STIL

IWC Portugieser Chronograph – Taschenuhr fürs Handgelenk

Franz J. Sauer

Als die IWC Portugieser 1939 zur Welt kam war sie eine der größten Uhren ihrer Epoche. 82 Jahre später erstrahlt der elegante IWC Portugieser Chronograph noch immer in frischer Eleganz und aber auch technisch weiterentwickelt.

Erstmals hat der IWC Portugieser Chronograph mit der Referenz 3716 nun ein eigenes IWC-Manufakturwerk, dem man, ebenfalls neuerdings, durch einen Sichtboden beim Werken zu sehen kann. Aber man tat gut daran in Schaffhausen, in die optischen Proportionen des eleganten Zeitmessers nur dezent bis unmerklich einzugreifen.

Klassisch, flächig, unaufgeregt, mit höchstem Augenmerk auf Eleganz und Understatement; Diese Eigenschaften bewahrte sich die IWC Portugieser-Reihe, die 1939 auf direkte Anfrage und dem damaligen Zeitgeist eigentlich schwer gegen den Strich gebürstet zur Welt kam.

Für Seeleute und Offiziere

Es waren portugiesische Uhrenhändler, die 1938 in Schaffhausen vorstellig wurden und erklärten, eine große, runde, klobige „Taschenuhr“ fürs Handgelenk würde sich in den gehobenen Kreisen Portugals derzeit gut verkaufen. Bei IWC zeigte man sich einigermaßen erstaunt – schließlich waren die Uhren, die zu jener Zeit angesagt waren, klein, verspielt, meist eckig und dezent. Andererseits – man war ja schließlich im Bau von Taschenuhren stets erfahren und gut aufgestellt, insofern würde eine überschaubare Sonderauflage für den portugiesischen Markt sicher nicht an den Entwicklungskosten scheitern. Ein Werk war schnell gefunden, das Design bald entworfen und bis in die Mitte der Vierziger Jahre entstanden einige Exemplare der „Großen Uhr„, die erst viel später in ihrer langjährigen Historie zur „Portugieser“ avancieren sollte.

Die Ur-Portugieser von 1939, die damals noch nicht so hieß, gab es auch mit schwarzem Zifferblatt

Immer wieder neu aufgelegt

Wiewohl in den 50ern leicht modifiziert und mit neuem Handaufzugswerk ausgestattet wird die große IWC nie richtig zum Verkaufshit. Ende der Sechziger Jahre werden Restbestände von alten Gehäusen neu aufgebaut, um den zu jener Zeit angesagten Trend auf große Uhren zu befriedigen, es bleibt aber auch jetzt bei überschaubaren Stückzahlen. Erst 1993, zum 125jährigen Firmenjubiläum wird an höchster Stelle beschlossen, der Handgelenks-Taschenuhr neues und beständiges Leben einzuhauchen. Auch der Titel „Portugieser“ wird in jenen Tagen erstmals offizialisiert.

Die Palette wird ausgebaut, ein ewiger Kalender findet ebenso ins langsam auf 40 mm Durchmesser anwachsende Rundgehäuse wie ein Tourbillon, auch Automatikwerke werden seit der Jahrtausendwende verbaut. In Form und Funktion unverändert bleibt die IWC Portugieser eine der Benchmarks von IWC im Segment der eleganten, robusten Herrenuhren, quasi als Pendant und Gegengewicht zu den hochsportlichen Fliegeruhren gleichen Alters.

IWC und der WIENER

Themensprung. Wir schreiben das Jahr 1979, die Portugieser steht noch vor ihrem dritten Frühling, in Wien entsteht aus der Idee einger schlauer Werbeköpfe rund um GGK-Kreativdirektor Gert Winkler die Nullnummer eines neuen Magazines namens WIENER. Mit an Bord: Der junge Art-Direktor Lo Breier, wie alle anderen der Redakteure mit Ausnahme des „Profis“ Franz Manola kein Journalist. Gerade letzteres Faktum erlaubt dem frechen wie ambitionierten Team, auch keine journalistischen Gepflogenheiten bei ihrem neuen Projekt anzuwenden; Etwa vorgefertigte Anzeigen anzunehmen.

Die WIENER Nullnummer anno 1979 (Foto: Michael Satke)

Das Selbstbewußtsein für diese „Arroganz“ liefert freilich die Tatsache, dass man ja sowieso in einer der größten Werbeagenturen des Landes tätig ist. Warum also sollte man die Annoncen, die ins eigene, neue Magazin finden, nicht gleich im Flow des selben mitgestalten? Von welchem Uhrenhändler letztlich er Beitrag stammte, eine IWC bewerben zu wollen und ob dafür Geld floß, ist im Nebel des Archivs untergegangen. Aber das Inserat war ein sehr schönes: Es zeigte nicht mehr als einnen Männerärmel, mutmaßlich in feines Tweed gehüllt und darunter, halbkreisig hervorlugend präsentiert sich: Eine klassisch-elegante IWC.

Das Inserat von damals, darauf die Referenz 3761 von heute. Ein Portugieser kann das Modell mit der Nummer 892/605 übrigens nicht gewesen sein – der zeichnete sich stets durch arabische Ziffern aus. Aber die Familie ist klar ersichtlich …

Ein Klassiker, neu aufgesetzt

Zurück ins Jahr 2021, erst im letzten Herbst wurden die überarbeiteten Modelle der Portugieser-Reihe präsentiert, unter anderem erstmals eine Version des Chronographen mit Stahlband. Klassiker ist und bleibt aber der Chrono mit Lederband, die Faltschließe wurde durch ein Butterfly ersetzt, für besseren Tragekomfort.

Das offene, klare und funktional gestaltete Zifferblatt mit zwei vertieften Compteuren bei „6 Uhr“ und „12 Uhr“, applizierten arabischen Zahlen und schlanken Feuille- Zeigern wird von einer filigranen Lünette umrandet. Der mit einer Viertelsekundenskala bedruckte Réhaut ermöglicht nicht nur ein präzises Ablesen der Stoppzeit. Er verleiht dieser zeitlosen Portugieser auch eine subtile sportliche Note.

In den neuen Modellen, die unter der Referenz 3716 geführt werden, bleibt das ikonische Design dwes IWC Portugieser Chronograph äusserlich unverändert. Die wesentliche Neuerung verbirgt sich im Inneren der Uhr: Für die präzise Anzeige und Messung der Zeit sorgt das IWC-Manufakturkaliber 69355. Das robuste und präzise Chronographenwerk in klassischer Kolonnenradbauweise lässt sich durch einen Sichtboden betrachten. Ein automatischer Klinkenaufzug baut eine Gangreserve von 46 Stunden auf. Erhältlich sind sechs verschiedene Ausführungen in 18 Karat Rotgold oder Edelstahl.

Die Portugieser im Alltag

Gemessen an der aktuellen Formensprache bei Männeruhren ist es kaum zu glauben, dass die Portugieser einst als „Taschenuhr fürs Handgelenk“ galt. Im Gegenteil – mit 41mm Durchmesser ist man heute eher im unteren Mittelfeld angelangt, größenmäßig. In diesem Format präsentiert sich heute gar eine Rolex Datejust, einst als Männeruhr mit 36mm Durchmesser ausreichend gelayoutet. Trotz der Größe schafft es die Portugieser, eine gewisse Zierlichkeit zu intonieren, kaum eingeschränkt durch die dennoch vorhandene Robustheit, die sich in jedem Detail spüren lässt. Man ist mit dieser Uhr stets gut angezogen, ertappt sich oft dabei, sie am eigenen Handgelenk zu bewundern, etwa beim Autofahren.

Und da ist er wieder, der Ärmel. Den Lo Breier einst als Stilmittel bei seiner Annonce einsetzte. Der eben nicht die ganze Uhr freigibt, sondern sie gekonnt versteckt. Nur zum Teil vorlugen lässt. Vielleicht gerade deshalb den Blick auf sie zieht. Es begeistert die schlanke Eleganz der Zeiger, diesfalls golden ausgeführt, aber auch im elganten Blau erhältlich. Drücker und Krone halten fest, wirken niemals filigran, vermitteln Stärke. Und Sicherheit, nicht zuletzt jene in puncto Stil, weil man mit dieser Uhr eben viel davon vermittelt.

Keine Uhr für jeden Tag

Es ist die IWC Portugieser Chronograph keine Uhr für jeden Tag. Ein Zeitmesser, den man nicht zur Gartenarbeit anlegt, zum Tennisspiel, zum Joggen, zum Trainieren, zum Sporteln. Dafür sind andere Baureihen besser geeignet. Man trachtet danach, die Portugieser in der Lade bei den guten Manschetten aufzubewahren, beim Geschmeide, beim Ring für besondere Anlässe, so man eine solche betreibt. Insofern eignet sie sich auch besonders gut für die eintönige Fadesse des zum Alltag gewordenen Lockdown. Wenn man nach einer Woche Homeoffice unglaubliche Laune bekommt, einmal die guten Stücke auszuführen. Und sei es nur heim Zoom-Call mit dem nicht minder frustrierten Team. Es ist dies dann die einzige Gelegenheit ever, bei der die IWC Portugieser Chronograph ausnahmsweise auch zur Jogginghose passt …