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Immer derselbe Schmäh

Es hat sich schon einiges verändert seit 1979, nicht nur zum Guten. Schön also, dass auf manche Konstanten Verlass ist. Wie zum Beispiel den Bullshit, mit dem manche Erscheinungen seit jeher und immer wieder durch- oder auch: weiter nach oben kommen.

Text: Maximilian Barcelli, Jakob Stantejsky / Fotos: Getty Images

Nigeria verfügt über enorme Ölvorkommnisse, doch nur die wenigsten Einwohner profitieren im bevölkerungsreichsten Staat Afrikas davon. Dass sich quasi der gesamte Reichtum des Landes auf einen einzigen nigerianischen Prinzen konzentriert, verblüfft dann doch. Und dass dieser sein gesamtes Vermögen über E-Mails verschenkt, noch mehr. Damit man selbst zum Handkuss kommt, ist lediglich eine klitzekleine Bearbeitungsgebühr von 5.000 Euro nötig.


Inglourious Basterds, James Bond 007: Spectre, The Legend of Tarzan – im Grunde spielt Christoph Waltz eigentlich immer die gleiche Rolle. Selbst in Filmen, in denen Waltz nicht mitspielt, spielt jemand Waltz – Stichwort Oswaldo Mobray aus The Hateful Eight. Im Unterschied zum immer gleichen Schmäh, mit dem andere seit Jahren durchkommen, ist Waltz’ Schmäh aber wenigstens großartiger Schmäh. Worauf auch die zwei gewonnenen Oscars hindeuten.


Für Uri Geller sind die Gesetze der Physik lediglich unverbindliche Richtlinien. Mit seinen übernatürlichen Kräften verbiegt er nicht nur Löffel, sondern auch Spiralen – sagt er jedenfalls, seit jeher. Wo­raufhin eine ungewollt schwanger gewordene Frau den Jesus des 20. Jahrhunderts verklagte. Offensichtlich war die Abfindung so hoch, dass er seine 23-Zimmer-­Villa in Großbritannien aufgeben musste und zurück nach Israel zog. Oder so.


Man muss sich nicht unbedingt selbst verändern, um hoch hinauszukommen, es reicht auch, wenn das die Welt rundherum tut. Bestes Beispiel: Donald Trump.


Während Dieter Bohlen in den 80ern mit einer Reihe gleichklingender Songs 60 Millionen Tonträger verkaufte, wechselte er 2002 von der Bühne auf die Jurorenbank von DSDS. Mitgenommen hat er dabei vor allem eines: sein unverwüstliches, atombombensicheres Selbstbewusstsein. Seine unverblümten Sager begeistern jedenfalls das Publikum, das offensichtlich vergessen hat, dass er für Gräueltaten wie „Cheri Cheri Lady“ verantwortlich ist. „Deshalb haben irgendwelche Leute Drogen erfunden – um so was auszuhalten“, hat Bohlen einmal gesagt. Und recht hat er.


Im 18. Jahrhundert war Waschen tabu, da nicht das liebe Nagetier, sondern das böse Wasser die Pest übertrug, und außerdem wurden fast keine Hexen mehr verbrannt. Dass der Urvater des Globuli, Samuel Hahnemann, die Homöopathie begründete, passt also ganz gut in diese Epoche.


Wer errät, seit wann Gerda Rogers auf Ö3 die „Sternstunden“ moderiert? Tatsächlich exakt 30 Jahre lang verklickert sie nun schon ihren Anrufern, welchen perfekten Liebesmatch sie für sie „sieht“, und das funktioniert auch ohne Peter L. Eppinger, der ja jetzt kürzer (bruhaha) tritt. So bizarr die Sendung beim Zuhören erscheint, so erfolgreich ist sie noch immer. Und wir sehen kein Ende für Frau Rodgers.


Einst war sie Journalistin, eine der prominentesten Anchor-Women des ORF. Dann wechselte sie in die Politik und wurde streitbare Frau Bezirksvorstenzel. Mittlerweile ist sie bei der FP gelandet, verdient rund 9.000 Euro brutto pro Monat als nicht amtsführende Stadträtin und hat hoffentlich vorerst ihren Karrierehöhepunkt erreicht. Inhaltlich sollte sie sich übrigens seit Längerem am Namen ihres honorigen, leider verstorbenen Ehemannes orientieren: Der Mann war Burgschauspieler und hieß Heinrich Schweiger.


Rund 50.000.000 Alben haben Coldplay mittlerweile verkauft, was die Briten zu einer der erfolgreichsten Bands seit 2000 macht. Warum das so ist, wissen wir auch nicht genau. Denn das eintönige Geschrammel der „Rocker“ wiederholt sich in jedem neuen Song im Viervierteltakt, als handele es sich um eine unendliche Hypnosesession. Wurscht, den Leuten g’fallt’s.und Coldplay füllen weiterhin Stadien. Na-na-na-na, na-na-na-na, na-na-na-na …


Die Heilige Schrift? Eine Ansammlung von Geschichten und Anekdoten mit zum Teil aberwitzigem Fantasy-Einschlag, die wer wem erzählt hat, der sie wem erzählt hat, der sie wem erzählt hat, der sie dann aufgeschrieben hat. Wahrheitsgehalt? Dogma, Baby! Den 2.260.000.000 Anhängern des Christenstums ist das freilich schnurz, weil: Die glauben ja. Immerhin – die Päpste werden von Mal zu Mal cooler …


KAUFEN SIE, KAUFEN SIE, MEINE DAMEN UND HERREN! WÄHREND WIR HIER REDEN, HABEN WIR SCHON 50 STÜCK VERCHECKT!, und der fleißige Ticker in der rechten oberen Ecke steigert sich in Sekundenschnelle in vierstellige Gefilde. So schnell kann keiner telefonieren, wie der Teleshop seine Produkte vertickt. Trotzdem gibt es Dauerwerbesendungen auch in Zeiten von Google, Amazon und Co noch immer. Da sollten wir Printmedien uns was abschaun. Nur – was?