Motor

Des Hedonisten Muse

Gregor Josel

Mit der neuen V7 hat Moto Guzzi sein Einsteigermodell für das neue Modelljahr umfangreich nachgeschärft und macht das Gute aus Italien nochmals besser.

Text: Gregor Josel / Fotos: Eryk Kepski

Die simplen Dinge des Lebens, das sind oft die besten und erstrebenswertesten. Klar, man kann dem Fine Dining fröhnen, dabei 12 Gänge genießen und in jedem Gang 10 verschiedene Geschmacksrichtungen am Teller haben, dazu die jeweils passende Weinbegleitung schlürfen und im Anschluss eine limitierte Kubanische paffen, nebst dem neuesten Whiskey aus Japan. Kann man machen, macht auch Spaß und Sinn, aber ganz ehrlich? Ein tolles Stück Fleisch auf Feuer gegart, ein frisches Bier vom Fass und danach eine selbstgewuzelte Zigarette törnt doch mindestens genauso an, oder? Ganz genau so verhält es sich letztlich auch in Sachen mobiler Freizeitgestaltung. Klar, 200 PS, adaptives Fahrwerk, Infotainmentsystem und Co. sind feine Sachen, doch reines Motorradvergnügen kann man auch ohne all diesen Schnickschnack haben. Besagtes Steak mit Bierbegleitung mimt in diesem Fall die neue Moto Guzzi V7 in der Version Stone Centenario 850, die die Italiener für das Modelljahr 2021 umfangreich aufgefrischt haben und die ihrer grundsoliden Genetik abermals treu bleibt, doch noch mehr Fahrfreude vermittelt als bislang.

Auch der Name ist nunmehr nur mehr V7 und verzichtet auf die Generations-Kürzel à la II und III wie zuletzt. Die neue V7 heißt einfach nur V7, that’s it. Einzig die unterschiedlichen Versionen werden hier noch extra ­benamst, so wie die hier gefahrene V7 Stone. Das Spannendste gleich zu Beginn, denn die größte Neuerung erfuhr die neue V7 in Sachen Antrieb. Sie setzt ab sofort auf den bereits aus der V85 TT bekannten Motor, der schon in dieser durch tolle Leistungs- und Performance Merkmale überzeugen konnte und die V7 nunmehr mit 25% mehr Leistung, also rund 13PS Plus zu bisher ausstattet. Das ist für ein kompaktes Bike, wie die V7 eine ziemliche Ansage und man merkt die wohltuende Leistungssteigerung auf den allerersten Metern. Überrascht wird man dann eben auch im oberen Drehzahlbereich, wo der bisherige Guzzi schon bald der Durchzug ausging. Hier bleibt die neue V7 noch deutlich länger am Zug und macht somit vor allem auf der Bergpartie mehr Spaß als bisher. Ein Verdienst des neuen, maximalen Drehmomentes, das ebenfalls von 60 Nm bei 4250 U / min auf 73 Nm bei 5000 U / min gesteigert wurde, wobei mehr als 80% des Drehmoments bereits bei 3000 U / min verfügbar sind.

„Never change a winning team“ lautet auch der Slogan in Sachen Getriebe, denn auch hier hat man der V7 das Sechsganggetriebe und den robusteren und somit auch etwas größeren Kardan-Endantrieb aus der V85 TT eingepflanzt. Demzufolge stammt auch die längere Schwinge von dort, was sich auch positiv auf das Handling und vor allem die Stabilität der neuen V7 auswirkt.

Auch die Fahrwerkskomponenten wurden robuster und der von 120 auf 150 verbreiterte Hinterreifen passt nicht nur optisch wunderbar in das Erscheinungsbild der neuen Guzzi, er bringt auch mehr Grip und in Kombination mit der neuen Rahmenkonstruktion mehr Schräglagenfreiheit.

Der Annäherung an die moderne V85 TT entsprechend wird auch die Ausstattung der neuen V7 etwa mit der serienmäßigen Traktionskontrolle MGTC besser. Doch bleibt sie gleichzeitig auch sehr authentisch. Auf den ersten Blick stechen einem der neue LED-Scheinwerfer mit dem Tagfahrlicht in Form des typischen Moto Guzzi-Adlers und das LCD-Rundinstrument ins Auge, ebenfalls mit einem angedeuteten Adler in der Mitte. Und bei der von uns gefahrenen Version Stone Centario 850 handelt es sich um ein ganz besonderes Exemplar, das zum 100. Geburtstag der Marke nur im Jahr 2021 hergestellt wird und somit schon jetzt zum begehrten Sammlerobjekt avanciert. Vom speziellen Jubiläumslogo auf dem vorderen Kotflügel bis zum Vintage-Sattel in klassischem Braun, vom goldenen Adler am matt-grauen Tank über die grüne Farbe, die an die historische „Acht Zylinder“ erinnert: Nichts ist dem Zufall überlassen. Apropos Grün und Jubiläum: auch die allererste Serien-Guzzi, die Moto Guzzi Normale aus dem Jahr 1921, wurde in Grün lanciert.

Dank aller Neuerungen, Updates und nicht zuletzt der frischen optischen Details hat es Moto Guzzi geschafft, ein ohnehin schon feines Eisen nochmals deutlich besser zu machen. Wem die V7 bislang einen Deut zu wenig erwachsen war, dem sei eine Probefahrt mit der neuen V7 ans Herz gelegt. Denn die Italiener haben es sehr gut geschafft, Stärken auszubauen und Schwächen zu minimieren. Alles in allem bleibt ein höchst positiver Eindruck von der neuen Moto Guzzi V7 Stone Centenario. Sie ist ein kompromisslos gutes Motorrad, das Motorradfahren auf das Wesentliche reduziert und dank gesteigerter Leistung und besserer Performance in jeder Lebenslage viel Spaß macht. Ebenso stimmig ist auch der Preis der neuen V7, der in der Standardversion bei 9.699 Euro beginnt. Die Sonderedition Stone Centenario ist nur um 200 Euro teurer.

Moto Guzzi V7 Stone Centenario
Leistung: 83 kW/65 PS bei 6800 U/min
Hubraum: 853 ccm
Motor: V-Zweizylinder, 4V
Getriebe: 6-Gang, Kardan
Sitzhöhe: 780 mm
Gewicht (vollgetankt): 223 kg
Verbrauch (WMTC): 4,9l/100 km
Preis: ab 9.899 Euro