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Der andere Rebhandl – Rock Rockenschaubs Kolumne im WIENER #W441

Dirty Willy spürte es wieder mal im Arsch, und langsam glaubte er, dass es sich dabei um die sogenannte Prostata handeln könnte. Als er uns das sagte, waren wir alle überrascht, denn wir wussten gar nicht, dass die Prostata im Arsch lag. Lemmy wusste nicht einmal, was eine Prostata ist.

Er war nämlich noch nie in den Genuss einer Massage von Mitsu Suzuki gekommen. Die hieß nicht nur so wie Barry Sheens Motor­räder, sondern war auch ähnlich heiß wie diese. Obendrein bedeutete ihr Vorname „Licht“, wie sie uns einmal sagte, und das fanden wir irgendwie lustig, wo sie doch bekannt dafür war, besonders ­talentiert am Kamin herum­zuarbeiten.
Dafür legte man sich bei Mitsu im „Pink Flamingo“ auf eine Nuru-­­Matte, nachdem man zuvor ein, zwei Liter Puffbrause an der Bar für sie bezahlt hatte, die sie aber natürlich nicht trank, weil sie bei ihrem Job nüchtern bleiben musste. Dafür leerte sie dann ungefähr dieselbe Menge Öl über einen ­drüber, wenn man vor ihr auf der Matte lag – am Bauch – , und dann setzte sie sich in das ganze ölige Schlamassel mit hinein. Was noch fehlte, waren Zwiebeln und Essig.

Sie fing dann immer bei den Zehen an, zu massieren, wie das auch Horst draußen im Ottakringer Bad mit den Ladys machte, wenn er sie eincremte, und arbeite sich die Unter- und Oberschenkelmuskulatur entlang hinauf bis zum Arsch. Dort irgendwo war dann die Prostata. Weiß der Teufel, wie sie die fand, aber sie fand sie immer!

Willy jedenfalls war jetzt so weit, dass er einen Arzt aufsuchen wollte, und ich sollte ihn dort hinbringen. Er hatte auch schon einen Termin ausgemacht, und zwar bei Dr. Andrea Mauri, der einzigen Frau, die er im Telefonbuch finden konnte, die diesen Job er­ledigen würde. Der Termin war in einer Stunde, und ich tätigte noch einen Rundruf bei meinen Kumpels, ob nicht noch jemand von ­ihnen mitfahren wolle. Wann hatte man schon die Gelegenheit, eine richtige Arschärztin zu sehen?

Kubelka, der Gehirnschlosser, und Fink, der Griffelschwinger, waren sofort dabei. Und auch Lemmy packte noch ein paar Anfütterungstütchen mit ein, bevor er sich hinten im Datsun zu den anderen dazu drängte. Den Platz vorne hielten wir für Guttmann frei, den wir am Weg zu Dr. Arsch noch abholen wollten. Er nahm ein paar Stück Würfelzucker zu sich, und dann war auch er bereit für die Reise.

Wir kamen pünktlich dort an, und nach einer Minute kam Willy wieder heraus. Er schrie: „Sie ist ein Mann!“ Wir hatten noch gar nicht angefangen, die Füße auf den Tisch im Wartezimmer zu ­legen, und Lemmy hatte erst ein Anfütterungspäckchen verteilt. Die Wartenden verloren ihr ­Interesse, als sie merkten, dass Willy zu uns gehörte. Er hatte die Hose noch unten, und ich musste sie ihm richten. Dann sagte er: „Wir fahren!“

Wir hatten wieder einmal vergessen, dass die verdammten Italiener ja alle wie Frauen hießen. Schweigend fuhren wir zurück in unsere Gegend, dabei kamen wir am „Pink Flamingo“ vorbei. Ich ging ein wenig vom Gas und checkte über den Rückspiegel die Stimmung. Ich erntete einstimmiges Kopfnicken und parkte ein.

Wir machten es uns mit Mitsu Suzuki im Massageraum für ­Fußballmannschaften gemütlich, spendierten ihr ein paar Liter Puffbrause, die sie nicht trank, und ließen uns das Öl über die Ärsche leeren. Dann tastete sie uns die Prostata ab, wie es sich gehörte. So gut und gründlich, dass dann auch Lemmy wusste, wo sie war.


Manfred Rebhandl
Autor in Wien. Zuletzt erschien von ihm „Sommer ohne Horst: Rockenschaub löst auf alle Fälle alle Fälle“ (Haymon Verlag 2020)