beliebter Moderator und erfolgreiches Werbe-Testimonial. Heuer wird Armin Assinger 50. Wir haben mit ihm über Hypo und Haider, Trauer und Triumph gesprochen

Natürlich rennt bei einem Interview mit Armin Assinger, 49, der Schmäh. Alles andere wär‘ ja auch verwunderlich. Doch es gibt auch diese Momente der Nachdenklichkeit, Momente, in denen der Kärntner kurz in sich versinkt, über die gestellte Frage nachsinnt, sich Zeit lässt, bis er antwortet. Diese Zurückhaltung steht ihm mindestens ebenso gut wie seine lockeren Sprüche („Da pfeifen die Komantschen“). Und Sie merken schon, wir sagen „Ja zu A“.

Wiener: Warum der Bart?

Armin Assinger: Warum die Frage? Du hast ja auch einen.

Aus Gründen der Lässigkeit.

Assinger: Bei mir hat das nix mit Lässigkeit zu tun. Ich war zu Weihnachten einfach zu faul zum Rasieren. Und da hab‘ ich mir gedacht, jetzt lass‘ ich ihn einmal drauf.

Die Reaktionen?

Assinger: Unterschiedlich. Aber es haben mir Leute geschrieben, der Bart muss weg, sonst schau‘ ich nicht mehr Millionenshow.

Bleibt er trotzdem?

Assinger: Vorläufig ja, es ist aber kein tieferer Sinn dahinter.

Armin, warum ist der Assinger so beliebt? Weil er a) ein fescher Kerl ist?, b) einen lässigen Schmäh hat?, c) bewiesen hat, dass Erfolg das Ergebnis harter Arbeit ist, oder weil er sich d) afoch nix pfeift, wie jüngst die Süddeutsche festgestellt hat?

Assinger: Was war die Frage?

Warum ist der Assinger so beliebt?

Assinger: Das ist ja eine Suggestivfrage.

Eh.

Assinger: Ich würde es anders formulieren. Viele sagen zu mir, du bist ja privat genauso wie in der Millionenshow. Ja, wie soll ich denn sonst sein? Ich bin, wie ich bin. Und ich glaub‘, das ist es.

Die Millionenshow läuft seit ewig, bist du in dieser Zeit zum Psychologen geworden? Kannst du erkennen, ob es einer schaffen wird?

Assinger: Ich trau‘ mir nach den ersten Fragen zu, den Kandidaten einzuschätzen, zu sagen, der schafft es bis zur 75.000-Euro-Frage. Bin aber auch schon oft daneben gelegen.

Was für ein Gen hat der?

Assinger: Er kann gut herleiten, die Überlegungen sind schlüssig.

Ist man dumm, wenn man die ersten fünf Fragen nicht schafft?

Assinger: Nein.

Ich bin, wie ich bin. Und ich glaub‘, das ist es.

Armin Assinger

Sondern?

Assinger: Nervös! Du musst dir vorstellen, jeder zweite Kandidat sagt, dass das daheim auf der Couch so leicht sei, aber wenn man da sitzt, sei das ganz anders. Ja, so ist es.

Was macht den Unterschied aus, die Angst sich zu blamieren?

Assinger: Da spielt viel mit. Du weißt, da schauen Hunderttausende Leute zu. Viele wissen, da sehen mich jetzt meine Kollegen oder – wie bei einem Gefängnisdirektor einmal – die Häftlinge o-d-e-r m-e-i-n-e S-c-h-ü-l-e-r (diese drei Worte betont er ganz besonders). Es gibt Leute, die spielen um des Spielens willen, das waren immer die, die am weitesten gekommen sind oder gar die Million schafften. Und es gibt die, die nur auf das Geld fixiert sind und vom möglichen Gewinn gelenkt werden.

Apropos Gewinn, hältst du noch Vorträge für Manager?

Assinger: Nicht nur für Manager.

Das Thema „Das Leben ist ein Abfahrtslauf“?

Assinger: Ja.

Warum ein Abfahrtslauf, weil es so schnell vergeht?

Assinger: Die Deutung bleibt jedem selbst überlassen, aber grundsätzlich heißt es doch „real man ski downhill“ (lacht). Und ich war ja „Downhill Skier“. Ich steige immer mit einem Vergleich ein: Im Radio hört man „Das Leben ist ein Hit“, in der Werbung „Das Leben ist ein Spiel“. Das sind alles so (denkt nach), so verdammt lockere Zugänge zum Leben, aber das Leben ist kein Wunschkonzert, selten ein Hit und sicher kein Spiel. Wenn’s einer so sieht, o.k., aber er wird das Leben spielen und verlieren.

Und was ist die Erkenntnis?

Assinger: Du musst gut vorbereitet sein, positiv zum Leben eingestellt sein, selbstsicher, ehrgeizig, zielstrebig, motiviert und begeistert, aber auch selbstkritisch sein, Rückschläge verkraften und nach Erfolgen auf dem Boden bleiben, um nur einige Faktoren auf deiner persönlichen Rennstrecke zu nennen. Alles, was ich im Skirennsport gelernt habe, Positives wie Negatives, gebe ich weiter. Der Sport ist, wie wir ja wissen, die beste Lebensschule!

Was unterscheidet einen Sieger von einem, der im besten Fall aufs Stockerl fährt?

Assinger: Das ist ab einem gewissen Niveau reine Kopfsache. Du musst so clever sein, um im richtigen Moment bewusst das Hirn ausschalten zu können und in die sogenannte Renntrance zu kommen. Einmal dort, geht es ganz leicht. Nur ist der Weg zu diesem Flow-Zustand halt ein mit Rück-und Tiefschlägen gepflasterter

Spürt man das?

Assinger: Ja, ich kenn einige, die sagen: Von den guten Rennen, die sie gewonnen haben, wissen sie fast nix mehr und von den anderen, den Scheiß-Rennen, noch alles – an die kannst dich noch mit 96 am Sterbebett erinnern.

Was war dein g’schissenstes Rennen?

Assinger: Es sind zwei, die mir am meisten auf den Geist gehen, beide in meiner letzten Saison 94/95. Das eine war in Whistler Mountain in Kanada, da war ich bis zur letzten Zwischenzeit auf Siegeskurs, und dann habe ich beim letzten Bock ein bisschen zu viel riskiert und bin nur Sechster geworden. Das Rennen hätte ich so gerne gewonnen. Das war meine Lieblingsabfahrt, ein langes, kräfteraubendes Luder – und dann das Weltcupfinale in Bormio. Dort in den Top 3, und ich hätte den Abfahrtsweltcup gewonnen. Siebenter bin ich geworden.

An welches Rennen kannst du dich nicht erinnern, weil es so schön war?

Assinger: 1993 habe ich zwei Rennen in fünf Tagen gewonnen, eines in der Sierra Nevada, eines in Kvitfjell/Lillehammer. Da weiß ich nichts mehr. Und von dem in Bad Kleinkirchheim (am 22. Dezember 1992, einziger Sieg im Super-G, Anm.) weiß ich auch nichts mehr, aber aus anderen Gründen. Zwei Tage zuvor ist mein Freund und Rennfahrerkollege Peter Wirnsberger II beim freien Schifahren tödlich verunglückt. Beim Begräbnis, am Tag nach dem Rennen, habe ich gespürt, dass ich da nicht allein gefahren bin und gewonnen habe. Wirni hat mich begleitet.

Du hast vier Rennen gewonnen, wer boshaft ist, könnt‘ sagen „nur vier Rennen“. Rückblickend betrachtet: Bist du zufrieden mit deiner Karriere als Schirennfahrer?

Assinger: Ich bin rund 100 Rennen gefahren und hab‘ vier gewonnen, das sind vier Prozent. Vieles im Leben ist relativ, man kann es mit Humor sehen, man kann sagen, es gibt über eine Milliarde Chinesen und davon hat noch kein einziger einen Weltcuppunkt im Schifahren gemacht. Aber jetzt im Ernst, ich weiß ja, wie meine Karriere verlaufen ist, ich war schwerst verletzt, da ist die Amputation im Raum gestanden. „Nie mehr Schifahren“ war die erste Diagnose im 89er-Jahr, und „Mit 40 hast eine Knieprothese!“ die Vorhersage. Keine guten Voraussetzungen für eine Weiterführung der Karriere.

1995 hast du deine Karriere als Rennläufer beendet. Als Gendarm bist auch nicht mehr froh geworden – warum eigentlich?

Assinger: Nein, ich war von 1982 bis 1996 Gendarm, und ich war sehr froh, im damaligen Sportkader gewesen zu sein. Das war die perfekte Absicherung, denn ohne einen Job in der Hinterhand wäre mir das Risiko zu groß gewesen. Was machst, wenn du dich verletzt und die Karriere ist vorbei, bevor sie angefangen hat? Mit der Gendarmerie als Absicherung konnte ich mich aber voll und ganz aufs Schirennfahren konzentrieren. Ich war sehr gern Gendarm, aber ich wusste auch, dass ich, wenn ich etwas finde, das mir mehr taugt, weggehen könnte. Mit dem Kommentieren war diese Chance da, und ich packte sie beim Schopf.

Heute können in deiner Kategorie bestenfalls noch der Hermann Maier oder der Hansi Hinterseer mithalten. Was verbindet dich mit den beiden Herren?

Assinger: Das Schifahren.

Und was trennt dich?

Assinger: Vom Hermann 50 Siege, vom Hansi die Frisur, von beiden das Konto (lacht).

Ist Doping eine Todsünde oder der verzeihbare Versuch, besser zu sein, als es der Körper im Normalfall möglich macht?

Assinger: Wenn ein Spitzensportler dopt, heißt das ja nicht, dass er nicht trainieren muss. Es erfolgt eine Verschiebung des Leistungsniveaus nach oben. Wer dopt, muss sich genauso plagen, nur plagst du dich auf einem höheren Niveau. Und das verstehen viele Leute nicht. Die meinen, nur weil einer ein Pulverl nimmt, gewinnt er – ist ja klar! Nein, die Wahrheit ist: Der nimmt das Pulverl, damit er noch mehr trainieren, sich noch mehr plagen kann, noch schneller den Berg hinaufläuft oder noch mehr Kilos stemmen kann und dadurch ein höheres Level erreicht.

Wenn ein Spitzensportler dopt, heißt das ja nicht, dass er nicht trainieren muss.

Armin Assinger

Du wirst heuer 50. Wie alt möchtest du werden?

Assinger: Ich möchte so alt werden, wie ich jetzt ausschaue (lacht).

Eine gefährliche Antwort, ich finde nicht, dass du wahnsinnig alt aussiehst.

Assinger: Ich muss noch einmal über die Doping-Frage nachdenken. Es wird immer ein Kampf gegen Windmühlen und gegen Heuchelei sein.

Du bist als Gendarm im TV. Eine Rückkehr zu deinen beruflichen Wurzeln oder der Start einer neuen Karriere?

Assinger: Mein Gott. Wenn es nach mir geht, schon, aber es geht leider nicht immer nach mir. Ich habe ja schon einmal Fernsehluft geschnuppert, bei „Julia“ mit der Christiane Hörbiger – da war ich ein Gendarm. Und in Soko Kitzbühel war ich einmal eine Leich‘, sogar mit Wortteil. „Hart an der Grenze“ ist während der Dreharbeiten für Lagerhaus-Spots entstanden, da war auch der Günther Lainer dabei. Wir sind in der Südsteiermark nach Drehschluss zusammengesessen und haben überlegt, was wir denn gemeinsam machen könnten. Die beiden Regisseure waren für irgendetwas mit der Gendarmerie, der Günther auch und ich erst recht. Wie man eine Buffn hält, das weiß ich. Und wie man funkt auch!

Hältst du dich für einen Schauspieler?

Assinger: Na, geh hör auf. Ein Schauspieler ist für mich ein Klaus Maria Brandauer, ein Christoph Waltz oder ein Nicholas Ofzcarek. Die sind richtige Heroen!

Was unterscheidet dich von einem richtigen?

Assinger: Viel, sehr viel sogar. Auf die Schnelle fällt mir ein: Ich kann nicht auf Knopfdruck weinen, und ich mache keine Bettszenen, und ich mache (lacht) keine Szene im Bett. To be continued

Kannst du singen, wie alle Kärntner?

Assinger: Selbstverständlich.

Schöner als der Hansi Hinterseer?

Assinger: Des hast jetzt du gesagt.

Nein, das war eine Frage.

Assinger schweigt.

Bist du ein selbstbewusster Mensch?

Assinger: Ja, vergesse aber nicht auf Selbstkritik.

Rückkehr zur Millionenshow. Bist du Millionär? Warum diese Frage?

Assinger: Weil ich gelesen habe, dass du bei der Millionenshow 4.326 Euro in der Stunde verdienst, hochgerechnet natürlich. Du, ich handle prinzipiell nach dem GPS-Grundsatz: Über Geld, Politik und Sex rede ich nicht öffentlich.

Schade, jetzt muss ich ein paar Fragen streichen.

Assinger: Also gut, ich mache es wie ein gelernter Politiker. Ich rede zwar, sag‘ aber nix: Ich bin seit 14 Jahren Lagerhaus-Testimonial, seit 13 bei Hervis, und ich habe rund 750 Millionenshows gemacht. Ja, es geht mir finanziell gut.

Ich probiere es jetzt doch mit einer politischen Frage. Die Hypo erweist sich als Milliardengrab für Österreich. Schämt sich der Kärntner, der du nun einmal bist, dafür?

Assinger: Ich schäme mich nicht dafür, weil ich nichts dafür kann und versuche, die ganze Geschichte pragmatisch zu sehen. Es ist, wie es ist. Aus welchen Gründen auch immer. Die Hypo ist ein Milliardengrab, das ist Fakt. Es gibt aber auch andere Gräber in Österreich, halt nicht so tiefe, Gott sei Dank.

Stimmt es, dass du ein Fan von Jörg Haider warst?

Assinger: Fan? Er hat mich einmal gefragt, ob ich Landesrat werden möchte, was ich dankend abgelehnt habe. Aber ganz nüchtern betrachtet hat es mir imponiert, wie er die Menschen begeistern konnte. Der hat, wie man bei uns in Kärnten sagt, die Ohrwaschln am Tisch liegen g’habt und ein Gespür für die Bedürfnisse der Menschen entwickelt, das muss man ihm lassen.

Hat der dem Land geschadet oder gut getan?

Assinger: Keine Ahnung. Die Frage ist, wie stünde Kärnten jetzt da, wenn es Haider nicht gegeben hätte? Wir hätten kein Stadion und keine Seebühne, oder vielleicht trotzdem und nur in kleinerer Dimension, wer weiß. Es ist jetzt so, und wir müssen das Beste daraus machen, es hilft nix! Was ist aber das Beste?

Wenn du zurückblickst, was war dein größter Fehler bisher?

Assinger: Der größte Fehler war (denkt nach), dass ich am 18. Jänner 1989 im ersten Training in Wengen mit Startnummer 1 wie die g’sengte Sau gefahren bin und es mich erbarmungslos auf die Papp’n g’haut hat – und damit die Verletzungsmisere begonnen hat.

Weil du jung und dumm warst?

Assinger: Nein, jung, begeistert und in Form. Das war mein größter sportlicher Fehler, und über die anderen red‘ ich nicht mehr.

Was fehlt dir zum Glück?

Assinger: Teile vom Meniskus und ein vorderes Kreuzband.