Interview

Sweet little 30 – Superstar Conchita im großen WIENER-Interview

Conchita feiert Geburtstag und promotet sein neues Album. Die geplante Tournee durch Deutschland wurde jedoch abgesagt. Eine kleine Delle in der bis dahin makellosen Karriere. Trotzdem ist er beim Gespräch mit dem WIENER extrem gut drauf – Happy Birthday!

Interview: Manfred Rebhandl / Fotos: Maximilian Lottmann

wiener: Grüß Sie, wir sind vom Männermagazin.
Conchita: Ja cool, freut mich! Ist das mein erstes Männermagazin-Interview? Ich glaub schon, und ich freu mich sehr!

Ich bin ein bisserl aufgeregt, weil ich noch nie einen Weltstar interviewt habe. Wie nehmen Sie solchen Nervenbündeln wie mir die Angst vor Ihnen?
(lacht schallend) Das kann ich, glaube ich, gar nicht, weil ich das ja nicht wirklich verstehe. Wenn jemand zu mir sagt, ich bin Weltstar, also na … das G’fühl hab ich nicht, dass ich ein Weltstar bin. Aber danke.

Und wie gehen Sie mit Berührungsängsten im Privaten um, klassische Situation: die schöne Frau an der Bar, die sich keiner ansprechen traut?
(nachdenklich) Ja, da tue ich mir natürlich schwerer.

In der Bar – auf welches Klo gehen Sie, Mannderl oder Weiberl?
Also, mir geht es darum, dass ich möglichst schnell aufs Klo komme, und da kann ich dann auch meine flirting skills einsetzen, wenn nämlich das Damenklo nicht so busy ist wie das Herrenklo, und man da rein möchte als Mann, ohne enthauptet zu werden, dann muss man sich halt einbringen. Und ich habe das Glück, dass ich mich gut einbringen kann! Indem ich zum Beispiel sage: Kann ich bitte den Lidstrich nachziehen, weil das geht so nicht, wie ich ausschaue? Und dann bin ich schon drin im Damenklo, aber dafür muss man halt ein bisschen was tun.

In den sozialen Medien werden hübsche Mädchen oft belästigt mit eindeutigen sexuellen Angeboten. Das ist bei Ihnen wahrscheinlich auch der Fall?
Nein, ich kriege keine „Hallo, wie geht’s, wollen wir uns treffen?“-Nachrichten.

Wir Normalos mit unseren zwei bis drei Sexualkontakten verteilt über das ganze Leben haben es nicht leicht. Andererseits sagt man, dass es nicht einfacher wird, nur weil das Angebot so üppig ist.
I waaaß es ned! Ich weiß wirklich nicht, ob meine Auswahl so groß ist! Also, ich habe das Gefühl, nein. Ich war ja auch noch gar nie richtig verliebt!

Conchita heißt eigentlich Tom Neuwirth, wurde jüngst 30 und ist auf dem besten Weg dazu, ein ernsthafter Weltstar zu werden. Foto: (c) Maximilian Lottmann

Meine Tante Martha hat auch in Bad Mitterndorf gelebt, in Neuhofen …
Neuhofen kenne ich, Bad Mitterndorf ist nicht so groß, da kommt man zwangsläufig überall mal vorbei. Hat die Tante Martha was gesagt über mich?

Sie ist tot. War die Kulm-Schanze ein Thema? Sind Sie mal oben gewesen, um sich vorzubereiten auf die Höhenflüge, die noch kommen sollten?
Der Kulm war natürlich immer ein Happening, das man gar nicht auslassen konnte. Nicht zuletzt, weil meine Eltern ja auch ein Gasthaus haben. Und ja, ich bin mal hinaufgegangen, obwohl ich wahnsinnige Höhenangst habe, aber na ja, wenn diese größte Naturschanze der Welt schon da steht, dann sollte man sie auch einmal besichtigen.

Sind Sie dann vielleicht auch einmal am Grimming gewesen?
Nein. Das hat sich irgendwie nie ergeben. Wobei, das ist eine Ausrede, weil wenn man es wirklich will, dann geht sich das schon aus.

Sie haben wohl keine Bergschuhe zu Hause?
Ich habe schon Bergschuhe zu Hause! Aber nur, weil ich Mode liebe, auch funktionelle Mode! Und ich glaube definitiv, dass es auch schöne Bergschuhe gibt, die ich tragen könnte!

Aber es gab noch kein Werbeangebot, dass Sie zum Beispiel Goiserer tragen sollten?
Nein, die wollte mir noch keiner schenken.

Können Sie jodeln?
Kann ich, ja! Ich hab mal ein Cover gemacht mit Jodeln, und es hat mir auch getaugt.

Es gibt zwei Pole in Österreichs Musikszene, die weltoffene Conchita und den eher bodenständigen Andreas Gabalier. Begegnet man sich? Gibt es Berührungspunkte? Oder geht man sich aus dem Weg?
Ich nehme ihn schon wahr. Wir kennen uns von diversen musikalischen Veranstaltungen, wo man zueinander „Hallo!“ sagt, wie zu allen anderen auch. Aber ob er mich wahrnimmt, das weiß ich nicht.

Gibt’s Pläne für ein Duett?
(lacht) Nein. Nein. Nein. Bisher noch nicht.

„Die Gay-Community ist dankbar für die Oben-ohne-Fotos die Putin so gerne verbreitet. Der ist doch gut in shape!“

Haben Sie sich für Fußball interessiert? Vielleicht beim ASV Bad Mitterndorf gespielt?
(lacht) Nein. Nein. Nein. Also, nein …

Als schwuler Mann könnte man ja vielleicht sagen: Ich schaue mir die Spiele wegen der Fußballerbeine an.
Ach so, ja …

Gab es den einen Moment, wo sie sich dachten: Ich finde Männerwadeln in der Lederhose interessanter als Damenbeine im Dirndl?
Hm … ich finde ja Frauen auch sehr schön. Aber ich habe mich schon immer zu Jungs hingezogen gefühlt. Als ich klein war, wusste ich halt nicht, was das heißt. Es gab also nicht den einen Moment, wo ich gesagt habe: Aaah! Jetzt weiß ich’s!

Haben Sie mal im Lagerhaus Bad Mitterndorf einen Strohhut oder einen Griller gekauft?
Ich liebe das Lagerhaus! Ich liebe Baumärkte! Das ist einfach das Coolste, um Dinge zu finden, von denen man vorher nicht wusste, dass man sie braucht. Also ja, ich kaufe regelmäßig in solchen Märkten ein! Was ich an mobilen Lichtquellen habe, das ist absurd, aber na gut, wenn ich dort bin, dann kaufe ich halt noch so einen LED-strip, was weiß ich.

Mit Kundenkarte?
Nein, ich habe keine Kundenkarte für gar nichts, ich bin viel zu faul, um das auszufüllen. Und zahlen muss man’s ja eh trotzdem.

Blasmusik oder Feuerwehr?
Blasmusik. Ich habe ja Klarinette gespielt in der Blasmusik mit allem Drum und Dran.

Wann haben Sie dann gemerkt: Öha, jetzt werde ich eher selten nach Bad Mitterndorf kommen, weil ich ja vorher noch den UNO-Generalsekretär treffen muss, dann den Elton John, dann den Karl Lagerfeld, und dazwischen im Crazy Horse die Show.
Natürlich hatte ich nach dem Songcontest-Sieg mehr und andere Dinge zu tun als vorher, aber auch das hat sich eingependelt. Das war natürlich wahnsinnig extrem und viel, da war ich dann schon längere Zeit nicht zu Hause, aber ich muss sagen: Das hat mir auch nicht gefehlt. Mit 14 bin ich ja sowieso weggegangen aus der Steiermark und nach Oberösterreich gezogen, und zur Oma fahre ich immer noch gerne, wenn ich mich ausschlafen will, die macht den besten Kirschstrudel, so mit Milch … herrlich.

Beeindruckend war die Sicherheit und Natürlichkeit, mit der Sie all diesen berühmten Menschen be­gegnet sind.
Ich war natürlich schon auch unsicher! Aber ich habe im Gasthaus der Eltern von klein auf gelernt, wie man fremde Menschen begrüßt, wie man sich benimmt, das war etwas, worauf ich immer zurückgreifen konnte. Aber klar, wenn man solche berühmten Leute trifft, dann ist das einfach überwältigend.

Es gibt ein Video, da singen Sie dann auch wieder ganz selbstverständlich in Bad Mitterndorf mit dem Trachtenchor.
Die haben mir diesen Empfang gemacht nach dem Songcontest, und das war natürlich eine total schöne Geste. Ich habe es genossen, es war ein wahnsinnig schöner Moment, ich wollte unbedingt was mit den örtlichen Musikern und Musikerinnen machen.

Sie sind gerade 30 geworden. Das schwierige Alter für Popstars ist 27, das haben Sie nun schon drei Jahre überlebt. Tut trotzdem irgendwas weh? Das Knie, die Hüfte?
Nein, nein, bei mir ist alles in Ordnung, Gott sei Dank. Und ich hoffe, dass das auch noch lange so bleibt.

Für den Fall bekommen Sie im OptimaMed Kur-Center von Bad Mitterndorf sicher einen Rabatt?
Das hoffe ich!

Sex and Drugs and Rock’n’Roll – in welcher Reihenfolge?
Ach du meine Güte! Ich sage immer: Ich bin sehr diszipliniert in meiner Maßlosigkeit. Das heißt, ich nehme sehr ernst, was ich tue. Wenn ich also feiern kann, dann feiere ich, aber nur, wenn ich meinen anschließenden Kater auch planen kann und zwei Tage nichts zu tun habe, mehr Auszeit gönne ich mir nicht. Aber wenn Feierlichkeiten anstehen, so wie jetzt mein Geburtstag, dann erwarte ich von meinem Management schon, dass darum herum Tage geplant werden, wo ich mich erholen kann.

Wird international gefeiert? Hat Elton John angerufen?
Nein, nein. Alles findet in Wien statt. Und das mit den Berühmtheiten wird überschätzt, ich bin ja mit diesen Leuten nicht befreundet, auch wenn wir uns beruflich gut verstehen.

30, das heißt bei Frauen oft: Das war’s jetzt bald mal. Bei Männern heißt es im Gegenteil oft: Da geht noch was. Wofür entscheiden Sie sich?
Mir ist diese Zahl relativ wurscht. Ich habe mich nur sehr gefreut, überhaupt 30 zu werden. Ich nahm aber alle meine vorherigen Geburtstage genauso ernst, wie die anderen jetzt meinen 30er ernst nehmen. Ich habe gerade wieder so einen Endorphinschub wegen meines Geburtstags, ich kann es kaum erwarten, nächstes Jahr wieder zu feiern. Mein Wille zur Geburtstagsfeier ist jedenfalls ungebrochen.

Schaut man ein bisschen auf die Pfunde, wenn man älter wird?
J… Nein. Ich habe relativ gute Gene. Aber ich merke schon, wenn ich ständig am Abend Nudeln esse …

Weiße?
Natürlich weiße! Pasta schmeckt doch nicht als Vollkorn. Also, wenn ich die jeden Abend esse, dann kriege ich schon einen Bauch. Aber was soll ich denn tun, die schmecken halt so gut. Dafür trainiere ich viermal in der Woche …

Im Studio?
Nein, mit einem privaten Trainer zu Hause. Wenn ich den nicht hätte, dann würde ich wahrscheinlich gar nichts machen.

Conchita im Gespräch mit WIENER-Autor Manfred Rebhandl. Foto: (c) Maximilian Lottmann

Sagen Sie uns vom Männermagazin noch mal, wie schön oder befriedigend es ist, in ein enges Kleid hineinzuschlüpfen und zu merken, dass es perfekt passt.
Das war eine Zeit lang extrem lustig. Und ich habe das ja in einem Maß gelebt, wie das die wenigsten machen. Mittlerweile muss ich sagen: Ich langweile mich ja schnell mit mir selbst, und das letzte Mal, dass ich ein Kleid getragen habe, war vor zwei Jahren. Aber ich kann das jedem Mann nur empfehlen. Ich find das total cool, mal jemand anderer zu sein, da lernt man unglaublich viel über sich selbst.

In unserer verrückten Welt ist eine Frau mit Bart vielleicht schon wieder das Normalste?
Das ist doch eine schöne Entwicklung! Für mich ist das ja heute auch etwas ganz anderes, als es damals war. Ist doch super, dass im Mainstream Künstler funktionieren, die ihr Leben kompromisslos gestalten. Und dass die Menschen das auch annehmen und res­pektieren und nicht gleich in eine Abwehrposition gehen.

Neta, die israelische Siegerin aus dem letzten Jahr, möchte Sie treffen und nennt Sie „ihr Mädchen“. Die ist aber lesbisch, nehme ich an. Und Sie sind schwul. Kann sein, dass es irgendwann kompliziert wird?
(lacht) Ich hab keine Ahnung, aber für mich sicher nicht. Ich werde heute einfach zu ihrem Konzert gehen.

Was ist musikalisch noch drin? Dolly Parton ist mittlerweile 72, jemand muss sich ihres Country-­&-Western-Erbes annehmen. Ist das eine Option, oder sagen Sie wegen der enormen Oberweite von Dolly: Nein, kein Thema für mich?
Ich kann mir musikalisch wahnsinnig viel vorstellen, jedes Genre geht, Musik ist Musik. Nur bei Death Metal weiß ich nicht, ob ich das könnte. Die schreien ja nur, da werde ich heiser.

Als Sie zurück kamen vom Song Contest, da trafen Sie Kanzler Faymann. Das war vielleicht schon ein Vorgriff auf Zeiten, in denen es nicht immer nur bergauf gehen kann …
(lacht hysterisch)

Nun wurde ein Teil der Deutschland-Tournee abgesagt. Tut das weh?
Es ist ein Desaster. Natürlich hat man es auf der einen Seite zu akzeptieren, aber es ist ein Desaster. Man arbeitet darauf hin, man bereitet sich vor, die Fans haben Tickets gekauft, und dann wird alles plötzlich abgesagt. Und du stehst da und fragst dich: Was??? Also, es ist ein Desaster.

So ist wohl der sogenannte Betrieb?
Das ist alles wahnsinnig komplex, absolut. Ich bin in diesem Betrieb der Künstler, ich konzentriere mich auf das, was ich am besten kann, und das ist, Menschen zu unterhalten. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, und ich liebe es, mein Publikum für mich zu gewinnen.

„Also Donald, ich hab’s noch immer nicht verstanden. Was meinst Du damit genau? Lauf doch nicht weg! Erklär’s mir!“

Wie war das, als sich plötzlich Leute wie Putin zum Thema „Conchita“ meldeten? War das ein Schock?
Alle, die etwas zu sagen haben, mögen das bitte tun. Und die Gay Community ist dankbar für die Oben-ohne-Fotos, die er so gerne verbreitet.

Auch mit den Männerbrüstchen?
Der ist doch gut in shape!

Wenn Sie Heels tragen, haben Sie dann immer Ballerinas oder Flipflops in der Handtasche?
Na, ich hab mich da durchgebissen, 12 cm Hacken, kein Plateau, sechs Stunden durchgehend, oder acht. Das war mir ein Bedürfnis, das zu tun. Aber dann habe ich irgendwann wieder aufgehört, es zu tun.

Zuvor waren Sie freilich in der Wüste Afrikas – „Auf High Heels“ für RTL. Ist da die Gage so gut, dass man das tun muss?
Na ja, damals war ich noch nicht so berühmt. Und als Österreicher von einem Deutschen Privatsender eingeladen zu werden, das konnte ich nicht ausschlagen, weil ich ja auch Rechnungen bezahlen musste. Ich habe dabei aber auch viel über mich gelernt, zum Beispiel, dass ich Reality-TV nicht kann. Es geht dabei darum, sich selbst darzustellen. Manche Menschen wissen, wie das funktioniert, aber ich gehöre zu denen, die das zwar auch wissen, aber halt nicht können, weil ich nicht zu allem was zu sagen habe.

Abschließende Frage: Sie und Donald Trump sind die letzten beiden auf einer abgelegenen Insel, was machen Sie? A) Verstecken Sie sich? B) Ertränken Sie sich? Oder C) machen Sie ihm einen Saibling und denken: Meine Güte, der ist ja auch nur ein Mensch?
Ich glaube, dass er spätestens nach zwei Tagen schreiend vor mir davonlaufen würde, aber das Gute ist, dass er nicht schnell laufen kann. Also würden ihn meine Fragen immer wieder einholen: Also Donald, ich hab’s noch immer nicht verstanden? Was meinst du damit genau? Lauf doch nicht weg! Erklär’s mir!

Ist er in irgendeiner Weise ein attraktiver Mann, oder stinkt er ab gegen Putin?
Also, wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre ich bei Putin, aber ich glaube, es gibt Menschen, die alles attraktiv finden. Es gibt schließlich für alles einen Fetisch.

Conchita

neuerdings ohne Beinamen Wurst, ist die Travestie-Kunstfigur des österreichischen Musikers Tom Neuwirth. Er wurde vor 30 Jahren in Gmunden geboren und schaffte es über die ORF-Talenteshow DIE GROSSE CHANCE schließlich mit dem Lied „Rise like a phoenix“ zum Song-Contest-Sieger 2014 in Kopenhagen. Mit seiner Botschaft „We are unstoppable“ beeindruckte der bekennende Homosexuelle die ganze Welt und nahm auch denen den Wind aus den Segeln, die in ihm eine Ausgeburt des verweichlichten Europas sahen. Nun veröffentlicht er mit „From Vienna with Love“ ein Album. Hier mehr Infos über Conchita.

Die Platte

„Ich hatte das Glück, dass sich die Wiener Symphoniker ein bisschen in mich verliebt haben – daraus wurde dann die Idee geboren, dass man gemeinsame Sache macht. Ich hätte mich nicht getraut zu fragen.“ Heraus­­gekommen ist „From Vienna with Love“, ein Pop-Crossover mit Balladen von Celine Dion, Barbara Streisand oder Shirley Bassey. Auch „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ interpretiert Conchita neu. Die Symphoniker sorgen für eine bombastische Soundkulisse, mit „Have I ever been in love“ steuert Conchita eine Eigenkompositionen bei. „Es ist das Album geworden, das sich jeder gewünscht hätte nach dem Eurovision-Sieg – aber ich bin ja nicht bekannt dafür, dass ich das mache, was sich jeder wünscht.“ Die Fans werden glückliche Stunden mit dem Album verbringen.