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Thomas Riess – Wonderland

Thomas Riess malt fotorealistisch, auch wenn man das vielleicht nicht auf den ersten Blick sieht. Er jedenfalls sieht mehr, als man allgemein wahrnimmt. Und bringt gesellschaftliche Strömungen mit Intellekt und Malwerkzeug spitz und exakt auf den Punkt.

Text: Franz J. Sauer / Foto Header: Andrew Phelps

Thomas Riess wurde 1970 in Tirol geboren, studierte Grafik und Visuelle Medien an der Universität Mozarteum Salzburg wo er 2001 diplomierte. Riess beschäftigt sich in seinem Werk mit dem Menschen und dessen Wahrnehmung von Zeit und Realität in einer multimedialen Wirklichkeit. Auf analytische Weise sammelt er bildnerische Informationen und setzt diese in einen veränderten Kontext. Mittels partieller ab­strakter Elemente erfahren seine nahezu fotorealistisch gemalten Figuren und Porträts spannungsreiche Brüche. Gerade im Social-­Media-Zeitalter, in dem die Inszenierung der eigenen Person keinen identitätsstiftenden Gehalt mehr hat, werfen die oft bis zur Unkenntlichkeit veränderten Gesichter unweigerlich die Frage nach Authentizität auf. Dabei kommt dem Künstler seine außergewöhnliche Beobachtungsgabe, sein hohes Maß an Empathie sowie seine Fähigkeit, nahezu fotorealistisch zeichnen zu können, zugute. Oder, wie es Günther Oberhollenzer ausdrückt: „Riess ist ein hervorragender Zeichner, die grafischen Arbeiten wirken wie lockere, frei festgehaltene ­Gedankenblasen des Künstlers. Besonders in der Verbindung von Zeichnung und Malerei, Foto­grafie und Übermalung, Zeichnung und collagierte Fotografie spielt er mit Blick- und Bild­konventionen, mit Sein und Schein, mit dem Abbild und ­seiner Wahrnehmung.“

Foto: Sissa Micheli

Durch abstrakte Interventionen hebt Thomas Riess auch seine Landschaften auf eine andere Ebene des Wahrnehmbaren. Er bewegt sich zwischen Wirklichkeit und Täuschung, Ereignis und Erinnerung, Absehbarem und Unabsehbarem und enttarnt so die realistische Malerei als Illusion. Der Künstler dazu: „Der Mensch ist täglich einer überbordenden suggestiven Bilder- und Medienflut ausgeliefert. Mit ­analytischer Herangehensweise schwimme auch ich in dieser Woge von Alltagsreizen, in der ich das sinnlich Wahrgenommene wie Strandgut sammle, um es dann als Anregung für meine künstlerische Interpretation zu benutzen. Dabei thematisiere ich den Verlust von Individualität, indem ich Akteure und Attribute des Täglichen einbaue, die ich, sobald sie der Realität zu nahe kommen, ihres Inhaltes oder ihrer Kenntlichkeit beraube, um den Betrachter nicht in bereits tiefgetretene Pfade zu führen. Mit den Mitteln des Malers arbeite ich dabei bewusst mit Sujets, die an die auf uns einwirkende globalisierte Medienflut anknüpfen, und setze Stars und Models – uns als nachahmenswert suggerierte Idole – in einen zu hinterfragenden Kontext.“

Credit: Thomas Riess

Die Werke der Sammlung „Wonderland“ fanden sich zuletzt in einer großzügigen Werkschau in der Salzburger Elektrohalle Rhomberg ausgestellt, zuvor stellte Thomas Riess bereits ­unter anderem bei der Art Expo in Rom, im Frohner Forum Krems, in der Seed on Diamond Gallery in Philadelphia (USA), bei der 55. Biennale in Venedig und im Kunsthaus Zürich aus.

Thomas Riess lebt und arbeitet in Wien.

Credit: Thomas Riess

Thomas Riess (*1970 in Tirol) beschäftigt sich mit dem Menschen als Wesen in einer zunehmend medial überfluteten Gesellschaft. Seine oft fotorealistisch gemalten Arbeiten erfahren durch die partielle Übermalung eine Abstraktion, eine Verfremdung. Durch die verborgenen Gesichter stellt sich unweigerlich die Frage nach der Identität der dargestellten Personen. Doch in Zeiten, in denen die mediale Inszenierung der eigenen Person auf Insta­gram, Facebook und Co. zum Mainstream geworden ist, haben solche Abbildungen keinerlei identitätsstiftenden Gehalt mehr. Riess enttarnt in seinen Arbeiten also auch die rea­listische Malerei als Illusion. Er bewegt sich in seinen Werken zwischen Sein und Schein, zwischen Wirklichkeit und Täuschung.

thomasriess.com

Credit: Thomas Riess