Whisky-Professor: „Das Land wurde mit Bourbon aufgebaut“

Bernie Lubbers ist Kentuckys „Whiskey Professor“. Als Botschafter der größten US-Destillerie in Familienbesitz- Heaven Hill – hielt er dem WIENER eine Bourbon-Vorlesung.

Cowboy-Stiefel, Straß-Gürtel und ein Whiskey-Label als Oberarm-Tattoo: Bernie Lubbers, aus einer Familie deutschen Ursprungs wie viele Whiskeybrenner der Gründerzeit, bringt einen Hauch von Saloon mit in den Wiener „Planter’s Club“. Dazu passen auch die altertümlichen Flaschen des beliebtesten Bourbons aus der in Bardstown/Kentucky angesiedelten Heaven Hill-Destillerie, dem Evan Williams „Black Label“.

Die Namensgebung ist eine Hommage an die ersten Brenner im 18. Jahrhundert, auch Elijah Craig ist ein solches Label, das an den Mann erinnert, der der Legende nach wegen eines dem Brandes seiner Whiskey-Scheune auf ausgekohlte Fässer umstieg. Geschichten wie diese schüttelt Lubbers auch im Interview aus dem Ärmel.

Das wichtigste zuerst: Warum heißt Amerikas Whiskey nach einer französischen Dynastie?

Die Franzosen haben uns im Unabhängigkeitskrieg gegen England 1776 unterstützt. Als armes Land konnten wir uns nicht mit Geld, aber mit Ehrennamen revanchieren und so wurde Louisville in Kentucky nach König Ludwig XIV benannt. Bourbon war eigentlich nur der Name eines Counties, in dem sich der Hafen am Ohio River befand, von wo aus der Whiskey in den 1820er Jahren nach New Orleans gebracht wurde. Die Fässer trugen diese Aufschrift und irgendwann verlangten die Leute den guten, den Bourbon-Whiskey. Das hat sich dann gehalten.

Ihr Buch trägt den Titel „Bourbon Whiskey – Our Native Spirit“. Was machte den Getreidebrand zum nationalen Kulturgut?

Gerste ist die Saat in Schottland, Roggen in Canada und Mais ist eben unsere Nationalpflanze. Lyndon B. Johnson erklärte den Whiskey per Gesetz zu einem „distinctive product of the United States“. Bei den Heaven Hill Destilleries stammt auch heute noch der Roggen aus Minnesota, die Gerste aus Indiana und der Mais aus einem Radius 60 Kilometer um die Brennerei.
Dazu kommt aber auch die Geschichte: Im Grunde half Whiskey mit, das Land aufzubauen. George Washington kannte als General die Bedeutung für die Armee, die tägliche Rationen als Teil des Soldes erhielt, und lieferte selbst Whiskey an die Kavallerie. Oder 1820, als niemand die harten Arbeiten am Erie-Kanal machen wollte, da gab es für jeden Arbeiter beinahe einen Liter Bourbon pro Tag als Anreiz. Das Land wurde als nicht nur von hart arbeitenden Menschen, sondern auch von teilweise betrunkenen Leuten aufgebaut.

Was macht eigentlich aus einem guten einen großen Bourbon?

Puh, das ist eine sehr persönliche Sache. Für manche sind 23-jährige Whiskies die besten, mein Vater aber traute keinem Bourbon über sechs Jahren. Mein „sweet spot“ liegt etwa so bei 15 Jahren Reifezeit.

Momentan scheint die Barszene ja verrückt nach Rye-Whiskey (Bourbon mit mehr Roggen- als Maisbrand im Blend, Anm.) zu sein.

Oh ja, ich werde aus Europa mit Anfragen zum Rye bombardiert! In den USA hält sich der Boom seit rund fünf Jahren, wobei sie bedenken müssen, dass es national nur vier große Rye-Produzenten unter eigenem Label gibt. Wir brauchen aber immer auch Roggenwhiskey für unsere Hauptmarken, wir müssen das Monster füttern (lacht). Aber wir hatten auch das Glück, den Trend schnell erkannt zu haben; Rittenhouse Rye (ab Herbst von „Top Spirit“ um ca. EUR 28,90 auch in Österreich vertrieben, Anm.) etwa hat die verkaufte Menge in den letzten Jahren verdreifacht.

Allerdings glauben manche Bartender, 51% Roggen (der gesetzliche Mindestanteil, um sich „Rye Whiskey“ nennen zu dürfen, Anm.) ist gut, 80% ist sicher besser. Das gilt aber nur bedingt, vor allem da das Korn zu klein und damit stärkearm ist. Geht man unter 10% Mais-Anteil im „Rye“, muss man künstlich Enzyme zusetzen, um das überhaupt vergären zu können.

Was würden Sie für Einsteiger empfehlen, die Bourbon noch nicht kennen?

Man kann nicht gleich ins tiefe Wasser springen. Also ein 12 Jahre fassgelagerter Elijah Craig überfordert da sicher etwas. Ein zehnjähriger Whiskey hat hingegen das, was wir „approachable strength“ nennen: Das Alter hat ihn milder gemacht, eine schöne Vanillenote ist da und die 43,5 % kann man vielleicht mit wenig Wasser verdünnen. Ach ja, falls man Bourbon „on the rocks“ trinkt, sollte man sich am Mint Julep orientieren und immer crushed ice nehmen.

Wo wir gerade bei Cocktails sind, was ist der perfekte Bourbon-Drink für Sie?

Rye-Whiskey ist sicher ideal für den Manhattan. Als der im Norden, in New York erstmals gemixt wurde, war es fast sicher mit einem Rye, da man meist kanadischen Whiskey nahm. Aber auch ein Old Fashioned, mit Evan Williams wie früher gemixt, ist etwas Feines. Mir persönlich schmeckt aber auch die Kombination aus 12-jährigem Elijah Craig und einem würzigen, nicht zu süßen Ginger Beer, also der Horse’s Neck-Cocktail.

Sie waren ja auch als Stand up-Comedian tätig und touren immer noch mit der Live Music Show „Bourbon Thru Bluegrass“. Ist es nicht der größte Witz, dass die Heimat-Bundesstaaten vieler Whiskeys vom Gesetz her „trocken“ sind?

In Kentucky sind wir zwar als Bundesstaat kein „dry state“, aber 80 der 122 Counties verbieten Alkoholausschank, wir können unser Produkt also dort nicht verkaufen. Der größte Witz zuhause ist aber, dass das „Bourbon County“ trocken ist, „Christian County“ aber nicht.