Film & Serie

Im Rausch der Farben

Jakob Stantejsky

Die Faszination für das einzigartige Werk des großen holländischen Post-Impressionisten Vincent van Gogh ist weltweit ungebrochen, nach wie vor klettern die Preise für seine unvergleichlichen Bilder in Rekordhöhen. Die jüngste Verfilmung von Julian Schna-bel verlässt vorgetrampelte Pfade und zeichnet ein faszinierendes Bild des gebeutelten Künstlers.

Vor allem die Wahl Willem Dafoes für die Hauptrolle erweist sich als meisterlicher Move. Immerhin eine Oscarnominierung war drin, und das völlig zu Recht. Der extrem wandelbare und charismatische Schauspieler zeigt van Gogh als eine gegen Ende seines Lebens getriebene, zerrissene und letztlich verkannte und vereinsamte Person. In den Mittelpunkt der Handlung rücken drei essenzielle Phasen des Malers: sein Aufenthalt in Arles, die Einweisung in die Nervenheilanstalt Saint-Remy und die letzten Wochen in Auvers. Van Goghs bester Freund und Malerkollege Paul Gauguin, brillant verkörpert von Oscar Isaac, steht ihm zur Seite, ebenso wie sein Bruder Theo. Der psychische Verfall van Goghs kann jedoch von beiden nicht aufgehalten werden, selbst der Versuch eines erhellenden Gesprächs mit einem Pfarrer (Mads Mikkelsen) scheitert. Wiewohl Regisseur Schnabel auf Effekthascherei rund um die Episode mit dem berüchtigten abgetrennten Ohr verzichtet, wagt er sich mit seiner Version von van Goghs letztlich tödlicher Schussverletzung in gewagtes spekulatives Gebiet vor, dessen Sinn sich nicht ganz erschließt.

Großartig aber auf jeden Fall die Kameraarbeit. Die meist eingesetzte Handkamera folgt in langen Montagen dem Maler, der wie ein gehetztes Tier auf der Suche nach Motiven durch die Landschaft streift. Mit einem Blick über die Schulter wird der aggressive, rasante Pinselstrich dokumentiert, schlaue Bewegungen der Kamera verleihen den Bildern die so wichtige Tiefe der Struktur. Extreme und unruhige Close-ups von Dafoe, wenn er den Wahn van Goghs wiedergibt, wechseln sich mit ruhigen, farbintensiven Totalen ab. „An der Schwelle zur Ewigkeit“ ist ein filmisches Porträt, das anders als die ebenfalls großartige Aufarbeitung mit Kirk Douglas in der Hauptrolle von 1956 weniger die unbändige Energie und Passion über ein ganzes Leben zeigt, sondern vielmehr das verzweifelte letzte Aufbäumen eines schlussendlich an seiner eigenen Kompromisslosigkeit gescheiterten Genies zeigt.

VanGogh – An der Schwelle zur Ewigkeit, Produzent: Jon Kilik, Regie: Julian Schnabel, Hauptdarsteller: Willem Dafoe, Oscar Isaac, Mads Mikkelsen Verleih: Filmladen, Start: 18.4.2019

Foto: Filmladen