Motor

Bundesbahn-Blues

Ich bin ein Klimaheld, zumindest hab ich das nun schriftlich. Es steht auf meinem ÖBB-Ticket. Eigentlich sind es derer drei mittlerweile, denn ich hatte in den letzten Wochen öfters in Innsbruck zu tun. Vier Stunden 14 dauert die Anreise von Wien Hauptbahnhof bis zu selbigem in Tirols Gebirgsmetropole, und das toppt man nur mit eher schnellen, automobilen Gefährten bei nachhaltig freier Fahrbahn. Außerdem sollte man im Auto nicht öfters wegknacken, wenn man es über die Autobahn bewegt. Derlei wäre in der Ruhezone des Bundesbahn-Waggons gefahrlos möglich. Was in der Realität freilich gänzlich anders aussieht, hat man es mal ausprobiert.
Zwar wirst du in der Ruhezone nicht nur vom Schaffner giftig angesehen, wenn du ans Telefonieren auch nur denkst. Auch die Mitfahrer verstehen da keinen Spaß. Vor allem nicht die Mutter des entzückenden, etwa zweijährigen Buben, der zwei Reihen hinter mir von St. Pölten bis Wörgl rechtschaffen lautstark das Reden übte. Die Familienzone wäre zwei Waggons weiter gewesen, allerdings in der zweiten Klasse. Was, wenn man nicht wirklich Wochen im Vorhinein reserviert, einer Stehplatzkarte gleichkommt.

Um der Autoplage habhaft zu werden, wünscht sich der geneigte Social-Media-Revoluzzer ein möglichst weitverzweigtes, möglichst kostenloses Zugnetz in Österreich. Wie weit wir realiter davon entfernt sind, weißt du nach drei Mal Ibk und retour. ­Weder ist die Zugfahrt billig (vor allem wenn du zu mehrt reisen musst) noch gemütlich oder gar entspannend. Hätte ich die gleiche Route mit unserem tollen Dauertester, dem Erdgas-Seat, zurückgelegt, ich wäre sogar mit Erhaltungskosten inbegriffen günstiger gefahren. Dafür hätte ich meine Ruhe gehabt beim Nichtschlafen, und das noch dazu ohne Kreuzschmerzen. Aber wenigstens schneller war’s, unbestritten.


Franz J. Sauer
ist Herausgeber von motorblock.at und Motorist mit Leidenschaft. Die durchaus manchmal Leiden schafft.

Foto: ÖBB