GENUSS

T wie Tonkabohne

Roland Graf

Plötzlich war sie da – von der Cremesuppe bis zum Latte Macchiato geht nichts ohne die „Bohne“, die keine ist.

Foto: Fred Benenson

Wie so oft sind die Namen irreführend. Denn die Tonkabohne ist keine Frucht, sondern der Samen des Tonkabaums, der an die 30 Meter hoch wird. Selbst der Beiname „mexikanische Vanille“ führt in die falsche Richtung. Der Stoff, der die Tonkabohne von der Vanille im Geruch unterscheidet, heiß nämlich Cumarin. Er wurde nicht von ungefähr nach dem Synonym „Coumarou“ für den Tonkabaum bezeichnet: Der Cumarin-Gehalt einer „Bohne“ liegt bei drei Prozent, zu viel davon allerdings kann toxisch wirken. Und Cumarin ist (anders als der Tonkabaum) auch in den Alpen verbreitet: Es gibt dem Heu seinen würzigen ­Geruch. Und eben den zeigt die süße Vanille nicht.

Diese Vielschichtigkeit hat die Tonkabohne zu einem Lieblingsgewürz der Sterne­küche gemacht. Venezuela und Nigeria sind die größten Exportländer. Unter den Indios fungierte die Bohne, die keine ist, im letzten Jahrhundert sogar noch als Zahlungsmittel. Aktuell reibt man sie lieber wie Muskatnuss über Speisen und Getränke. Denn sie „kann“ auch mit pikanten Partnern gut. Was vielleicht die einzige Parallele zur heimischen ­echten Bohne ist.