Motor

Ich alter Sack!

In der Stoesslgasse zu Wien-Hietzing gab es eine Kreuzung, wo man nicht nur bevorrangt war, sondern die schwerst bombierte Beckgasse auch einen formidablen Sprunghügel darstellte, wenn man zuvor ordentlich Geschwindigkeit aufbaute.

Mein 88er-Passat ließ sich dort ohne Mühe auf knapp 80 km/h hochorgeln, und durch die butterweiche Kugelschreiberfederung waren Abhub, Flug und speziell die Landung immer wieder spannende Angelegenheiten im Bestreben, Feindberührung oder gar Kaltverformung zu vermeiden – den verbogenen Querlenker rechts vorne bekam ich erst mit der üppigen Rechnung fürs nächste Pickerl serviert. Richtige Wertungsfahrten veranstalteten wir blöden Buben dort, wenn auch teilweise mit unfairen Mitteln, da Teile des Starterfeld die Autos von Mama oder gar Papa marterten – und daher entsprechend furchtloser ­antraten.  

Stoessl- und Beckgasse gibt’s noch immer, auch die Vorrangverhältnisse haben sich nicht geändert. Wenn ich heute auf den „Schanzentisch“ zusteuere, werde ich nicht nur langsamer, ich bleibe sogar vollständig stehen vor der Kreuzung, trotz Vorrang. Weil es ja sein könnte, dass mich ein mir den Vorrang Nehmender volley verräumt, während ich bedenkenlos über die Bombierung schwinge. 

Schnellfahren macht keinen Spaß mehr. üblicherweise hört man das von Fahrgefährten, die die einstmals lasche Kontrolle von Speedlimits, so es sie überhaupt gab, vermissen. Ich meine es hier und jetzt aber durchaus in der Sache; Bolzen in der Stadt, zwischen parkenden Autos, wo sich Hindernisse hervortun können, die man dort nie verortet hätte? Da überwiegt die Angst das Hochgefühl bei Weitem. Bolzen auf der Autobahn? Also da müsste man sich schon schwer im Kriminal bewegen, um überhaupt etwas zu spüren bei modernen Autos. Es ist soweit, ich gebe es zu: Der Auto-Sex des Alters ist der Blick auf die Momentanverbrauchsanzeige, und da geht’s um weniger, und nicht um mehr.


Franz J. Sauer
ist Herausgeber von motorblock.at und Motorist mit Leidenschaft. Die durchaus manchmal Leiden schafft.