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Greta Thunberg – Weltrevolution auf Leiwand

Wenige Menschen der Geschichte haben in so kurzer Zeit so viel in Bewegung gesetzt wie die 16-jährige Schwedin, die den Klimawandel und seine Gefahren in knapp zwei Jahren zum Thema Nummer eins gemacht hat – und das ganz ohne Waffen.

Text: Franz J. Sauer / Fotos: Getty Images

Wie sagte Bundespräsident Van der Bellen letzthin sinngemäß? Wenn uns die Klimakatastrophe dahinrafft, und sie ist ja bekanntlich auf einem ganz guten Weg dahin, dann ist es völlig egal, „ob Russland oder die USA die längeren Raketen haben.“ Er war es auch, der laut einem beliebten Online-Meme der kleinen Greta Thunberg die Schlüssel fürs Bundeskanzleramt überreichen hätte sollen, als sie Ende Mai in Wien war und Österreich gerade keine intakte Regierung hatte. Greta, 16, schwedische Schülerin, stand im August 2018 vor dem schwedischen Reichstag mit einer Tafel, auf der übersetzt „Schulstreik für das Klima“ geschrieben stand. Anstatt wie andere AltersgenossInnen das Schuljahr zu beginnen, setzte sie ihren Protest so lange fort, bis damit öffentliche Aufmerksamkeit erreicht wurde. Schon zwei Monate später hatte sich ihr Einpersonen-Streik unter dem Hashtag #FridaysforFuture zu einer globalen Bewegung ausgeweitet, ebenso stieg der weltweite Bekanntheitsgrad der streitbaren Schwedin. Seither setzt Greta ihre markigen Sprüche, die stets „jene an der Macht“ dazu auffordern, endlich etwas für das Klima und somit ihre, Gretas, Generation zu tun, oder aber ob der bevorstehenden Katastrophe endlich in Panik zu geraten, vor jedem großen Forum internationaler Staatenlenker oder Wirtschaftsbosse in Szene. Sie traf allerlei Persönlichkeiten, vom Papst bis Jean Claude Juncker, von Bono bis Arnold Schwarzen­egger. Donald Trump mag sie allerdings nicht treffen, er würde ihr nicht zuhören. Trotzdem machte sich die strikte Flug­verweigererin jüngst per Sport­segelyacht auf den Weg über den Atlantik, um auch auf der anderen Seite der Welt ihre Meinung in entsprechend prominentem Rahmen kundzutun; Während diese Ausgabe am Kiosk liegt, tritt Greta bei der „Climate Week NYC“ während der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, im November wird sie an der UN-Klimakonferenz 2019 in Santiago de Chile teilnehmen. Ach ja: Das Schuljahr 2018/19 hat Greta trotz Schulstreik mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie hat nun ihre Pflichtschuljahre in Schweden absolviert.

All die Aktionen, all die markigen Sager, all der wohlproportionierte Aktionismus der Greta Thunberg und speziell dessen mediale Aufbereitung und Verbreitung mit wahrlich verblüffendem weltweiten Nachdruck bedarf selbstredend eines Apparates, der nicht nur aus ihr selbst besteht. Greta hat Unterstützer, die auf dem Gebiet der PR zumindest nicht unbefleckt sind und waren. Events wie die Anreise zum Weltwirtschaftsforum nach Davos per E-Auto, quer durch Europa per Zug und schließlich nach Amerika per Super-Segler haben sich teils von selbst, aber zunächst doch fein in Szene gesetzt zu riesigen PR-Aktionen gemausert – und das ganze Social Network diskutiert mit. Mit allen Licht- und Schattenseiten.

Obwohl es vollkommen lächerlich ist, darüber zu diskutieren, ob der Segeltörn der Greta letztlich einen, zwei oder fünf Flüge verursachte, zeigt die Tatsache, dass diskutiert wird, schon, mit welcher Wucht ein 16-jähriges Mädchen einen Nerv treffen kann, wenn es die richtigen Worte findet und sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Die Sinnhaftigkeit beziehungsweise den direkten Impact von Gretas Aktionen für die Weltrettung zu diskutieren, würde nicht nur diesen Rahmen hier sprengen, es geschieht sowieso andauernd. Mehr oder weniger trottolös. Wer dabei sein will, soll einfach Facebook aufdrehen. Die Tatsache aber, dass allein in diesem Heft fünf Stories ohne redaktionelle Absprache mehr oder weniger direkt auf Greta und die von ihr intonierte weltweite Krisenstimmung Bezug nehmen, macht sie mit Verve zum WIENER des Monats.

Greta Thunberg,
16 Jahre alt und ziemlich streitbar, reist so CO2-neutral wie möglich durch die Welt und schmettert den Entscheidern derselben unliebsame Wahrheiten entgegen, die nicht weniger besagen, als dass jene sie, die Welt nämlich, gehörig in die Germ geführt haben. Wenige Menschen der Geschichte haben in so kurzer Zeit so viel Aufmerksamkeit erreicht. Und aber auch den Rummel um die eigene Person so geschickt kanalisiert.