AKUT

Keine Eier mehr

Sarah Wetzlmayr

Ob zum ersten Einser im Zeugnis oder zum ersten ausgefallenen Milchzahn – das Überraschungsei erfüllt seinen Job meistens ziemlich gut. In Chile jedoch nicht mehr. 

von Sarah Wetzlmayr

Das Überraschungsei. Es ist der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz unter den Süßigkeiten. Außen die fluffige Schafswolle in Form von zartschmelzender Schokolade, innen lauert der böse Wolf – meistens als kleine Plastikfigur oder aufziehbares Auto getarnt. Wer jetzt denkt, es ginge bei dieser kurzen Untersuchung des Überraschungseis um die Kleinteile, die laut aufgedrucktem Warnhinweis von Kleinkindern verschluckt werden können, der vermutet Falsches. Die Gefahrenzone liegt nämlich nicht im Bereich der Speiseröhre, sondern etwas weiter darunter, in der Magengegend. Denn dieser Bereich wird von der chilenischen Regierung gerade zur Problemzone Nummer eins erklärt: Beinahe 60% der chilenischen Bevölkerung sind übergewichtig und fast ein Drittel aller Kinder unter 6 Jahren leiden an Fettleibigkeit. Schuld daran: Unter anderem das Überraschungsei, denn durch die Verlockungen des Spielzeugs in seinem Inneren würden angeblich noch mehr Kinder zu Schokolade greifen. Was ohnehin schon lecker ist, das wird noch leckerer gemacht. Plus und Plus ergibt nach dieser Rechnung demnach ein Plus zum Quadrat im Bauchbereich. 

Vielleicht sollte man sich zukünftig andere Modelle nach demselben Prinzip überlegen, wie sich bis zu einer kleinen Star Wars Figur durch einen Brokkoli-Kopf zu nagen, oder Marillen mit Center Shock Kaubonbon-Kern. Die Horror Story des Überraschungseis in Chile ist in jedem Fall vorbei. Gleiches gilt für andere Speisen und Getränke, die mit Spielzeugen als Zusatz daherkommen, wie das allseits beliebte Happy Meal bei McDonald’s. In den USA gab es niemals ein Überraschungsei, dort war das Konzept eines nicht essbaren Objekts im Inneren eines essbaren Objekts von Anfang an verboten. Betrachtet man die Statistiken zu Adipositas und Fettleibigkeit in den USA, scheint diese Vorsichtsmaßnahme jedoch nur in geringem Ausmaß erfolgreich gewesen zu sein – immerhin leiden 35,3 Prozent aller Erwachsenen in den USA an Adipositas. In Österreich konsumieren jährlich etwa 3 Millionen Haushalte Produkte aus dem Hause Ferrero – da ist bestimmt auch das ein oder andere Überraschungsei dabei.