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Finstere Zeiten

Sommerzeit ist Horrorzeit! Wenn die Nächte kurz sind, zahlt sich schlafen eh nicht mehr aus. Da kann man eigentlich gleich durchzocken und ordentlich das Fürchten lernen, zum Beispiel mit „Those Who Remain“.

Text: Markus Höller / Foto: Hersteller

Es ist nicht so, dass wir in den letzten Wochen nicht genug ­(sur-)realen Irrsinn erlebt hätten, und damit meine ich nicht Hamsterkäufe oder McDrive-­Autokolonnen. Nein, vielmehr hat uns Gamer auch die unglückliche Kombination aus Homeoffice aka „viel Zeit zum Zocken daheim“ und die zahlreichen Verschiebungen heiß erwarteter Titel getroffen. Ganz speziell vor allem die von Horror- und Endzeit-Titeln wie „The Last Of Us 2“ oder „The Dark Pictures: Little Hope“. Premium-Games, die gerade jetzt so richtig gut in das kafkaeske reale Geschehen gepasst hätten, kommen jetzt erst viel später auf den Markt, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Und damit sich das WIENER-­Phrasenschweinderl gleich über noch einen Euro freuen kann: Jede Krise ist eine Chance! In dem Fall für Independent-Studios, die ohne exakt getimte und leicht aus dem Tritt zu bringende Marketingmaschinen funktionieren müssen und deswegen ihre Titel rausbringen, Pandemie hin oder her. Wie zum Beispiel Wired Productions, die das vom Studio Camel 101 entwickelte Horror-Adventure „Those Who Remain“ gleich für die Plattformen PS4, Xbox, PC und Switch (letzteres im Sommer) rausbringen und damit in der Zeit nach dem polarisierenden Remake von „Resident Evil III“ praktisch ­alleine auf weiter Flur im ­Horror-Genre präsentieren.

Das Setting ist so einfach wie effektiv: Man schlüpft First Person in die Rolle von Edward, der trotz guten Lebens eine Affäre hat, die er zu beenden trachtet. Auf dem Weg dorthin jedoch ­werden die hehren Vorsätze jäh durchkreuzt, als er in dem verschlafenen Nest Dormont im Golden Oak Motel eincheckt. Schon bald vermischen sich Realität und Horror in mehreren Dimensionen, die nur eines gemeinsam haben: bloß nicht das Licht verlassen!

Die eigentlich für weit simplere Anwendungen gedachte Unity Engine stemmt die grafischen Aufgaben erstaunlich gut, die für das Gameplay so wichtigen Licht­effekte kommen gut zum Tragen. Das liegt aber auch daran, dass „Those Who Remain“ praktisch keine der – zugegebenermaßen gut funktionierenden – Horror-Tropen auslässt. Und natürlich die seit Jahren angesagte 80er-Welle gekonnt reitet. Flackernde Neon­röhren, spontane Levitation, ein bisschen klerikaler Spuk hier, ein wenig leuchtende Augen da. Dennoch, was für einen Carpenter seit Jahrzehnten gut genug ist, soll uns auch auf Konsole und PC recht sein. Ein kurzweiliger Indie-Titel für laue Nächte, der uns die Wartezeit zur Normalität und den großen Blockbustern wohlig schauernd verkürzt.

Those Who Remain
Entwickler: Camel 101
Publisher: Wired Productions
Erschienen für: PS4, Xbox One, PC, Switch
Spieler: Singleplayer
Engine: Unity