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Man of Stil: Eure Lordschaft Herbert Rieger

Seit 1973 geht das „Who is Who“ der Wiener Szene bei ihm „shoppen“. Herbert „Lord“ Rieger hält in Wien 1, Gonzagagasse 15 nach wie vor für jene Hof, die ein wenig mehr als Mainstream wollen.

Foto: Maximilian Lottmann / Interview: Alex Pisecker

Was waren deine ersten Berührungen mit Mode?
Die fanden im Kurzwaren-Geschäft meines Vaters statt. Es gab Unterwäsche, Bettwäsche und die unvermeidlichen Kleiderschürzen. Aber das interessierte mich nicht. Also bin ich nach Amsterdam, dort waren die Hippies, A-dam war voll mit Ethno-Mode. Alle liefen herum wie Jimmy Hendrix: Rüschenhemden, ausgestellte Hosen, Gehröcke aus Samt und Redingotes (die hießen bei mir dann Matrix-Mäntel). Das hab ich dann produziert.

Herbert Rieger trägt: Samtsakko mit Brokat-­Stecktuch, Samthose mit speziellen Steppnähten, Jacquard-Hemd, alles „Lord Rieger“. Foto: (c) Maximilian Lottmann

Würdest du sagen, du hast die Carnaby Street nach Wien gebracht?
Ja. Ich hatte einen Freund, mit dem ich als Kind Fußball gespielt habe, er hat wenige Jahre nach mir auch Boutiquen in diesem Stil eröffnet. Ich habe ihn damals unterstützt. Die Geschäfte hießen „Front Line“. Ich hab auch ein Möbelgeschäft gehabt, die Möbel hab ich damals schon aus Indonesien geholt, containerweise. Etliche davon stehen immer noch im Zoo von Schönbrunn herum.

Was gab es für Bekleidungsgeschäfte, als du 1973 begonnen hast?
Es gab den Schöps und den Kleiderbauer, die waren die Großen. Fürnkranz gab’s auch, für die feinen Damen. Natürlich den Adlmüller auf der Kärntner Straße, aber der war ein Modeschöpfer. Und Sir Anthony war schon da. Aber für junge Leute gab es kein Angebot, sie waren keine Zielgruppe. Erst Anfang der 70er entstanden Boutiquen, die sich auch so nannten.

Wodurch wurde der Name „Lord Rieger“ inspiriert?
In London hießen alle Boutiquen Lord Irgendwie … Das hat mir gefallen, da hab ich dann „Lord Rieger“ draus gemacht.

Wie würdest du deinen persönlichen Stil beschreiben?
Mein Stil ist Rieger – meine Mode ist einmalig und mein Stil zieht sich durch und zwar von Anfang an.

Wie würdest du die zeitgenössische Mode beschreiben?
Als fad. Alles ist gleich – die Styles, die Farben, was soll ich sagen, kein Wunder, wird Mode doch von einigen Wenigen, die alle die gleichen Produzenten und Subunternehmer beauftragen, hergestellt. Irgendwie ist der Esprit und die Spritzigkeit raus.

Herbert Rieger

(70), geborener Wiener, bereiste während des Studiums den fernen Osten, aber auch Europa und landete so Ende der 60er-Jahre in London. Fasziniert von der Londoner Modeszene, erstand er ausgewählte Teile, die er in Wien zu horrenden Preisen verkaufte. Rieger erkannte die Marktlücke – Mode für junge Menschen fehlte – und stieg 1971 voll ein. Er importierte „fancy styles“ aus UK, startete dort eine eigene Produktion und eröffnete 1973 die erste Boutique in der Judengasse. Die Produktion dehnte sich auf Paris und Fernost aus. Rieger betrieb einen österreichweiten Großhandel, besaß etwa 20 Filialen – sein Hauptdeal waren jedoch Jeans, und hier natürlich die legendäre Glockenjeans. Auf seinen Reisen lernte er Menschen wie Vivienne Westwood, John Galliano und Alexander McQueen kennen. Deren Mode bot er ab den frühen 80ern in Wien an. In den letzten Jahren ließ Rieger es ruhiger angehen – um 50 Jahre Modebusiness zu überstehen, muss man ein harter Knochen sein. „Lord Rieger“ bietet Vintage- und zeitgenössische Mode für Kunden, deren Stil über das Angebot der „üblichen Handelsware“ hinausreicht, an.

Adresse & Infos: Lord Rieger, Gonzagagasse 15, 1010 Wien, lord-rieger.at