Bingewatch Spezial
Swedish Dicks – Die skandinavischen Schnüffler
„Swedish Dicks“ heißt mitnichten das, was Du jetzt denkst. Denn der Begriff „Dick“ bedeutet im amerikanischen Slang unter anderem auch „Privatdetektiv“, wenn auch auf sehr abschätzige Weise.
Text: Markus Höller / Fotos: Netflix
Und genau so einer ist Ingmar Andersson, gespielt vom unvergleichlichen Peter Stormare, der auch der Urheber der Serie ist. Ein schwedisch-stämmiger, schwer im letzten Jahrtausend hängengebliebener ehemaliger Stuntman, der mehr schlecht als recht seine Detektei „Swedish Dick“ am Laufen hält. Dabei hat er nicht nur mit dem schmierigen Milieu, sondern auch mit seiner vorlauten koreanischen Putzfrau Sun (sensationell: Vivian Bang) und seiner hochintelligenten und bildhübschen, aber ziemlich entfremdeten Tochter und Anwältin Sarah zu kämpfen. Noch dazu verhöhnt ihn Jane McKinney (ehemalige Porno-Ikone Traci Lords), die Inhaberin seines größten Mitbewerbers, regelmäßig. Läuft also ohnehin nicht gut für den zweitklassigen, biertrinkenden Detektiv-Lackl, da stolpert der ebenfalls am Abstellgleis gelandete, ehemalige Top-DJ Axel aus Schweden in sein Leben.
Axel wird Detektiv-Partner, fortan nennen sie sich die „Swedish Dicks“ und werden Folge für Folge mit immer haarsträubenderen Fällen konfrontieren, die sie großteils nur durch Glück oder die Intervention von Sun oder Sarah lösen können. So richtig Schwung kommt dann in der Serie, als in diversen Rückblenden, aber auch Visionen Tex Johnson (wie immer vergötternswert: Keanu Reeves) als tödlich verunglückter ehemaliger Stuntman-Kollege von Ingmar ins Spiel kommt. Und in weiterer Folge über die insgesamt 20 Folgen in zwei Staffeln für so manchen Plot Twist sorgt…
„Swedish Dicks“ lebt von der Chemie der beiden perfekt gecasteten (weil tatsächlich schwedisch-stämmigen) Hauptdarsteller und den schrägen Nebencharakteren, wie man sie eben nur in Los Angeles findet. Der hünenhafte, aber gutmütige Stormare einerseits, der sich selbst die Rolle auf den Leib geschrieben hat. Und der linkische Johan Glans, der eigentlich daheim in Schweden Stand-Up Comedy macht, ergänzen sich perfekt als eine Art skandinavische Laurel & Hardy – richtig unfähig, aber liebenswert. Dass immer wieder Medien-Ikone Traci Lords die missgünstige, aber vor roher sexueller Energie strotzende Spötterin spielt, war übrigens direkter Wunsch von Stormare. Keanu Reeves ist wie immer mit großer Spielfreude dabei und scheint seine bis zur überquellenden Ironie mit Selbstreferenzen vollgestopfte Rolle sichtlich zu genießen. Ein Heidenspaß, bei dem sich die offensichtliche Gaudi der Schauspieler 1:1 auf den Zuseher überträgt. Darüber hinaus gibt es in praktisch jeder Folge Ingmars wunderschönen 1983er Lincoln Continental Mark VI in Weinrot zu bewundern, ein Star für sich.
Übrigens: Eine Serie zu drehen, die „Swedish Dicks“ heißt, mit einer legendären Ex-Pornodarstellerin in einer regelmäßigen Gastrolle und einem Hauptdarsteller, der mit Nachnamen „Glans“ heißt – und trotzdem keine einzige Sexszene enthält, ist schon ein genialer Schachzug. Hut ab!
Swedish Dicks
by Peter Stormare, Glenn Lund, Peter Settman und Andrew Lowery.
Mit Peter Stormare, Johan Glans, Keanu Reeves u.v.m.
2 Staffeln, Netflix.